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3.

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Jetzt saßen sie im ›Fujiyama‹, dem japanischen Schnellrestaurant in der Grev Turegatan, das zur Zeit alle hippen Finanzberater, Werbeleute und Konfektionseinkäufer zu ihrem Mittagslokal erkoren hatten. Aus den Lautsprechern dudelte eine Art japanische Popmusik; Gunvor hatte nie zuvor etwas Ähnliches gehört. Doch keiner sonst schien zu reagieren.

Gunvor hatte einen großen, schwarzen Teller Sushi vor sich stehen. Der Fisch war roh und glänzte, und er roch, wie jeder frischgeangelte Barsch zu allen Zeiten gerochen hatte; eben wie roher Fisch. Gunvor griff vorsichtig nach dem einzigen gekochten Stückchen, das sie entdecken konnte, dem weiß- und rosagestreiften Scampi auf seiner hohen Reismatratze, und versuchte hineinzubeißen. Der Scampi war gummiartig und nur schwer mit den Schneidezähnen zu zerteilen. Der Reis purzelte körnchenweise auf ihre Bluse herunter, und sie schaute unruhig über den Tisch zu den anderen beiden. Sie schienen es nicht bemerkt zu haben.

Lotta war gerade dabei, eine fette rosa Lachsscheibe zu verschlingen, und Eva nahm mit ihren Stäbchen mehrere Stückchen rohen Ingwer auf und stopfte sie genüßlich in den Mund, schloß die Augen und stöhnte vor Wonne. Sie kaute mit geschlossenem Mund, die perfekten Lippen (mit dem roten, vermutlich kußechten Lippenstift) über einer gleichmäßigen, weißen Zahnreihe geschlossen. Auf der Oberlippe hatte Eva ebenfalls Sommersprossen. Gunvor fand das hübsch. Sie selbst hatte milchweiße Haut, weich und schlapp. Sie würde niemals in Shorts an Bord eines Swan 56 passen, noch weniger in dem geradegeschnittenen, blauweißgestreiften Hemdblusenkleid, das Eva trug.

»Gehst du Samstag zu Madde und Pete?« fragte Lotta, an Eva gewandt.

Eva nickte. »Das wird bestimmt super.«

Lotta sah Gunvor an. »Und du?«

Gunvor schaute sie mit ihren großen, braunen Augen an. Nein, sie war in absehbarer Zukunft nicht zu irgendeinem Madde eingeladen, sie würde nur nach Hause fahren, in einem Monat etwa, wenn Claes eine Party gab. Sollte sie vielleicht das statt dessen erwähnen? ›Mein kleiner Bruder gibt eine Smokingparty auf unserem Gut, zählt das? Ich bekomme vielleicht irgendeinen jungen, armen Baron als Tischherrn, jemanden mit unreiner Haut, der es unglaublich trist findet, neben der großen Schwester zu sitzen, und der schon bei der Vorspeise stockbesoffen ist. Ich glaube auch nicht, daß ich in mein schwarzes Kleid passe, denn seit dem Frühjahr habe ich mehrere Kilo zugenommen.‹

»Was für ein Madde?« fragte Gunvor statt dessen mit gespieltem Interesse.

»Madde Rosen«, sagte Lotta.

Gunvor hörte, daß es sich um eine Kurzform für Madde von Rosen handelte. Alle hatten solche Kurzformen. Anna Wacht bedeutete Anna Wachtmeister. Gabby Palm hieß Gabby Palmstierna. Gunvor war dankbar für die Male, wo auch ihr Name eine Kurzform erhielt und zu etwas Geheimem, Leichtanwendbarem wurde. Das bedeutete, es gab sie, sie war akzeptiert, sie zählte.

»Nein«, sagte sie. »Ich kenne Madde nicht so gut.«

Gunvor gehörte also nicht dazu.

Lotta nahm bedächtig ihre Thunfischscheibe mit den Fingern auf und steckte sie in den Mund. Beim Kauen bildeten sich kleine Grübchen an ihren Kiefern, ein weiterer Beweis, wie perfekt und mager ihr Gesicht war. Gunvor klopfte das Herz. Sie schob ihre Fischstücke ein wenig umher. Sie hatte nie zuvor in ihrem Leben rohen Fisch gegessen, und plötzlich war ihr klar, daß sie auch jetzt nicht damit anfangen würde.

»Wie läuft es mit dem Johnson-Vertrag?« fragte sie statt dessen und verstieß bewußt gegen die ungeschriebene, stets befolgte Regel, auf der Arbeit nie von Arbeit zu reden, außer wenn man gerade mittendrin steckte. Das hieß nämlich, man hatte keine gesellschaftlichen Verpflichtungen zu besprechen, man war nur eine Bedienstete, beinahe auf gleichem Niveau mit gewöhnlichen Menschen und Arbeitern.

»Einigermaßen«, sagte Lotta und schaute sie kurz an. »Hat es dir nicht geschmeckt?«

Sie blickte verwundert auf Gunvors unberührten Teller.

»Doch, doch«, sagte Gunvor und nahm ein Reisklümpchen auf.

Es zerbröckelte zwischen ihren Stäbchen und fiel in einem stillen Regen auf den schwarzen, japanischen Teller herab. Das Geschirr spiegelte Evas Gesicht ihr gegenüber. Jetzt sah es aus, als hätte sie Reisflecken statt Sommersprossen auf der Nase.

Gunvor kam plötzlich eine Idee.

»Wißt ihr, was ich gehört habe?« fragte sie verschmitzt.

Lotta und Eva sahen sie beide an und schüttelten den Kopf.

»Nein, was denn?«

Gunvor lächelte.

»Daß George Michael einen Antrag auf Geschlechtsumwandlung gestellt hat!«

Lotta und Eva starrten sie an, als sei sie nicht ganz normal.

Gunvor stand auf.

»Wer ist George Michael?« fragte Lotta. »Ist das der vom Londoner Büro?«

»Dummchen«, sagte Eva. »Das ist irgend so ein Künstler.«

Beide starrten Gunvor verärgert an, die in ihrem Portemonnaie wühlte. Sie legte das Geld für ihren Anteil auf den Tisch und nahm die Tasche.

»Ich muß zurück«, sagte sie. »Ich habe einfach zuviel zu tun. Ich gehe zurück.«

Als sie ging, fiel ihre Serviette hinter ihr zu Boden, aber das bemerkte sie nicht. Lotta und Eva zogen die Brauen in die Höhe und wechselten schweigend einen Blick.

Nice Girls

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