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III. Pläne zur Gesamtreform des Strafverfahrensrechts
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Reichsjustizminister Gürtner setzte bereits 1933 die „Kleine Strafprozeßkommission“ ein, die nach ihren Worten daran arbeitete, „ein Strafverfahren zu schaffen, das eine straffe und schnellarbeitende Strafjustiz gewährleistet, eine gerechte Rechtsprechung sichert und in Aufbau und Durchführung volkstümlich ist“.[163] Diese Kommission legte am 27. Februar 1936 den – streng vertraulichen – Entwurf einer Strafverfahrensordnung sowie weiterer Verfahrensregelungen vor.[164] Anschließend beriet die „Große Strafprozeßkommission“ auf Grundlage des Entwurfs vom 27. Februar 1936 und legte im April 1938 ihren Abschlussbericht „Das kommende deutsche Strafverfahren“ vor.[165] Im Mai 1939 waren die Reformarbeiten mit dem „Entwurf einer Strafverfahrensordnung und einer Friedensrichter- und Schiedsmannsordnung“ vom 1. Mai 1939 eigentlich beendet,[166] jedoch traten diese Regelungen aufgrund des Kriegsausbruchs und des Desinteresses der NS-Führung an den Reformbemühungen niemals geschlossen in Kraft. Jedoch wurden zahlreiche Einzelregelungen des Entwurfs während der Kriegszeit durch Verordnungen umgesetzt.
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Nach der amtlichen Begründung stellte der Entwurf der Strafverfahrensordnung im Sinne der nationalsozialistischen Überzeugungen das „Schutz- und Sühnebedürfnis der Volksgemeinschaft“ über die „möglichste ‚Freiheit‚ des Einzelnen gegenüber der Staatsgewalt“. Wesentlich seien daneben die „Vereinfachung des Gangs der Strafrechtspflege“, vor allem durch eine Beschränkung des Rechtsmittelzugs, und die „Auflockerung der Verfahrensvorschriften“, also die Beseitigung von Formvorschriften, die der „Verwirklichung wahrer Gerechtigkeit“ entgegenstehen.[167] Gleichwohl ist festzuhalten, dass der Entwurf nicht den nationalsozialistischen Extrempositionen folgte, sondern eher auf einer autoritären, national-konservativen Grundhaltung beruhte.[168] Damit griff der Entwurf teilweise Tendenzen auf, die bereits in der Weimarer Republik unter den Prämissen Verfahrensvereinfachung und Kostenersparnis das legislative Handeln geprägt hatten.[169] Die Verfahrensprinzipien der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit der Hauptverhandlung, der Öffentlichkeitsgrundsatz, die Wahrheitsermittlung von Amts wegen und das rechtliche Gehör sowie angemessene Verteidigungsrechte sollten beibehalten werden.[170]