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23. Januar, 15.30 Uhr

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Meine Abreise ist geglückt und ich sitze gerade im Zug nach Graz. Sara hat in der Nacht oft geweint und ich habe irgendwie kein gutes Gefühl, gerade jetzt wegzufahren. Georg meinte zwar, es sei kein Problem, er werde das schon alles gut managen, aber irgendwie habe ich trotzdem ein schlechtes Gewissen. Ja, dieses ständige schlechte Gewissen, das uns Frauen so oft plagt. Ich hab keine Ahnung, woher das kommt! Georg meinte, es sei Unsinn, mir Sorgen zu machen. Mein schlechtes Gewissen helfe ihm nicht, es mache alles nur noch komplizierter. Um ihm und den Kindern einen guten Start in die Woche zu ermöglichen, habe ich ja alles nötige getan. Dass die Kinder nicht ganz fit sind, sei ja nun auch wieder keine Tragödie. Das komme eben vor.

Er hat ja recht. Ich hab das umgekehrt auch schon erlebt. Und Georg beispielsweise hat nie ein schlechtes Gewissen, wenn er wegfährt. Als Sara erst zehn Wochen alt war, ist er für fünf Tage mit Freunden in die USA gefahren, ohne irgendwelche Bedenken. Ich hatte damals schon Bauchweh, ob ich das alles so locker schaffen würde, denn zur gleichen Zeit waren meine Schwiegereltern auch verreist. Doch es ging, mit der Hilfe einer Freundin, und er hatte eine gute Zeit. Ich weiß nicht, ob das eine weibliche Eigenschaft ist, sich über alles so viele Gedanken zu machen und herumzuzaudern. Früher habe ich auch eher drauflos gelebt, ohne groß an irgendwelche Konsequenzen zu denken. Seit den Kindern bin ich da vorsichtiger geworden. Vielleicht, weil ich seitdem öfter meine Grenzen spüre und merke, dass meine Energien auch nicht unerschöpflich sind? Weil ich als Mutter trotz aller Arbeitsaufteilung und Unterstützung viel mehr Einschränkungen erlebe als mein Mann, in den Jahren, wo die Kinder klein sind? Einen Mann betrifft das Vaterwerden natürlich auch, doch nie so direkt und vor allem nicht körperlich. Er ist eben nicht schwanger und stillt nicht, allerhöchstens nimmt er einiges an Gewicht zu als Zeichen seiner Solidarität. ☺

Schon lange beschäftigt mich die Frage, warum wir Frauen andauernd ein schlechtes Gewissen haben. Eigentlich finde ich es schrecklich und würde es gern loswerden. Fühlen wir uns so unersetzlich? Denken wir, die Welt bricht zusammen, wenn wir uns nicht um alles kümmern? Ich war nun schon einige Male für ein paar Tage weg, während Georg die Kinder versorgt hat. Und sie haben überlebt. Nicht nur das: Wenn ich nachhause kam, herrschte meist beste Stimmung. Ich schien ihnen überhaupt nicht zu fehlen! Ach, und das bisschen Chaos in der Küche, die ungeschnittenen Fingernägel und die tagelang nicht gewechselten Socken bringen auch niemanden um. Außer Mama vielleicht, wenn sie zurückkommt und gleich so ein Gesicht macht. Denn diese Dinge sieht sie zuallererst. All die Nebensächlichkeiten, die wahre Männer einfach nicht interessieren.

Was, Mama ist zurück? Oje, nun beginnt wieder die alltägliche Leier: Mach dies und mach das, tu das nicht, sei vorsichtig, trink genug, iss in Ruhe dein Brot, wasch dir die Hände ordentlich, mach nicht so ein Gesicht und trödle nicht …

Vor kurzem hab ich auf Bibel-TV die Musik-Kabarett-Gruppe »Die Mütter« mit ihrem Song »Wir meinen’s doch nur gut« erlebt. Darin greifen sie dieses klassische Mutter-Thema auf und bringen es wunderbar auf den Punkt. Wir Mütter sind wirklich regelrechte Nörgelautomaten. Wir leben im immerwährenden Imperativ! Tu dies, lass das! Muss das für die Männer erholsam sein, wenn wir mal eine Zeit lang weg sind! Meine Männer jedenfalls nehmen sich da kein Blatt vor den Mund und sagen es mir brühwarm, auch wenn ich es nicht gern höre …

Tja, ab und zu tut es uns allen gut, ein wenig Abstand zu bekommen von der Alltagsroutine. Vieles sehen wir dann wieder in einem anderen Licht. Ich bin jedenfalls schon gespannt, ein wenig Einblick zu bekommen in das Alltagsleben meiner Freunde – und alles aus einer ganz anderen Perspektive zu beobachten.

Marina und ihr Mann, die ich heute besuche, kenne ich schon aus meiner Studienzeit in Graz. Sie sind beide sehr unternehmungslustig und früher waren wir öfters gemeinsam klettern. Nun leben sie in einem kleinen Häuschen am Stadtrand und haben zwei Kinder mit 5 und 2 Jahren. Vergangenen Juli haben wir sie mit unserem Leih-Wohnmobil auf unserer Fahrt nach Italien besucht. Das war ein nettes Treffen, mit allen fünf Kindern! Sonst sehen Marina und ich uns aufgrund der Entfernung nur ein- bis zweimal im Jahr, wir besuchen einander abwechselnd. Das ist eine der wenigen Freundschaften, die über all die Jahre tatsächlich überlebt hat, auch wenn wir die restliche Zeit nur per Mail und Telefon in Kontakt bleiben. Es gibt tatsächlich Menschen, zu denen man einfach einen Draht hat, auch wenn man monatelang nichts voneinander hört. Mich fasziniert das und ich bin sehr dankbar dafür. Und natürlich freue ich mich sehr auf jedes Treffen, denn es ist eben etwas ganz Besonderes.

Kinder, Kirche, Kuchenkrümel

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