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XXIV

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Marius und ich standen zusammen auf dem überfüllten Forum und sahen, wie Crassus Orator eine Fackel auf Drusus’ Scheiterhaufen warf. Unser Rückzug aus dem Nebengebäude des Senats war unbeholfen gewesen, verlief aber ohne Zwischenfälle. Der Konsul, Caepio und Varius hatten uns schweigend nachgeschaut, während wir in der Menge verschwanden.

»Was hast du mit diesem Mann zu schaffen?«, flüsterte der General mir zu und zeigte auf Mamercus, der sein Gesicht dem Scheiterhaufen zugedreht hatte. Die Flammen loderten zu dem bleigrauen Himmel empor, der so tief hing, dass er die Hausdächer auf den umliegenden Hügeln zu berühren schien.

»Du selbst hast uns einander vorgestellt, General.«

»Aber nicht, damit du dich mit ihm herumdrücken sollst. Und was ist damit?« Er wedelte mit der Lederhülle, die Scaurus’ Angebot an die Marser enthielt. »Sie lag in deinem Zimmer herum. Frei zugänglich. Jeder hätte sie mitnehmen können.«

Ich packte den stabilen Lederköcher. Doch er hielt ihn am anderen Ende fest.

»Demetrios. Ich muss wissen, ob ich mich auf dich verlassen kann.«

Die trüben Augen, die mich hilflos anstarrten, schienen nicht mehr länger die eines machtvollen Heerführers zu sein. Sie gehörten einem alten Mann, dessen Freunde im besten Fall ihre eigenen Interessen verfolgten und unter dessen verbliebenen Verbündeten nun Zweifel aufgetaucht waren.

Den gleichen Ausdruck hatte ich in den Augen gesehen, die aus einem Loch in dem runden Zelt mitten in Marius’ Lager in der Po-Ebene zu mir hinaufstarrten. Um das Zelt herum befand sich ein 50 Fuß breites Niemandsland.

Dieser Bereich war immer schwer bewacht, und stets brannte eine Fackel neben dem Eingang des Zeltes.

Der General hatte mich dort hineingetragen. Als ich mich über die Metallgitter auf dem Boden mit der darunterliegenden engen Zelle beugte, entdeckte ich, wie wertvoll deren Inhalt war.

»Teutonengeisel«, sagte Marius. »Der Anführer der Teutonen.«

Der Mann in dem Loch war nackt, behaart und dreckig.

»Teutonen?«

»Der Vortrupp der Kimbern. Ich habe ihn verhört. Ich weiß jetzt mehr über die Barbaren. Sie haben auf ihrer Völkerwanderung Horden von anderen Stämmen aufgenommen. Deshalb sind sie so viele. Teutonen, Ambronen, Helvetier, Volsker. Das Einzige, was sie vereint, ist der Wunsch, Rom zu plündern.«

Der Mann in der Zelle stöhnte vor Schmerzen. Er hatte keinen Platz, um aufstehen oder sich hinlegen zu können, er konnte sich nur zusammenkauern.

»Seit wann ist er dort drin?«

»Er wurde verwundet und während der Schlacht gefangen genommen. Ich schleifte ihn von Gallien bis hierher mit. Er kann uns noch von Nutzen sein.«

Aus dem leeren Blick des Teutonen kam mir nur noch Hoffnungslosigkeit entgegen.

Ich hätte Freude empfinden sollen. Oder zumindest Schadenfreude. Vielleicht sogar eine gewisse Art von Triumph. Aber alles, was ich fühlte, war Mitleid.

Dasselbe Gefühl löste jetzt Marius’ Blick im Schein von Drusus’ Scheiterhaufen in mir aus.

»Selbstverständlich kannst du mir vertrauen«, sagte ich.

»In einem Stall vor dem Capena-Tor steht ein Pferd für dich bereit. Bei Morgengrauen.«

Er ließ die Hülle los, drehte sich um und verschwand.

Mamercus näherte sich: »Glaubt er immer noch, dass ich Drusus ermordet habe?«

»Der General ist von Natur aus misstrauisch.«

»Warte, bis du hörst, was Claudianus zu erzählen hat. Komm m-mit zurück zur Sänfte.«

Wir stiegen ein und zogen den Vorhang zu. Ich ließ Marius’ Lederhülle unter den Sitz gleiten.

»Du m-musst bei ihm vorsichtig sein. Claudianus’ Eltern starben, als er ganz klein war. Ich habe m-mich um ihn gekümmert, seitdem m-mein Bruder Volkstribun geworden war.«

»Das hättest du doch nicht tun müssen?«

»Das war der Einfall m-meiner Frau. Da kommt er.«

Drusus’ Sklaven trugen uns an den Kindern vorbei. Als Claudianus die Sänfte entdeckte, lief er zu ihr hin, kletterte zu uns hinein und setzte sich. Er hatte dunkles, gelocktes Haar und eine gesunde, olivfarbene Haut.

»Das hier ist Demetrios, von dem ich dir erzählt habe«, sagte Mamercus. »Er wird dir gewiss ein paar Fragen stellen. Antworte ihm so gut, wie du nur kannst.«

Mamercus klopfte gegen die Wand, woraufhin die Sänfte sich in Bewegung setzte. Der Junge musterte mich. In seinem jungen Leben hatte er bereits einige Enttäuschungen erlebt. Er hatte nicht im Sinn, jedem zu trauen.

»Ich weiß, dass du neulich bei deinem Vater zum Abendessen warst«, erwähnte ich.

»Mein Vater starb vor vielen Jahren.«

»Drusus adoptierte dich«, führte ich an. »Er war dein neuer Vater.« Seine dunklen Augen saugten sich an mir fest.

»Das war nur, um einen Erben zu bekommen«, erwiderte der Junge, »damit die Kinder seiner Schwester nicht alles erben würden. Er konnte die freche Brut nicht ausstehen. Sie hänselten mich immer …« Der Junge unterbrach sich selbst und schaute auf den Boden hinunter. »Warum?«

»Weil ich ein Claudius bin.«

Die Claudianer waren vor mehr als 500 Jahren aus Sabii nach Rom gekommen. Die Servilianer sind indes schon immer Römer gewesen. Unter den Claudianern hatte es Landesverräter gegeben, während die Servilianer immer auf dem Weg der Tugend gewandelt waren – bis zu Servilias Großvater.

»Also deshalb lebst du nun bei deinem Onkel Mamercus?«

»Er ist nicht mein richtiger Onkel. Er ist mit meiner Schwester verheiratet. Sie sind die Einzigen, die gut zu mir sind. Ich wünschte, sie hätten mich adoptiert.«

Der Junge drückte sich an Mamercus, als ob er versuchen würde, zwischen den Falten der Toga zu verschwinden.

Das war ein anderer Junge als derjenige, den ich kürzlich getroffen hatte.

Mamercus bat ihn, zu erzählen, was nach dem Essen bei Drusus am Abend vor dem Mord geschehen war. Seine Stimme hatte einen warmen Ton, den ich noch nie zuvor an ihm bemerkt hatte.

»Nachdem Onkel Mamercus gegangen war, wurde ich ins Bett geschickt. Aber ihre Stimmen ließen mich wachbleiben. Die des Senatsvorsitzenden, Crassus Orators und die von General Marius. Und selbstverständlich die von Onkel Drusus. Sie gingen in sein Tablinum. Dort gibt es einen Lüftungsschacht, der von unten her durch mein Schlafzimmer verläuft.«

»Worüber redeten sie?«

»Das hörte ich nicht. Ich hoffte nur, dass sie bald ruhig sein würden, damit ich einschlafen konnte. Irgendwann unterbrach sie unser Pförtner Petronius, weil noch ein Gast gekommen war. Ich hörte Drusus sagen: ›Lass den Betreffenden im Atrium warten‹. Kurz danach musste ich pinkeln, deshalb ging ich hinunter. Da sah ich, dass der Gast nicht im Atrium wartete, sondern an der Tür des Arbeitszimmers stand und lauschte. Sie redeten da drinnen immer noch laut miteinander. Sie muss sie gehört haben.«

»Sie?«

»Ja, es war eine Frau. Ich ging, wie gesagt, hinunter, um zu pinkeln, und während ich dort stand, gingen die anderen Gäste allmählich. Als ich zurückkam, waren die Frau und Drusus ins Tablinum gegangen.« »Was haben sie miteinander gesprochen?«

»Sie redeten nicht. Sie vögelten.«

Der Römer

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