Читать книгу Der Römer - Лассе Хольм - Страница 35
XXIII
ОглавлениеEine Bewegung unter den Senatoren auf der Treppe ließ meine Aufmerksamkeit auf sie richten; ein dunkelhaariger Mann mit einem schmalen Gesicht bahnte sich seinen Weg herab zu uns.
»Hast du das gehört, Konsul?«, rief Caepio demonstrativ laut und schaute um sich herum. »Hast du Crassus Orators unverhohlene Anklage gehört? Das ist der größte Skandal in der Geschichte Roms!«
Der Konsul zog Caepio um eine Ecke des Senatsgebäudes herum in Richtung eines kleineren Nebengebäudes. Mamercus und ich folgten ihnen unbemerkt ins Innere, durch einen Gang, dessen eine Wand von einem Regal mit Tausenden von Schriftrollen verdeckt war. Vier Räume mit hochsitzenden Fenstern prägten die Aufteilung des Gebäudes. Caepio und Philippus steuerten auf den hintersten Raum zu, das Zimmer der Konsuln.
»Hättest du gedacht«, hörten wir Caepio schreien, »dass dieser arrogante Schuft den Mörder öffentlich verdammen würde?«
In einem kühlen Tonfall merkte der Konsul an, dass es keinen Grund gebe, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und dass Caepio klüger gehandelt hätte, wenn er seine Meinung für sich behalten hätte. Sein Respekt für ihre politischen Verbündeten sei zu leicht zu durchschauen. Jetzt müsse man vernünftig handeln.
»Wir sollten ins Exil gehen«, fuhr Caepio fort. »Diese Rede war ein Todesurteil für Drusus’ politische Gegner.«
»Die Erinnerung des Volkes währt nicht lange«, entgegnete der Konsul. »In einem Monat ist alles vergessen.«
Hinter uns räusperte sich jemand. Das Geräusch hallte durch den hohen Gang.
»Salve, Varius.« Mamercus versuchte nicht, seine Abscheu vor dem sehnigen, kleinen Mann zu verbergen, der uns von der Türöffnung des Gebäudes aus beobachtete. »Wie gefiel dir die Trauerrede? Gab es für deinen jämmerlichen Geschmack genug Blut und Verwünschungen?«
Ich begriff, weshalb Mamercus den Handlanger des Konsuls ein Wiesel genannt hatte. Sein spitzes Gesicht, die schmalen Augen und die großen Schneidezähne trugen zu dieser unheimlichen Ähnlichkeit des Mannes mit dem kleinen Raubtier bei. Unter seiner Tunika zeichneten sich die Umrisse eines Messerschafts ab.
»Sie ist kraftvoll wie alle prächtigen Reden.«
Varius’ Stimme war trocken wie Sand, und sein Akzent war mächtig wie ein iberischer Schinken.
»Es heißt, sie war«, berichtigte ihn Mamercus. »Die Rede war kraftvoll, Varius.«
Man musste Varius seine unsichere Verwendung der Grammatik verzeihen. Als gebürtiger Spanier war er schließlich mit einer Sprache aufgewachsen, die nicht zwischen Gegenwart und Vergangenheit unterschied.
»Mamercus.« Konsul Philippus stand in der Türöffnung des Konsulariums. »Wer ist der Mann, den du da mitgebracht hast?«
Caepio zwängte sich an dem Konsul vorbei, um rasch Eindruck zu schinden.
»Das ist der Arzt, der Drusus’ Tod feststellte. Er weiß etwas, was wir gegen Crassus Orator verwenden können. Drusus sprach nämlich keine letzten Worte. Er starb, ohne sein Bewusstsein wiedererlangt zu haben.«
»Dann lügt Crassus Orator vom Rostrum herab?«, fragte Varius. Die schmalen Augen des Spaniers hefteten sich auf mich. »Das wundert mich nicht. Die Frage ist nur, ob man das verwenden kann.«
»Es würde mich außerordentlich freuen«, warf ich ein, »wenn meine Zeugenaussage solch vornehmen Herren von Nutzen wäre. Ich wiederhole sie gern vor jedem, der sich herablässt, einer unbedeutenden Person wie mir zuzuhören.«
Alle warteten auf eine Reaktion des Konsuls. Die blieb allerdings aus. »Es muss für die Herren eine große Erleichterung sein, dass Drusus tot ist«, fuhr ich fort, »dieser furchtbare Unruhestifter.«
»Crassus Orator wird im Januar Volkstribun«, erwähnte Caepio.
»Ja, dann haben wir wieder Scherereien«, unterbrach ihn Varius. »Der Orator wird Drusus’ Vorhaben für die Italer weiterführen. Gewiss mit noch größerer Überzeugung.«
Die Machtverhältnisse zwischen dem kleinen Fremdling und dem römischen Adligen hätten zu Caepios klarem Vorteil ausfallen müssen. Aber die Art und Weise, wie er vor dem Blick des Spaniers zurückwich, zeugten vom Gegenteil.
»Ich verstehe den Widerwillen der Herren, dass die Italer römische Bürger werden«, schmeichelte ich mich ein. »Es wäre schlimm, wenn irgendwelche Barbaren vornehmen Patriziern ebenbürtig wären.«
»Schlimm?« Endlich reagierte der Konsul. Dies war eine Angelegenheit, die er als zu bedeutsam erachtete. »Schlimm ist nicht das passende Wort. Rom hält jedes Jahr Wahlen für alle Ämter der Republik ab. Stell dir den Wirbel vor, wenn sich eine Völkerwanderung von Italern jeden Sommer in die Stadt begibt, um abzustimmen. Und wenn es ihnen einfällt, ihre eigenen Kandidaten aufzustellen?«
Ich lächelte unsicher. Caepio war ebenfalls verwirrt.
»Die Römer könnten vollkommen überstimmt werden«, flüsterte Varius ihm zu.
»Du hast das Problem auf den Punkt gebracht. Demokratie ist eine gefährliche Macht. Sie sollte denen vorbehalten sein, die in der Lage sind, sie mit Respekt zu verwalten.«
Plötzlich spürte ich eine schwere Hand auf meiner Schulter. Ich blickte in die wasserblauen Augen von General Marius. Die graue Trauerschminke betonte jede einzelne Falte seines zerfurchten Narbengesichts.
»Dachte ich es mir doch, dass du es warst, den ich hier hereingehen sah, Demetrios. Was ist hier los?«
Caepio schaute von mir zu Marius.
»Ihr beiden kennt euch?«
»Demetrios war mit mir in der Po-Ebene«, erwiderte der General. »Er war mir besser zu Diensten als sonst irgendein Arzt. Bona Dea, dieser Mann ist mein Leibarzt.«
Varius streichelte den Messerschaft unter seiner Tunika.
»Mamercus, weshalb kommst du hier mit einem Griechen angeschlichen, der der Leibarzt einer unserer Feinde ist?«