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9.

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Um vier waren die meisten Gäste endlich gegangen.

Stella war mit Benjamin und seinen Kumpels zu einem inoffiziellen Konzert im ›Dixie Queen‹ verschwunden. Lizzie hatte Frank schon gegen zwei ins ›Café Opera‹ geschickt, zusammen mit einem Trupp alter Schulkameraden und deren Männern oder Frauen, die bei dem Gedanken, zum erstenmal seit Jahren wieder richtig auszugehen, ganz kribblig und aufgedreht waren. Die anderen Gäste hatten sich zu einem Nachfest in die Kommendörsgatan begeben.

Jetzt lag Catta auf einem Sofa, den Arm über dem Gesicht und die Füße auf der Stereoanlage. Aus den Lautsprechern röhrte eine CD mit ABBAs Greatest Hits: ›Dancing Queen, young and sweet, only seventeen, ooh-ooh ...‹

Gunvor ging im Zimmer umher und leerte die Aschenbecher. Sie und Lizzie warfen sich über Cattas Gestalt hinweg einen Blick zu. Doch ehe sie etwas tun konnten, war plötzlich Cattas kratzige, betrunkene Stimme aus der Tiefe des Sofas zu vernehmen.

»So, jetzt bin ich also neunundzwanzig«, sagte sie. »Toll ist das.«

»Wo ist Charlie?« fragte Gunvor.

»Was glaubst du wohl?« gab Catta die Frage zurück.

»Sollte sie nicht auf dem Lande sein?«

»Nichts da. Sie weiß doch, daß ich Geburtstag habe. Sie sitzt zu Hause mit einer Eieruhr in der Hand und tut so, als sähe sie sich ein Video an.«

»Mein Gott, wie tragisch«, sagte Lizzie, ohne nachzudenken. Im nächsten Augenblick war Catta vom Sofa aufgesprungen und stand auf Strümpfen vor ihr, das Escada-Kleid verrutscht und die Wimperntusche unter den Augen verschmiert.

»Denkst du denn, ich begreife das nicht selber?« schrie sie.

Lizzie erschrak. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte.

»Beruhige dich«, sagte sie. »Ich habe nicht gemeint ...«

»Glaubst du, ich bin zu dumm, um zu verstehen, was ihr und alle anderen denkt?« schrie Catta. »Auch wenn ihr euch nicht traut, es laut zu sagen? Glaubst du, ich begreife nicht, in welcher Scheiße ich stecke? Und er, Charlie, ist nur die Spitze des Eisbergs! Er ist nur das oberste Stückchen Spitze, was zu sehen ist!«

Ehe einer sie hindern konnte, war Catta zur Stereoanlage gestürzt und hatte die Lautstärke noch weiter aufgedreht.

»Dancing Queen!« brüllte sie mit krächzender Stimme. »Young and sweet, only seventeen!«

Gunvor ging den Ton leiser drehen.

»Laß das!« schrie Catta. »Ich muß singen! Ich will singen

Sie begann mit Gunvor zu streiten, die darauf wartete, den Ton leiser zu stellen. Plötzlich flog Cattas Hand durch die Luft und traf Gunvors Wange. Sie erstarrten beide. Gunvor faßte sich an die Wange, die schon eine schwache Rötung zeigte.

Catta sank vor ihr zusammen.

»Entschuldige!« sagte sie. »Entschuldige!«

Und sie fing an zu weinen, erst geräuschlos, dann immer lauter.

»Ich bin nicht normal!« schrie Catta unter Tränen. »Seht, was ich gemacht habe! Ich habe meine beste Freundin geschlagen!«

»Wir müssen sie ins Bett kriegen«, sagte Lizzie.

Gunvor nickte zur Antwort. Ihre Augen waren groß und glänzend.

Unter gemeinsamen Anstrengungen brachten sie Catta ins Schlafzimmer und zogen ihr das Goldschwarze vom Leib. Die ganze Zeit klapperte Catta mit den Zähnen zwischen lautem Weinen und zusammenhanglosen Sätzen.

»Mich gibt es nicht!« stieß sie hervor. »Und ich will nicht, daß ihr hier seid! Ich will euch nicht sehen!«

»Wir müssen versuchen, sie in ein Bad zu kriegen«, sagte Lizzie.

Gunvor nickte und ging das Wasser einlassen.

»Geh nicht!« jammerte Catta. »Geh nicht! Ich bin so entsetzlich allein! Ich bin so allein! Ich will, daß jemand bei mir ist! Ich will, daß mich jemand gern hat!«

Lizzie blieb stumm. Ihr Herz hämmerte, obwohl sie den ganzen Abend nichts anderes als Mineralwasser getrunken hatte, und ihr Kopf war ganz leer.

»Ich will zu meiner Mama«, weinte Catta. »Ich will zu meiner Mama.«

»Jaja, Dummerchen«, sagte Lizzie schließlich. »Jaja. Jetzt gehst du ins Bett. Du bist nur betrunken. Morgen fühlst du dich besser. Morgen fühlst du dich viel, viel besser.«

Catta weinte nur weiter.

Natürlich, sie war nicht dumm.

Während sie die weinende Catta ins Badezimmer führte, ihr Gesicht vorsichtig mit Wasser und Seife wusch und darauf wartete, daß die Wanne sich mit heißem, wohlriechendem Badewasser füllte (indes Gunvor im Wohnzimmer zielstrebig und mit verschlossenem Gesicht einen Aschenbecher nach dem anderen leerte), fragte sich Lizzie, wo, warum und wie in aller Welt sie es gelernt hatte, einer ihrer besten Freundinnen so konsequent direkt ins Gesicht zu lügen.

Nice Girls

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