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XXVI

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Die Kimbern schickten Gesandte: Drei bärtige Barbaren, die ihr langes Haar zu einem Knoten hochgebunden hatten. Sie waren alle mindestens einen Kopf größer als der längste römische Offizier. Ihre Pferde waren Ungetüme mit breiten Hinterbacken.

Als die Gesandten dann höflich lächelnd im Zelt des Feldherrn standen, sagten sie auf Latein mit gallischem Akzent, dass sie auf dem Ackerland, das sie in der Po-Ebene entdeckt hätten, nur friedlich leben wollten.

Die römischen Offiziere fingen an, untereinander zu tuscheln. Sie hatten mit vielem seitens der Barbaren gerechnet, doch nicht mit einem Friedensangebot. Juniorkonsul Catullus, der aus den Bergen mit Erfrierungen an den Zehen und Fingern zurückgekehrt war, räusperte sich.

»Das klingt vernünftig«, begann er.

»Auf keinen Fall!«

Marius stand breitbeinig und mit verschränkten Armen da.

»Vielleicht eine andere Stelle als die Po-Ebene«, schlug der Anführer der Barbaren vor. »Wir möchten nur genug Land für uns und unsere Brüder haben.«

»Welche Brüder?«

»Die Teutonen, natürlich.« Eine Reihe kräftiger Zähne kam bei dem Mann zum Vorschein. »Sie können jederzeit aus dem Westen kommen. Sie sind ebenso zahlreich wie wir. Und genauso große Krieger. Und sie sind an gute Plätze gewöhnt.«

»Um die Teutonen braucht ihr euch nicht zu kümmern«, entgegnete Marius. »Sie haben bereits gute Erde gefunden.«

Die Gesandten schauten sich um. Sie verstanden zwar die Bedeutung der Worte nicht, ihre Absicht war allerdings unmissverständlich.

»Diese Beleidigung werdet ihr bereuen«, sagte der Anführer, »wenn die Teutonen kommen.«

»Sie sind bereits hier.« Marius schnipste.

Zwei Soldaten führten den Gefangenen aus dem runden Zelt herein. Die gebückte Gestalt konnte sich kaum aufrechthalten. Hinter sich schleifte er die Ketten her. Ein Schauder ergriff die Barbaren. Sie wechselten mit dem Gefangenen ein paar Worte, blickten scheel in den Kreis der Römer herum und verabschiedeten sich mit einem Nicken.

Nachdem sie gegangen waren, erfüllte ein Gefühl von Unabänderlichkeit das Zelt, wie der Rauch eines eben erloschenen Feuers. Marius wandte sich an seinen Stab. Er wusste, dass er sich erklären musste, wenn er eine Meuterei vermeiden wollte.

»Habt ihr wirklich geglaubt, das wäre eine Möglichkeit?«, rief er. »Den Barbaren die Po-Ebene zu überlassen? Dass alle zufrieden miteinander leben würden? Wie lange würde es dauern, bevor ihnen nach mehr dürstet? Bevor sie anfangen, ihren Blick nach Süden zu richten? Nach Rom? Italien wurde von einem Geschwür befallen. Bislang hat es nur die Ränder unseres Landes erreicht. Wenn wir es nicht entfernen, wird es das ganze Land infizieren. Es ist unsere Aufgabe, diese Operation auszuführen. Hier und jetzt. Habt ihr das kapiert?«

Marius stand mit dem Rücken zu dem Gefangenen. In den Augen des Teutonen schwelte der Hass, der den der Offiziere widerspiegelte. In diesem Moment schien es, als hätten sie eine stillschweigende Übereinkunft getroffen. Der Teutone machte einen Schritt nach vorne. Sein Körper richtete sich auf, seine Fäuste nahmen entschlossen die Ketten und hoben sie lautlos über den Kopf des Generals.

Einer der verwundbarsten Punkte des menschlichen Körpers liegt unterhalb des Brustbeins, jene Stelle zwischen Brustkorb und Magengrube. Ein Schwert kann, wenn es schräg von unten geführt wird, ohne großen Widerstand durch die Weichteile des Gedärms direkt ins Herz eindringen. Diese Bewegung ist die erste Lektion bei der Ausbildung der Rekruten, da sie die Grundlage für jeden Nahkampf ausmacht. Das zweischneidige Gladius eines römischen Legionärs hat genau die richtige Länge für einen solchen Stoß.

Ich hatte kein Schwert. Aber ein Schürhaken lag da und glühte am Rande des Kohlenbeckens.

Der Teutone hielt inne. Er starrte an seinem verschmutzten Körper herunter auf den Griff, der in seinem Bauch steckte. Seine Augen zuckten zu mir herüber, bevor ich meine Hände zurückzog. Seine gichtgeplagten Beine gaben nach, der schwere Körper fiel rücklings um. Marius drehte sich um und betrachtete ihn mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck, in dem sich erst allmählich Verstehen ausbreitete.

»Bona Dea«, murmelte er, »ich hätte nicht geglaubt, dass so etwas in dir steckt, Junge.«

Drei Tage später stand ich in der Po-Ebene und blickte zu dem gigantischen Barbarenheer hinüber, das dem weitaus kleineren römischen Heer gegenüber Aufstellung genommen hatte. Vom Fuße der Alpen, die durch den Staub fast verdeckt waren, breitete sich ein Menschenmeer auf der Ebene aus.

Die hellhäutigen Barbaren warteten ungeduldig darauf, dass der Kampf losging. Um die Spielzeugsoldaten, wie sie uns nannten, zu massakrieren und zu verstümmeln. Ihre Frontlinie verlief ungleichmäßig und schien sich dem Horizont entlang zu erstrecken. Ihre Gesichter waren mit kräftigen Farben bemalt. Einige von ihnen waren nackt. Ab und zu brach einer von ihnen aus der Linie hervor, lief nach vorne und spreizte die Hinterbacken oder pisste in unsere Richtung. Ihre Schilde bildeten in der Morgensonne eine endlose Ansammlung weißer Scheiben. Ihre Schwerter waren fast so groß wie sie selbst.

Dieser Anblick erfüllte mich mit Angst. Eine schwere Hand legte sich auf meine Schulter. Ich sah in das faltige, vernarbte Gesicht des Generals.

»Was machst du hier? Wer soll sich um all die Verwundeten kümmern, wenn du zu Schaden kommst?«

Widerstrebend ließ ich mich von Marius nach hinten schieben.

»Hör zu, Junge«, flüsterte er. »Ich verstehe dich. Du willst dich an den Mördern deines Vaters rächen. Du willst sie bluten sehen. Doch lass es mit dem getöteten Teutonen genug sein.«

Es lag außerhalb seiner Vorstellungskraft, dass der besiegte Barbarenhäuptling eine Bedrohung hätte darstellen können. Durch Marius’ Blick schien ich zu wachsen, seine Sorgen ließen mich vor Stolz erröten. Er verstand meine Rachegelüste. Was er indes nicht begriff, war meine Scham darüber, einem anderen Menschen sein Leben genommen zu haben, und dass ich den Eid gebrochen hatte, den ich vor vielen Jahren einem Mann gegeben hatte, der in jederlei Hinsicht das Gegenteil von ihm gewesen war.

Gefangen in der Leere zwischen diesen beiden entgegengesetzten Gefühlen, verharrte ich einen Augenblick lang, bevor ich zu laufen anfing.

Der Römer

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