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(bb) Reformierung der Rechtsfolgen schwerer Loyalitätsobliegenheitsverstöße

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Vor jeder Kündigung aufgrund von Verstößen gegen die Loyalitätsanforderungen der katholischen Kirche ist nach der Reform vom 27. April 2015 im Grundsatz eine Interessenabwägung vorzunehmen (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GrOkathK n.F.). Dem Selbstverständnis der Kirche ist bei der Abwägung der Einzelfallumstände „ein besonderes Gewicht“ beizumessen. Die Interessen der Kirche überwiegen die Interessen des betroffenen Mitarbeiters jedoch nicht „prinzipiell“ (Art. 5 Abs. 3 S. 2 GrOkathK n.F.). Die Umstände, die in der Interessenabwägung gem. Art. 5 Abs. 3 S. 3 GrOkathK n.F. zu berücksichtigen sind, unterscheiden sich von denen des Art. 5 Abs. 3 GrOkathK a.F. Nunmehr orientiert sich die Abwägung an Gesichtspunkten, die eine gewisse Ähnlichkeit zur Sozialauswahl im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung (§ 1 Abs. 3 S. 1 KSchG) aufweisen. Neben dem Bewusstsein des Arbeitnehmers für die begangene Loyalitätsverletzung sind das Interesse an der Wahrung des Arbeitsplatzes, das Alter, die Beschäftigungsdauer und die Aussichten auf eine neue Beschäftigung zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf Mitarbeiter im pastoralen oder katechetischen Dienst sowie Mitarbeiter, die für eine Missio canonica oder aufgrund eines schriftlich erteilten, bischöflichen Auftrags tätig sind, schließt ein Verstoß nach Art. 5 Abs. 2 GrOkathK n.F. zwar grundsätzlich eine Weiterbeschäftigung aus (Art. 5 Abs. 3 S. 4 GrOkathK n.F.), allerdings erfolgt eine Prüfung auf eine Ausnahmeregelung in besonderen Härtefällen (Art. 5 Abs. 3 S. 5 GrOkathK n.F). „Gleiches gilt“ für den Fall des Austritts aus der katholischen Kirche (Art. 5 Abs. 3 S. 6 GrOkathK n.F.). An Mitarbeiter in leitender Funktion wird nach der Reformierung, anders als im Art. 5 Abs. 3 GrOkathK a.F., kein vergleichbar strenger Maßstab mehr angelegt.

Aufgrund der Überarbeitung des Tatbestandes des Kirchenaustritts im Jahr 2015 und der nunmehr stets erforderlichen Durchführung einer Interessenabwägung dürfte der Streit289 über den Kirchenaustritt als absolutem Kündigungsgrund an Bedeutung verloren haben. Ausgehend von ihrem Selbstbestimmungsrecht erkennt die Kirche nach hier vertretener Auffassung durch die Neuformulierung an, dass der Kirchenaustritt nicht in jedem Fall eine Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen muss. Denn für die Annahme, die Interessenabwägung sei nur „pro forma“ aufgenommen worden und das Interesse der Kirche solle in jedem Fall überwiegen, bestehen keine Anhaltspunkte.

Die Integrationsfestigkeit des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts im Rahmen der Kündigung von Arbeitsverhältnissen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG

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