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III. Ziele, Zwischenziele und Zielkonflikte

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Mithin erscheint insgesamt vorzugswürdig, ein zentrales Ziel des Strafprozesses (als Institution) in der Verwirklichung des materiellen Strafrechts zu betrachten, welche freilich bereits mit bestimmten prozessualen Vorwertungen aufgeladen ist. Ein wichtiges Zwischenziel hierzu ist die Wahrheitsfindung (welche ihrerseits normativ etwa durch Persönlichkeits- und Gestaltungsrechte der Beteiligten beschränkt ist). Soweit die Regelungen des verwirklichten materiellen Rechts abstrakt betrachtet „gerecht“ sind, dient die Durchsetzung des materiellen Strafrechts auch dieser Gerechtigkeit. Gleichsam als Reaktion auf die mit der Wahrheitsfindung und Rechtsdurchsetzung notwendigerweise verbundenen Belastungen für den Bürger auch schon vor Abschluss des Verfahrens (und damit noch zur Zeit der Geltung der Unschuldsvermutung) beinhaltet das Strafprozessrecht verschiedene Schutzmechanismen. Da die prozessualen Regeln mithin einerseits der Verwirklichung der Ziele und Zwischenziele des Strafverfahrens als Institution dienen, andererseits aber auch gerade den damit verbundenen Gefahren entgegenwirken, kann eine einheitliche Zielvorgabe für den durch das Strafverfahrensrecht geprägten Strafprozess nicht formuliert werden.

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Diese verschiedenen Ziele können nun in unterschiedlichem Verhältnis zueinanderstehen, je nachdem, ob sie in die gleiche Richtung weisen, sich gegenseitig Grenzen setzen oder in sonstiger Abhängigkeit zueinanderstehen: Soweit zwei festgestellte Zwecke in dieselbe Richtung weisen bzw. das Erreichen eines Ziels Voraussetzung für das Erreichen des nächsten ist, könnte man von „Zwischenzielen“ sprechen. Anschauliches Beispiel ist – wie bereits erwähnt – die Wahrheitsfindung im Strafprozess: Sie ist kein Selbstzweck, sondern jedenfalls grundsätzlich Voraussetzung für ein gerechtes Urteil und die Verwirklichung des materiellen Strafrechts (zumindest innerhalb des konkreten Prozesses). Für eine konkrete prozessrechtliche Argumentation bringen damit solche „Zwischenziele“ zwar keine grundsätzlich neuen bzw. zusätzlichen Erkenntnisse, können diese aber erleichtern, weil sich etwa bestimmte teleologische Fragen präziser fassen lassen: Ob eine bestimmte prozessuale Maßnahme mit Blick auf die „Verwirklichung des materiellen Strafrechts“ geboten ist, mag im Einzelfall weniger evident zu beantworten sein, als ob sie der Wahrheitsfindung dient. Nicht weniger bedeutsam ist aber, dass das Strafverfahren und insbesondere das Strafverfahrensrecht auch durch diverse Zielkonflikte gekennzeichnet ist:[39] Exemplarisch genannt seien (teils wiederholend, teils ergänzend) nur (Einzelfall-) Gerechtigkeit und Rechtssicherheit, Wahrheitsermittlung und Persönlichkeitsrechtsschutz oder Wahrung der Verhältnismäßigkeit und Gleichheit der Rechtsanwendung.

Handbuch des Strafrechts

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