Читать книгу Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 58
1. Gesetzlicher Normalfall und Sonderfälle
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Das BGB beleuchtet den Besitz von allen Seiten und unterscheidet nicht weniger als sechs Besitzpaare:
- | nach dem Grad der Sachnähe den unmittelbaren und den mittelbaren Besitz (§§ 854, 868); |
- | nach dem Umfang der Sachherrschaft den Voll- und den Teilbesitz (§ 865); |
- | nach der Zahl der Besitzer auf gleicher Stufe den Allein- und den Mitbesitz (§ 866); |
- | nach der Willensrichtung des Besitzers den Eigen- und den Fremdbesitz (§ 872); |
- | nach der Rechtsbeziehung zwischen Eigentümer und Besitzer den berechtigten und den unberechtigten Besitz (§§ 986 ff.); |
- | nach der Art des Erwerbs den fehlerfreien und den fehlerhaften Besitz (§ 858 II). |
Im System des BGB ist der unmittelbare, alleinige, berechtigte und fehlerfreie Besitz an einer ganzen Sache der gesetzliche Normalfall, während die übrigen Besitzarten als Sonderfälle auftreten: so der mittelbare Besitz, der durch seine Sachferne schon stark vergeistigt ist; der Teilbesitz, der sich auf den Teil einer Sache beschränkt; der Mitbesitz, den man mit anderen teilt; schließlich der unberechtigte und der fehlerhafte Besitz, die beide der Rechtsordnung widersprechen, der eine, weil ihm ein Recht zum Besitz fehlt, der andere, weil er durch verbotene Eigenmacht erlangt ist.
Die §§ 854-864 regeln den unmittelbaren Besitz in aller Ausführlichkeit, bevor die §§ 865-872 die Abweichungen nur knapp ansprechen. Auch hier erleichtert das juristische Denken in den Kategorien von Normalfall und Sonderfall, von Regel und Ausnahme das rechtliche Verständnis.