Читать книгу Und dann kommst Du dahin an einem schönen Sommertag - Loretta Walz - Страница 25

BEGINN DER SAMMLUNG

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1979 nahm Maria Zeh mich mit zu einem Treffen mit ihren »Kameradinnen«, wie sie sagte. Und dort, im Stuttgarter Waldheim1, begegnete ich dreißig weiteren Frauen. In ihren geblümten Sommerkleidern sahen sie wie typische Großmütter aus. Doch etwas stimmte nicht an dem Bild, das sich mir bot: Die Frauen redeten nicht über Krankheiten, Enkelkinder und Königshäuser. Sie diskutierten eine Resolution an die Gewerkschaftsführung, in der sie forderten, für Senioren politische Veranstaltungen statt Kaffeekränzchen anzubieten. Sie tauschten sich über ihre Aktivitäten aus, und ich erfuhr, dass jede in ihrem Umfeld an Veranstaltungen, Demonstrationen und politischen Aktionen beteiligt war. Sie gingen in Schulen, erzählten von ihren Erfahrungen während des Faschismus, von Widerstand und Verfolgung.

So war ich in einen Kreis von politisch aktiven Seniorinnen geraten, die sich einmal im Jahr zu einer mehrtägigen Tagung trafen. Ihre Treffen wurden für mich in den folgenden Jahren ein fester Termin in meinem Kalender. Während der Tagungen wurde diskutiert und abgestimmt, wurden immer wieder neue Forderungen formuliert. Damals waren es: Keine Lagerung von Giftstoffen! Keine Atomkraft! Anstelle der Stationierung von neuen der Abbau vorhandener Vernichtungswaffen! Jeder Satz, jedes einzelne Wort wurden besprochen und genau formuliert.

Und doch war ihr ›Kampf‹ ein sehr spezieller: Sie hatten Krieg und Nationalsozialismus erlebt, sie waren wegen ihres politischen Engagements verfolgt worden und hatten Folter und Haft erlitten. Der kommunistische Widerstand gegen das »Dritte Reich« hatte eine große Zahl an Opfern gefordert; sie hatten überlebt. Die politische Überzeugung war Grundlage ihres Zusammenhalts – zugleich machte sie sie im Nachkriegsdeutschland zu Außenseitern, wie schon in den Jahren der NS-Diktatur. Die Stimmung im Land war eher antikommunistisch, geprägt vom Kalten Krieg. In den frühen 80er Jahren hatten die politisch Verfolgten keine Lobby. Dieser Stimmung wollte auch die »Lagergemeinschaft Ravensbrück« entgegenwirken. Die KPD war 1956 wieder verboten worden. In der DKP hatten sie nach deren Gründung 1968 wieder ein politisches Zuhause gefunden. Ihre Ehemänner hatten viele Berichte über eigene Erlebnisse in der KZ-Haft verfasst. Die Frauen blieben im Hintergrund, redigierten die Texte, in denen sie selbst meist nicht vorkamen. Oftmals hatten sie auch noch nach der Verhaftung ihrer Männer weiter im Untergrund gearbeitet.

Und dann kommst Du dahin an einem schönen Sommertag

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