Читать книгу Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 204
3. Das Recht zum Besitz gegenüber dem Eigentümer
Оглавление136
Das Recht zum Besitz kann ein dingliches (Pfandrecht) oder schuldrechtliches (Mietrecht), ein familienrechtliches (eheliche Lebensgemeinschaft) oder öffentlichrechtliches (Pfändung) sein. Stets muss es gegenüber dem Eigentümer bestehen. Ein Besitzrecht nur gegenüber einem Dritten nützt dem Besitzer nichts[40].
Direkt dem Eigentümer gegenüber wirken sowohl die vom Eigentum abgespaltenen beschränkten dinglichen Rechte als auch die mit dem Eigentümer vereinbarten schuldrechtlichen Besitzrechte.
Bezieht der Besitzer sein Besitzrecht von einem Dritten, ist er nur dann auch gegenüber dem Eigentümer zum Besitz berechtigt, wenn der Eigentümer dem Dritten erlaubt hat, die Sache weiterzugeben; dies aber versteht sich nicht von selbst, der Besitzer muss es im Streitfall nachweisen.
Beispiele
- | Ist der Vorbehaltskäufer kraft verlängerten Eigentumsvorbehalts berechtigt, die Ware, obwohl sie ihm noch nicht gehört, im regulären Geschäftsgang weiterzuveräußern, um mit dem Erlös seine Kaufpreisschuld zu bezahlen, erwirbt der Abnehmer ein Recht zum Besitz auch gegenüber dem Eigentümer, obwohl er dem Vorbehaltskäufer keinen mittelbaren Besitz vermittelt. |
- | Genauso ist es, wenn der Käufer das gekaufte, aufgelassene und übergebene Grundstück vor seiner Eintragung als Eigentümer weiterverkauft und seinem Käufer übergibt. Obwohl der Zweitkäufer weder eine direkte Rechtsbeziehung zum Eigentümer hat noch dem Erstkäufer mittelbaren Besitz verschafft, darf der Eigentümer das Grundstück vom Zweitkäufer nicht herausverlangen, wenn der Erstkäufer berechtigt war, das Grundstück an seinen Abnehmer weiterzugeben. Schon die Auflassung ermächtigt zur Weitergabe, solange diese den Vertragszweck nicht vereitelt (BGH NJW 97, 936). |
Hat der Eigentümer die Weitergabe der Sache nicht erlaubt, kann er vom unmittelbaren Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, nach § 986 I 2 in der Regel aber nicht an sich selbst, sondern nur an den berechtigten Vorbesitzer, damit die rechtmäßige Besitzlage wiederhergestellt werde.
Beispiel
Der Eigentümer E vermietet seine Eigentumswohnung an den Mieter M, dieser weiter an den Untermieter U. Ist M kraft Mietvertrags zur Untervermietung berechtigt, erwirbt auch der Untermieter U ein Recht zum Besitz gegen E (BGH NJW 2015, 229), das aber nach § 546 II mit dem Hauptmietverhältnis, von dem es abgeleitet ist, steht und fällt.
War M nicht zur Untervermietung berechtigt, ist U zwar gegenüber M, aber nicht gegenüber E zum Besitz berechtigt und muss die Wohnung auf Verlangen des E nach § 985 herausgeben, nach § 986 I 2 aber nur an M, der nach wie vor gegenüber E zum Besitz berechtigt ist. Herausgabe an sich selbst darf E nur verlangen, wenn M den Besitz nicht mehr übernehmen kann oder will.
137
§ 986 I 2 stellt zwar auf den mittelbaren Besitz ab, wie er durch ein Miet- oder Pachtverhältnis vermittelt wird, gilt aber auch dann, wenn der berechtigte Besitzer die Sache unbefugt einem Dritten überlässt, ohne ein Besitzmittlungsverhältnis nach § 868 zu begründen[41].