Читать книгу Kinder, Kirche, Kuchenkrümel - Maria Lang - Страница 20
2. Februar, 19.05 Uhr
ОглавлениеGestern war ich wohl schon etwas zu übermütig, denn am Abend stieg das Fieber wieder an. Mein Mann, den ich nun scherzhaft »Dr. George« nenne, verordnete mir strenge Ruhe (bis auf die Zeiten, wo er mich als Babysitter braucht ☺). Also beschäftigte ich mich einen Großteil des Tages mit »ruhigen« Tätigkeiten wie Lesen, Schreiben und Schlafen. Die dreiseitige Englisch-Deutsch-Übersetzung für meine Schwiegereltern ist abgeschlossen. Ich liebe es, Dinge abzuhaken. Wahrscheinlich sehe ich es gern schwarz auf weiß, was ich an einem Tag alles geleistet habe, als Tätigkeitsnachweis sozusagen. Und momentan, wo ich eigentlich nur krank zu sein bzw. gesund zu werden habe und in erster Linie darauf achten sollte, Dr. George nicht in seinem Arbeitsfluss zu behindern, ist jede erledigte Aufgabe ein Bonus. Im normalen Alltag schreibe ich mir sogar manchmal To-Do-Listen, doch oft habe ich dabei schon erlebt, dass ich zwar viele Punkte abhaken konnte, jedoch mindestens ebenso viele neue dazukamen … irgendwie frustrierend.
Da ich momentan so viel Zeit habe nachzudenken, beginne ich ein wenig damit, vorauszuplanen. Georg und ich haben uns dieses Jahr wieder jeweils eine Woche »Urlaub von der Familie« genehmigt und ich überlege, wie ich diese kostbare Zeit am besten nützen will. Als Fixpunkt habe ich mir eine Deutschland-Reise ausgesucht: Ich möchte ein Konzert des Musikkabarett-Trios »Die Mütter«, meinen Verlag in Neukirchen und meine Schwester Eva in Berlin besuchen. Außerdem ist mir die Idee gekommen, eine Freundin für zwei Tage mit auf die Reise zu nehmen.
Elisabeth kommt mir in den Sinn. Sie liebt Konzerte und dieses wird ihr bestimmt gefallen. Außerdem ist es schon wieder eine Weile her, dass wir mal ausgiebig Zeit miteinander hatten. Sie führt mit ihrem Mann Franz einen landwirtschaftlichen Betrieb und ist ebenfalls Mutter von drei Kindern, alle ungefähr im Alter unserer drei. Wir lernten uns in der Schwangerschaft mit unseren »Großen« kennen und haben besonders während der ersten paar Jahre sehr viel Zeit gemeinsam verbracht. Jetzt, wo jede mit den Kindern ziemlich ausgelastet ist, sehen wir uns nicht mehr so häufig. Ab und zu telefonieren wir mal oder schreiben uns E-Mails, um auf dem Laufenden zu bleiben. Immer wieder nehmen wir uns Zeit, um miteinander zu plaudern und zu beten. Ich schätze sie sehr als Freundin und auch als Mitbauerin am Reich Gottes.
Außerdem liebt sie Überraschungen. Deshalb hab ich heute ihren Mann angerufen und gefragt, ob er sie für zwei Tage entbehren könnte. Ich erklärte ihm kurz, was ich vorhabe. Franz reagierte positiv, allerdings meinte er, ich solle sie vorsichtig selbst fragen, ohne jedoch alles zu verraten. Er hat ja recht, es ist nicht jedermanns (oder »jederfrau«) Sache, einfach so übers Wochenende nach Deutschland zu fliegen, nur um ein Konzert zu besuchen. Hm. Zu verrückt? Andererseits wäre es schon eine nette Sache und unsere Familien würden auch wieder bemerken, was sie an uns haben …
Sie kommen ja, die netten Worte und Komplimente von der Familie. Auch wenn sie manchmal als abgrundtiefe Seufzer: »Ich bin so froh, wenn du das alles wieder übernimmst!« den Mund des geliebten Ehegatten verlassen. Wie etwa heute nach dem Abendessen, als Fritz und Benni ein Tohuwabohu veranstalteten und ich Georg darauf hinwies, Saras Fläschchen mitzuwaschen, als er gerade die Spülmaschine in Gang brachte. Ja, ich weiß, dass das alles seeehr viel Arbeit ist. Ich klinge da jetzt ein wenig ironisch und wahrscheinlich schwingt auch so ein Fünkchen Säuerlichkeit darüber mit, dass die Dankesworte meist erst in der »Krise« kommen.
Aber andererseits, ich bin auch nicht gerade Weltmeisterin im »Loben« und spreche deshalb Georg ein ehrlich gemeintes Kompliment aus für seine Dienste zuhause und in der Schule, die er noch so »nebenbei« mit erledigt.
»Ja, Gott, der Herr macht mich stark«, lautet mein heutiger Bibelvers aus Habakuk 3,19. Kurz, aber wahr. Ich hab Gott um viel Kraft gebeten während der vergangenen Tage und merke, wie sie nach und nach zurückkehrt. Dafür bin ich dankbar und ich bete, dass auch Georg eine Extraportion davon abbekommt, auch wenn er in seinem Vielbeschäftigtsein nicht daran denken sollte, darum zu bitten.