Читать книгу Kinder, Kirche, Kuchenkrümel - Maria Lang - Страница 19

1. Februar, 13.05 Uhr

Оглавление

Der letzte Wintermonat hat begonnen. Wie ich mich nach dem Frühling sehne! Noch bedeckt fleckiges Weiß die Wiesen rund um unser Haus, und die Kinder beten oft, dass noch mal Schnee fällt. Ich kann es ja verstehen, die Ferien stehen bevor und sie wollen unbedingt noch ein paar Mal Skifahren.

Mir persönlich war’s lang genug kalt. Ich hätte nichts gegen einen plötzlichen Frühlingsbeginn … habe mir zur Einstimmung Mini-Iris im Topf gekauft, die einige Tage wunderschön blühten. Doch viel zu schnell sind die kräftig blauen Blüten eingetrocknet … »Geduld, Geduld!«, rede ich mir gut zu, »alles zu seiner Zeit«.

Der Morgen heute ist zuerst hektisch, da Georg mit allen drei Kindern aufbricht, und dann herrlich ruhig. Völlig ungewohnt für mich, diese absolute Stille. Bedächtig bereite ich mir ein bescheidenes Frühstück und eine Tasse Hustentee zu und genieße diese Lautlosigkeit. Behutsam, um jedes laute Geräusch zu vermeiden, tauche ich einen Löffel Honig in den tiefgrünen Tee, der beim Umrühren seine Farbe auf goldbraun verändert. Kindliche Freude erfüllt mich beim Betrachten dieser kleinen »Zauberei«. Bisher ist mir dies noch nie aufgefallen! Es tut gut, einmal ausgiebig in der Gegenwart zu verweilen, ohne in Gedanken bereits fünf Schritte voraus zu sein. Solche kleinen kostbaren Momente sind der Lohn der Langsamkeit.

Nach dem Frühstück beantworte ich ein paar e-Mails, schreibe an einer Übersetzung weiter und will mich gerade ins Arbeitszimmer, mein momentanes Krankenzimmer, zurückziehen, als Georg bereits mit Sara zurückkommt. Sie waren beim Orthopäden, um Georgs Rückenprobleme zu klären. Er hat gute Neuigkeiten: mit etwas Physiotherapie und regelmäßigem Training sollte er wieder fit werden.

Nach einer kleinen Stärkung bringe ich Sara zu Bett und Georg fährt in die Schule, wo er beruflich zu tun hat.

Da ich mich auch etwas matt fühle, beschließe ich, mich eine Stunde lang auszuruhen. Schließlich möchte ich ja schnellstmöglich wieder zu Kräften kommen! Nächste Woche wird Georg für ein paar Tage verreisen, da kann ich es mir nicht leisten, nur halbwegs fit zu sein. Ich döse bis halb zwölf vor mich hin, da höre ich Sara weinen. Schnell stehe ich auf, doch hoppla, mein Kreislauf lässt mich wanken. Vorsichtig an den Handlauf geklammert, bewege ich mich etwas schwindlig die Treppe hinunter. Sara hört, als sie mich sieht, sofort auf zu weinen und streckt mir, in ihrem Gitterbett stehend, erwartungsvoll ihre kleinen Ärmchen entgegen. Sie ist sooo süß! Einige dicke Tränen laufen über ihre Wangen, doch nun, da Mama da ist, strahlt sie. »Ja!«, rede ich beruhigend auf sie ein, »du darfst ja gleich heraus. Aber zuerst wechseln wir noch deine Windel.« Dies scheint ihr im Gegensatz zu sonst sehr recht zu sein und sie legt sich bereitwillig auf die Wickelkommode. »Aha! Großes Geschäft!«, kommentiere ich den Vorgang. Wegen meiner Erkältung rieche ich glücklicherweise fast nichts davon! »Oje! Bis zum Rücken bist du vollgeschmiert! Liebe Sara, ab in die Badewanne!« Schon steht sie splitternackt und nur mit Feuchttüchern gereinigt, auf dem Boden und ich scheuche sie vor mir her ins Bad wie ein etwas zu groß geratenes, federloses Huhn. Sie gackert dabei vor Vergnügen. Das Bad, bzw. unser Baustellen-Zimmer, in dem eine Eckbadewanne steht, benützen wir regelmäßig, obwohl der Boden noch ungekachelt ist. Jahr für Jahr schieben wir dieses Projekt vor uns her, und jedes Mal bekommt etwas anderes den Vorrang. Als mir beim Aufdrehen das Wasser vom Duschschlauch entgegenspritzt und sich auf dem Boden eine große Pfütze bildet, beschließe ich, dieses Projekt voranzutreiben. Das ist doch kein Zustand! Noch dazu mit kleinen Kindern! Wir haben zwar ein zweites, kleineres Bad mit Dusche im Obergeschoss, doch die Kinder lieben es einfach zu baden.

Als Sara rundum sauber mit verschiedenen Plastiktieren spielt, hole ich uns beiden eine Banane und einige Salzbrezeln, die wir fröhlich lachend verspeisen. Sie ist ganz entzückt von meiner Idee, ihre Bananenhälfte erst mal eine Runde in einem Plastikteller schwimmen zu lassen … Welch kindliches Vergnügen, mit meiner Eineinhalbjährigen Zeit zu verbringen! Sara strahlt mich wieder an, als ich mit dem Handtuch komme, lässt sich bereitwillig anziehen und freut sich besonders, als ich ihr erlaube, eine Runde im Zimmer ihrer Brüder zu drehen. Denn das weiß sie schon genau, dass es meistens »Nein« heißt, wenn sie da einfach drauflosräumen möchte … Still lächelnd treffen wir beide die Abmachung, niemandem davon zu erzählen.

Da läutet es an der Tür! Nicht nur einmal, Sturm wird geläutet. »Das kann nur Benni sein!«, rufe ich und schnappe die verdutzte Sara. Als wir endlich unten sind, blickt mich Benni finster durch die verglaste Haustüre an. Seine Unterlippe zuckt und er ist kurz davor loszuheulen. Normalerweise ist untertags nicht zugesperrt. Ich wollte nur sichergehen, dass ich bei meinem Schläfchen vorhin nicht gestört werde und hab es dann ganz vergessen … Schnell lasse ich Benni herein und entschuldigte mich dafür, dass er so lange warten musste. »Mir ist sooo kalt!«, jammert er beleidigt, »und ich hab sooo großen Hunger!« »Zieh mal in Ruhe deine Sachen aus und wärm dich auf«, versuche ich, ihn zu beruhigen. »Essen gibt’s, wenn Papa heimkommt.« »Nein, das ist nicht okay!«, protestiert mein Sechsjähriger, »ich hab jetzt Hunger!« Alles klar. Improvisationstalent ist nun gefragt. Da kommt mir eine Idee. »Weißt du was«, schlage ich meinem Sohn freundlich vor, »ich mach dir eine gute Suppe. Welche hättest du denn gern?« Glücklicherweise hab ich für derartige Notfälle verschiedene Sorten Instant-Suppe zuhause und genau von der Tomatensuppe, die Benni sich wünscht, ist noch ein letztes Päckchen übrig. Puh, Glück gehabt. Denn wenn der erst mal so richtig sauer ist … ist er ein absolutes Spiegelbild von mir, und ich kann ganz schön wütend werden!!!

Aufgewärmt geht es Benni gleich besser und er zeigt Sara und mir seine neuesten Basteleien, die er vom Kindergarten mitgebracht hat. Verschiedenste Zeichnungen, ein Kastanien-Stern, ein zerbrochenes Iglu aus Maisstärke-Stöpseln. Ich bestaune die vielen schönen Dinge, während Sara sich daranmacht, die Einzelteile des Iglus Stück für Stück zu verspeisen. Da Benni nichts dagegen hat, lasse ich sie. Maisstärke ist essbar. Sie hat schon ganz andere Dinge in den Mund gesteckt! Das wäre überhaupt die beste Idee: essbare Spielsachen. Essbare Lego-Steine, die sich beim Kauen auflösen! Wenn die Kinder mal nicht aufräumen wollen, verzichten sie einfach aufs Abendbrot und essen alle auf … Naja, nur so eine Idee. Ich merke, dass ich wieder gesund werde, da ich auf solch skurrile Gedanken komme und dementsprechend mehr rede/schreibe …

Eine Viertelstunde später kommt dann auch Georg nachhause, müde, aber zufrieden, dass er alle wichtigen Erledigungen abschließen konnte. Fritz hat noch Nachmittagsunterricht und kommt später. Ich freue mich, meinem Mann zwei friedliche Kinder zu überlassen und mich nach einem Teller wärmender Ingwer-Hühnersuppe wieder in mein Krankenzimmer zurückzuziehen.

Kinder, Kirche, Kuchenkrümel

Подняться наверх