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C. Die Konvergenz ökonomischer und strafrechtlicher Steuerungsmechanismen als grundlegende theoretische Voraussetzung des Wirtschaftsstrafrechts

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Wirtschaftsstrafrecht soll die Handlungsbedingungen des Einzelnen zur Verfolgung seiner individuellen Erwerbsinteressen in der Gesellschaft vor Eingriffen Dritter durch Sanktionen sichern und dadurch individuelles Wirtschaften erleichtern[144]. Um diesem Ziel gerecht zu werden und angemessene Transaktionsmechanismen mit gestalten zu können, muss zunächst versucht werden, allgemeine Mechanismen zu finden, wie das Strafrecht das individuelle wirtschaftliche Handeln beeinflussen und damit freiheitserweiternd wirken kann.

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Dabei geht es nicht um eine – teilweise zu Recht kritisch beurteilte[145] – „ökonomische Analyse des Rechts„[146]. Die Vertreter der ökonomischen Analyse des Rechts lehnen ein nur bereichseklektizistisches Verständnis der Ökonomie ab und wollen grundlegende ökonomische Erkenntnisse in das Design einer modernen Sozialethik integriert wissen[147]. Der Versuch, eine moderne Sozialethik zu entwickeln, soll hier aber gerade nicht unternommen werden[148]. Und auch bei den Strafzwecken geht es nicht darum, die Wiedergutmachung des Schadens, den die Angeklagten angerichtet haben, zum Hauptziel der gesamten Strafgerichtsbarkeit zu machen sowie die Geldstrafe abstrakt und ohne Ansicht der Person nach dem Grenzschaden und den Grenzkosten zu bemessen[149].

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Beachtung verdient die ökonomische Analyse hier nur insoweit, als sie nachweist, dass Strafe in bestimmtem Umfang als Preis verstanden werden und in wirtschaftlichem Kontext über den Preismechanismus wirken kann[150]. Diese Einsicht ist von Bedeutung, weil gerade der Normadressat des Wirtschaftsstrafrechts tatsächlich dem Bild vom rational handelnden Menschen sehr viel näher stehen dürfte als der Normadressat in anderen Kriminalitätsbereichen[151]. Die Abschöpfung der mit der Tat erlangten Vorteile und die Rechnung, dass sich die „Straftat nicht lohnt“[152], wird im Sinne der negativen Generalprävention gerade beim kalkulierenden homo oeconomicus die Bereitschaft, eine Straftat zu begehen, sinken lassen. Auch a priori risikoaverse Normadressaten werden durch die Strafdrohung in ihrem Vertrauen auf die Geltung und Durchsetzung der Normen im Sinne der positiven Generalprävention gestärkt. Gerade in einer Sondersituation wie dem Wirtschaftsstrafrecht deckt die ökonomische Analyse mit ihrem Verständnis der Strafe als Preis der Tat Wirkungszusammenhänge auf, die ansonsten häufig nur intuitiv erfasst werden und/oder plausibel erscheinen[153].

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Um die Mechanismen, über die Strafe ökonomisches Handeln beeinflussen kann, konkreter beschreiben zu können, soll im Folgenden untersucht werden, welches die elementaren (I.) ökonomischen und (II.) strafrechtlichen Wirkungsmechanismen sind und (III.) wie sie einander in ihren Wirkrichtungen angenähert werden können. Dazu werden beide Mechanismen zunächst beschrieben und sodann auf eine gemeinsame übergeordnete Verhaltensordnung verpflichtet. Sinn und Zweck dieser Ausführungen ist es, eine in ihren Funktionszusammenhängen hinreichend ausgearbeitete Grundlage für die spätere Interpretation wirtschaftsstrafrechtlicher Normen zu legen und das Sanktionensystem über die bisherige Strafzweckdiskussion hinaus rational zu legitimieren.

Teil 1 Grundlagen zur Theorie des Wirtschaftsstrafrechts › C › I. Ökonomische Steuerungsmechanismen

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