Читать книгу Kinder, Kirche, Kuchenkrümel - Maria Lang - Страница 6
5. Januar, 16.10 Uhr
ОглавлениеHeute ist großer Skitag. Ich helfe Georg am Morgen beim Zusammenpacken aller Sachen, koche Tee für die Thermoskanne und verabschiede mich von ihm und den Buben mit einem Kuss. Sara und ich werden das Haus hüten und ein wenig spazieren gehen. Zuerst einmal frühstücken wir ausgiebig. Dann nehme ich mir eine Stunde Zeit, um aufzuräumen, Staub zu saugen und den Hauptwohnbereich in Ordnung zu bringen. Nicht, weil ich müsste. Oder weil ich ein Putzfreak bin. Aber ich mag es einfach lieber, wenn alles halbwegs sauber ist. Und die Chance, das Ergebnis meiner Bemühungen volle zwei Stunden lang auszukosten, wenn Sara dann schläft, lasse ich mir nicht entgehen. Bleibende Ergebnisse habe ich in meinem Mutter-Hausfrauen-Alltag so selten, da sind zwei Stunden schon viel!
So sitze ich nach dem morgendlichen Einsatz entspannt auf der Couch, genieße die Sauberkeit und Ordnung, freue mich, dass alle Schmuckstücke, die Sara abgeräumt hatte, wieder am Christbaum hängen, alle Polster sich auf ihrem Platz befinden, der staubfreie Boden glänzt …
Da die Männer über Mittag wegbleiben, brauche ich auch nicht ans Kochen zu denken. Ich hole für Sara und mich eine Portion tiefgekühlter Reste aus dem Keller, die ich extra für solche Anlässe in einem Mikrowellen-Geschirr eingefroren habe. Geht es mir heute gut!
Ich halte eine ausgiebige Stille Zeit. Mein heutiger Bibelvers ist aus Matthäus 6,31-33: »Zerbrecht euch also nicht den Kopf mit Fragen wie: Werden wir genug zu essen haben? Was sollen wir anziehen? Mit solchen Dingen beschäftigen sich nur Menschen, die Gott nicht kennen. Euer Vater im Himmel weiß doch genau, dass ihr dies alles braucht. Sorgt euch vor allem um Gottes neue Welt, und lebt nach Gottes Willen! Dann wird er euch mit allem anderen versorgen.«
Ja, es stimmt, ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich mir Sorgen mache um meine Zukunft. Viele Dinge sind für mich noch nicht klar in diesem Neuen Jahr. Sara wird im Sommer zwei Jahre alt und damit ist auch die Elternzeit zu Ende. Ich habe momentan aber nicht das Gefühl, dass ich gleich wieder arbeiten gehen soll. Wir möchten evtl. noch ein viertes Kind, aber danach sehne ich mich momentan auch noch nicht. Ich habe so viele Träume und Ideen. Nach Israel würde ich gern fahren, um dieses Land, in dem Jesus lebte, kennenzulernen. Schreiben würde ich gerne weiterhin, doch ich weiß nicht, ob sich die Zusammenarbeit mit einem Verlag für ein weiteres Buchprojekt ergibt. Zeichnen würde ich gern beruflich, Illustrationen, Karikaturen anfertigen. Im Haus gibt es so viel zu tun – einige Räume sind noch fertigzustellen. Auch sonst gibt es einige Baustellen in unserem Leben. Das Jahr hat gut begonnen, doch haben wir auch einige Altlasten mitgenommen. Beziehungen, die trotz vieler Bemühungen nicht bereinigt sind …
Gott sorgt für mich in allen Belangen. Das ist es, was dieser Bibelvers mir sagt. Ich brauche mich nur auf eins konzentrieren: Seinen Willen zu erkennen und zu tun.
Trotzdem fällt es mir schwer, Gott als die einzige Quelle meines Lebens zu sehen. Die Sorge ums Alltägliche an ihn abzugeben. Von ihm allein alles zu erbitten und zu erwarten. Geduld zu haben. Mir und auch anderen die Zeit zu lassen, die wir zum Lernen brauchen. Sein lassen, leben lassen, lernen lassen, frei lassen. Dieses Lassen ist für mich so schwierig! Immer möchte ich die Kontrolle über alles haben und behalten.
Aber Gott in seiner Allmacht und Allwissenheit lässt uns auch. Er sieht tagtäglich unsere Bemühungen, unsere vielen kleinen und großen Erfolge, aber auch alle Fehler, die uns unterlaufen. Und doch lässt er uns die absolute Freiheit. Er überlässt uns nicht völlig uns selbst, in dem Sinne, dass wir ihm egal sind. Aufmerksam ist er einfach da. Ist dabei. Sieht zu. Wenn wir ihn bitten, gibt er uns Hilfestellung, leitet und lenkt unsere Wege. Doch er drängt sich uns nicht auf. Das ist mir immer noch unbegreiflich, wie Gott das ertragen kann. Ich halte es bei meinen eigenen Kindern fast nicht aus, sie die Konsequenzen ihres Tuns spüren zu lassen, auch wenn ich weiß, dass dies manchmal notwendig ist!
Dieses Lassen hat so viel mit Vertrauen zu tun. Gott vertraut uns, obwohl wir alles andere als vertrauenswürdig sind. Das hat die Geschichte ein ums andere Mal gezeigt. »Homo est homini lupus« – »Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf«, sagte schon der Komödiendichter Plautus einige hundert Jahre vor Christi Geburt. Der Mensch ist ein unberechenbares Wesen. Immer wieder entdecke ich in mir gähnende Abgründe, Egoismus und alles andere als edle Gedanken. Und doch hat Gott sich uns Menschen anvertraut, indem er einer von uns wurde. Wir bedeuten ihm so viel, dass er seinen einzigen Sohn für uns opferte! Kurz vor Weihnachten habe ich folgendes Gedicht geschrieben:
Gott kam …
Nicht mit Macht und Herrlichkeit, Um uns zu blenden, Uns einzuschüchtern, Uns zu unterwerfen.
Er kam Nicht wie ein Magier Auf einer Wolke Um uns zu beeindrucken Uns zu verzaubern Uns zu unserem Glück zu zwingen. Gott hatte anderes im Sinn.
Er wollte Uns nahe sein Uns in die Arme schließen Unsere Herzen gewinnen
Er wollte Uns wertschätzen Uns brauchen Sich uns anvertrauen.
Er kam Als Kind Hilflos Uns ausgeliefert Bedürftig Auf unsere Liebe angewiesen.
Er, der große Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, machte sich klein für uns um einer von uns zu werden und uns vor uns selbst zu retten.
Danke, Gott, für dein Vertrauen. Für deine unfassbare Liebe. Danke, dass du die Hoffnung und den Glauben an die Menschheit immer noch nicht verloren hast! Dass du das Kleine würdigst, jeden unserer kleinen, unscheinbaren Schritte. Jeden noch so winzigen Lernerfolg. »Schau zurück, was du schon geschafft hast!«, forderst du mich auf. Ich sehe viele Hindernisse und Schwierigkeiten, die wir gemeinsam gemeistert haben. Und viel Schönes, Früchte, die daraus erwachsen sind. Danke, Gott, für alles!
Und Zuversicht für das, was kommen wird, schleicht sich unmerklich in meine Gedanken …