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28. Januar, 15.40 Uhr

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Bin ich heute genervt! Es ist mal wieder so ein Tag, an dem mir einfach nichts passt. Gleich morgens muss ich mit Benni zum Arzt, dann ist Georg fast den ganzen Tag durchgehend weg. Die Kinder sind schon ziemlich gesund, zumindest so weit, dass ihnen langweilig wird und ihnen tausenderlei Blödsinn einfällt. Ich schaffe es am Vormittag zwar, mir eine kurze Pause zu nehmen, doch irgendwie klappt das heute nicht so richtig mit dem Auftanken. Ich fühle mich nach wie vor mies. Um elf raffe ich mich auf, um zu kochen. Georg kommt für genau eine halbe Stunde zum Mittagessen nachhause, und da sollte pünktlich alles fertig sein. Um nicht immer nur Schnellküche zu fabrizieren, koche ich heute mal was Aufwändigeres: Fisch mit grünen Bohnen und Reis plus Salat. Oder aber: Dorade, gebraten mit Zitronengrasfülle, Basmati-Reis und feinen Gartenböhnchen, an cremiger Zitronenbéchamelsauce und frischem Eisbergsalat à la Marie …. Für eine Weile bin ich voll beschäftigt und von meiner schlechten Laune abgelenkt.

Als Sara aufwacht, bringe ich sie hinauf ins Zimmer der Buben, damit sie ein wenig mitspielen kann. Deren Begeisterung ist nicht gerade groß. »Sara macht uns alles kaputt!«, jammern sie. Tja, liebe kleine Schwester, so ist das mit großen Brüdern. Wenn man mitspielen darf, dann allerhöchstens als »Naturkatastrophe«, die zehn Minuten lang alle Bauwerke umfegt … Während die beiden alles wieder neu aufbauen, setze ich sie also in den Laufstall, wogegen sie heftig protestiert. Erst als ich Musik mache, beruhigt sie sich. Unten in der Küche brodeln die Töpfe. Alles ist perfekt getimt – Georg sollte jeden Moment auftauchen. Da kommt der Anruf … Wie so oft, teilt mein lieber Gatte mir mit, dass er sich verspätet. Diesmal nur um zehn Minuten. Ist auch schon egal, denke ich und mache etwas ernüchtert mit meiner Arbeit weiter. Decke den Tisch, stelle die Getränke bereit.

Da kommt auch schon Georg zur Tür herein und ich bemühe mich, nicht sauer zu gucken. Wir setzen uns und beten. Einen Moment später läutet das Telefon. Nein, das kann und darf ja momentan wirklich nicht sein, zische ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Doch Georg hebt ab. Es sei eine Ausnahme, meint er, ein Notfall, eine ganz dringende, wichtige Sache. Ja, genau wie neulich, an unserem freien Tag, erinnere ich mich und meine Miene verdüstert sich. Ich spüre förmlich, wie sich eine vertikale Falte tiefer in meine Stirn eingräbt.

Mit offenem Missmut verteile ich das Essen auf den Tellern und hoffe, dass das Gespräch bald beendet ist. Als er nach einigen langen Minuten endlich fertig ist, bitte ich Georg, nun nicht mehr ranzugehen und beim Essen wirklich anwesend zu sein. Er meint, das könne er mir nicht versprechen, ich müsse das schon verstehen. Diese Sache sei heute wichtiger als das Essen. Ich denke mir, na wunderbar, ich habe nur gerade für eineinhalb Stunden in der Küche gestanden, um dieses köstliche Mahl zuzubereiten …Wäre nett, das auch dementsprechend zu würdigen! Wir essen und es schmeckt ausgezeichnet.

Doch nach zehn Minuten kommt ein zweiter dringender und wichtiger Anruf. Georg steht auf und telefoniert draußen, die Kinder sehen das als Signal, ebenfalls mit dem Essen aufzuhören und herumzuspringen. Ich verliere endgültig die Nerven, fauche herum und würde am liebsten alle auf den Mond schießen.

Den ganzen Nachmittag ringe ich darum, wieder Oberwasser zu bekommen. Die Jungs sind heute besonders aufgedreht und tollen herum wie wild. Etwa alle zehn Minuten kommt einer heulend angerannt. Ich drohe, ergreife Maßnahmen, schicke sie aufs Zimmer, wenn sie einander hauen, trenne sie räumlich. Nichts hilft. Als Sara nachmittags schläft, versuche ich, mich zehn Minuten am Stück auf die Terrasse in die Sonne zu setzen. Doch es ist schwer möglich. Unglaublich. An anderen Tagen spielen sie oft eine Stunde gemeinsam ohne Schwierigkeiten. Warum klappt das bloß heute nicht, wo ich so dringend eine Pause bräuchte?

Ich bin in Versuchung, aufzugeben, den Laden einfach laufen zu lassen. Mich einfach auszuklinken und sie machen zu lassen, was sie wollen. Aber dann nehmen sie mich gar nicht mehr ernst. Sie sind so schon frech und widerspenstig genug.

Wann kommt denn endlich Georg, um mich abzulösen? Er wollte um 15 Uhr von seinem letzten Termin zurück sein, damit ich noch in Ruhe einkaufen gehen kann. Nun ist es 16 Uhr und meine Energie schwindet immer mehr. Ich werde heute gar nichts mehr machen. Eigentlich wollte ich noch duschen und am Abend die Wieselburger Autorengruppe besuchen, die sich einmal im Monat trifft. Es ist eine nette Runde und ich geh da sehr gern hin, doch heute fehlt mir jegliche Motivation. Einfach nur Ruhe. Ich bin so geschlaucht. Dabei hab ich heute neben den Kindern fast nichts geschafft. Was hab ich eigentlich den ganzen Tag getan? Ständig nur reagiert, Streit geschlichtet, aufgeräumt, Katastrophen beseitigt oder verhindert …

Irgendwie merke ich, dass ich mich in einer Negativspirale befinde, die mich immer stärker nach unten zieht. So stelle ich mir den Alltag mit meinen Kindern nicht vor. Und doch gibt es Tage, die einfach schwieriger sind als andere. Wie gehe ich damit um? Ich lasse mich einfach widerstandslos mitreißen und beschließe bereits vor dem Abend, dass dieser Tag einfach sch … ist. Eigentlich hab ich aufgegeben. Ziemlich kampflos.

Wogegen soll ich denn auch kämpfen? Gegen meine Launen? Gegen die Situation, die Kinder, meinen Mann? Falsche Front. Ich gehe nun lange genug im Glauben, um zu wissen, dass es manchmal darum geht, auch geistlich zu kämpfen. Wie Paulus im Epheserbrief 6,12 sagt: »Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Reichs.« Ohne nun gleich den Teufel an die Wand zu malen und ihn für alles und jedes verantwortlich zu machen, hab ich die Macht dieser Finsternis, die alles mit sich reißen will, schon verspürt. In Form von Mutlosigkeit, Verzweiflung, Resignation, Depression etc. Und ich habe schon öfter erlebt, dass ich in Zeiten, wo ich mich nicht bewusst wappne, genau in den Bereichen angefochten werde, wo meine Schwächen sind. Meine Emotionen, meine negative Sichtweise und so weiter.

Was ich in dieser Situation dagegen tun kann, ist zu sagen: Ja, ich fühle mich zwar mies, mutlos etc., aber ich will diesen Gefühlen nicht die Oberhand lassen. Ich lasse nicht zu, dass sie mir und meiner Familie den Tag zerstören. Ich will dem Wort Gottes mehr glauben als allen Lügen, die in meinem Kopf herumschwirren. Ich bete bewusst für die, mit denen ich mich schwertue. Überwinde meine schlechte Laune und mache die Arbeit zum Trotz nun einfach gern. Ich entscheide mich, trotzdem zu lieben, auch wenn es mir sehr schwerfällt. Reagiere freundlich, auch wenn ich eigentlich genervt bin. Es ist reine Selbstdisziplin, die da gefordert ist. Und das durchzuziehen, mich derart selbst zu überwinden, fällt mir sehr schwer. Aber es lohnt sich.

Scott Peck, ein amerikanischer Therapeut, schreibt in seinem – übrigens sehr empfehlenswerten – Buch »Der wunderbare Weg«, dass Liebe ganz viel mit Disziplin zu tun hat. Nun hole ich es mir schnell, um ein paar Zeilen zu zitieren. Der gesamte erste Teil des Buches handelt vom Thema Disziplin als Grundlage psychischer Gesundheit. Im zweiten Teil, der mit »Liebe« betitelt wurde, kommt der Autor nochmals darauf zurück. »Liebe ist diszipliniert« lautet ein Kapitel, das folgendermaßen beginnt: »Ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Energie für die Arbeit der Selbstdisziplin aus der Liebe kommt, die wiederum eine Form des Willens ist. Daraus folgt nicht nur, dass Selbstdisziplin normalerweise in Handlung übersetzte Liebe ist, sondern auch, dass echte Liebe sich selbstdiszipliniert verhält und jede wirklich liebende Beziehung eine disziplinierte Beziehung ist. Wenn ich einen anderen Menschen wirklich liebe, dann richte ich natürlich mein Verhalten so ein, dass es dessen geistige Reife so sehr wie möglich fördert.«

Ich lese lieber nicht weiter. Ich kenne das Buch sehr gut und habe nun genug gelesen, um mich an den Rest zu erinnern. Mir wird klar, dass ich vorhin nicht in Liebe gehandelt habe und meine Selbstdisziplin gerade sehr zu wünschen übrig lässt. Diese Selbsterkenntnis ist zwar ernüchternd, doch der erste Schritt zur Besserung. Ich bitte also meine beiden Söhne um Verzeihung, dass ich sie den ganzen Tag nur angefaucht habe und beschließe, nun zumindest den Rest des Tages gut mit ihnen zu verbringen. Den Einkauf verschiebe ich auf morgen. Und siehe da, plötzlich entspannen wir uns alle und es herrscht ein ganz anderer Umgangston.

1 Abitur in Österreich

Kinder, Kirche, Kuchenkrümel

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