Читать книгу Näher als du denkst - Ein Schweden-Krimi - Mari Jungstedt - Страница 20

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Karin Jacobsson und Thomas Wittberg spazierten nach der Besprechung zum Östercentrum. Die Fußgängerzone zwischen den Geschäften war nahezu menschenleer. Wind und Regen taten ihre Wirkung. Die beiden liefen zur Passage beim Domus-Supermarkt und schüttelten innerhalb der Glastüren die ärgste Nässe ab.

Das Einkaufszentrum war recht unansehnlich: H & M, ein Schmuckgeschäft, zwei Frisiersalons, ein Ökoladen, ein schwarzes Brett. Der Supermarkt mit seinen Kassenreihen, dann eine Bäckerei, ein Tabakladen mit Lottoannahme, ein Schlüsseldienst. Ganz am Ende die Toilette, die Altglascontainer und der Ausgang zum Parkplatz. Auf den Bänken im Gang sammelten sich bei schlechtem Wetter Trinker sowie müde Rentner und Eltern mit kleinen Kindern, die sich einen Moment ausruhen mussten.

Die Trinker brauchten somit nicht draußen in der Kälte zu sitzen, und solange sie hier nicht tranken, ließen die Warenhauswachen sie in Ruhe. Die meisten hatten aber trotzdem in Hosentaschen oder Plastiktüten ihre Flachmänner parat.

Zwei Penner, die Karin erkannte, saßen am Ausgang auf einer Bank; sie waren schmutzig, unrasiert und ziemlich zerlumpt. Der jüngere von beiden hatte den Kopf an die Wand gelehnt und musterte gleichgültig die Vorübergehenden. Schwarze Lederjacke und verschlissene Turnschuhe. Der ältere Mann in der blauen Tuchjacke und der Pudelmütze saß vorgebeugt da und hatte den Kopf in die Hände gestützt. Schmutzige Haarsträhnen lugten unter der Mütze hervor.

Karin stellte sich und Wittberg vor, obwohl klar war, dass die beiden Männer sehr gut wussten, wer sie waren.

»Wir haben nichts verbrochen, wir sitzen einfach nur hier.«

Der Mann mit der Mütze sah sie aus Augen an, die nicht mehr gerade blicken konnten. Und dabei ist es noch nicht elf, dachte Karin.

»Ganz ruhig«, mahnte Wittberg. »Wir möchten bloß ein paar Fragen stellen.«

Er zog ein Foto aus der Tasche.

»Kennt ihr diesen Mann?«

Der jüngere von beiden glotzte weiter vor sich hin. Er würdigte Karin und Wittberg keines Blickes. Der andere starrte das Bild an.

»Ja, scheiße. Das ist doch Blitz.«

»Wie gut kennst du ihn?«

»Er gehört zur Clique. Lungert meistens hier oder bei der Bushaltestelle rum. Schon seit zwanzig Jahren. Natürlich kenn ich Blitz, den kennen doch alle. Hömma, Arne, weißt du, wer Blitz ist?«

Er versetzte seinem Kumpel einen Rippenstoß und hielt ihm das Foto hin.

»Scheißfrage. Den kennen ja wohl alle.«

Der, der Arne hieß, hatte Pupillen wie Pfefferkörner. Karin fragte sich, was er wohl eingeworfen hatte.

»Wann habt ihr ihn zuletzt gesehen?«, fragte Wittberg.

»Was hat er angestellt?«

»Nichts. Wir wollen wissen, wann ihr ihn zuletzt gesehen habt.«

»Ja, wann war das, zum Teufel. Was ist heute für ein Tag, Montag?«

Karin nickte. Der Mann fuhr sich mit nikotingelben Fingern über das Kinn.

»Ich habe ihn seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen, aber manchmal verschwindet er eben.«

Karin wandte sich an den anderen.

»Und du?«

Der glotzte noch immer ins Leere. Sein Gesicht sieht unter Schmutzschicht und Bartstoppeln eigentlich recht gut aus, fand sie. Er wirkte trotzig und zeigte deutlich, dass er mit der Polizei nichts zu tun haben wollte. Karin unterdrückte den Drang, vor seiner Nase mit den Armen herumzufuchteln, um ihm eine Reaktion zu entlocken.

»Weiß ich nicht mehr.«

Wittberg ärgerte sich langsam.

»Jetzt mach schon.«

»Wieso wollt ihr das wissen? Was ist denn mit ihm?«, fragte der Mann mit der Mütze.

»Er ist tot. Irgendwer hat ihn umgebracht.«

»Was zum Teufel? Stimmt das?«

Beide schauten auf.

»Ja, leider. Sein Leichnam ist gestern Abend entdeckt worden.«

»Ja, scheiße.«

»Und jetzt müssen wir versuchen, den Mörder zu finden.«

»Ja, das ist klar. Wenn ich mir das genauer überlege, dann hab ich ihn vor ungefähr einer Woche bei der Bushaltestelle zuletzt gesehen.«

»War er allein?«

»Er war mit seinen Kumpels da, mit Kjelle und Bengt, glaube ich.«

»Was machte er für einen Eindruck?«

»Was er für einen Eindruck machte?«

»Wie hat er sich verhalten? Schien es ihm schlecht zu gehen, oder wirkte er auf irgendeine Weise nervös?«

»Nein, er war wie immer. Er redet nie sehr viel. Und er war natürlich ein bisschen breit.«

»Weißt du noch, welcher Tag das war?«

»Es muss am Samstag gewesen sein, denn es waren viele Leute unterwegs. Ich glaube, es war am Samstag.«

»Vor einer Woche, also?«

»Genau, und seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.«

Karin wandte sich dem anderen zu.

»Und du, bist du ihm danach noch einmal begegnet?«

»Ne.«

Karin schluckte ihre Gereiztheit hinunter, die ihr wie ein juckender Kloß im Hals steckte.

»Na gut, wisst ihr, ob er in letzter Zeit mit irgendwelchen Fremden zusammen war?«

»Keine Ahnung.«

»Gibt es Leute, die ihn nicht mögen oder die ihm vielleicht etwas antun könnten?«

»Blitz doch nicht, nö. Der hat sich nie mit irgendwem gestritten. Er hielt sich bedeckt, falls du weißt, was ich meine.«

»Sicher, das verstehe ich«, sagte Karin. »Wisst ihr, wo sein Kumpel Bengan steckt, Bengt Johnsson?«

»War der das denn?«

Hinter den Alkoholschleiern sah der ältere aufrichtig überrascht aus.

»Nein, nein, wir würden nur gern mit ihm reden.«

»Hab ihn auch eine Weile nicht mehr gesehen, du?«

»Nö«, sagte Arne.

Er kaute Kaugummi, dass seine Kiefer nur so ächzten.

»Als ich ihn zuletzt gesehen habe, war er mit diesem neuen Kerl vom Festland zusammen«, sagte der ältere. »Mit Örjan.«

»Nachname?«

»Den weiß ich nicht, er wohnt ja noch nicht lange hier auf Gotland. Auf dem Festland hat er gesessen.«

»Weißt du, wo wir Bengt Johnsson finden können?«

»Der wohnt bei seiner Mutter im Stenkumla väg. Da ist er vielleicht.«

»Weißt du die Hausnummer?«

»Ne.«

»Ja, dann, danke für die Hilfe. Wenn ihr irgendetwas hört oder seht, was mit Blitz zu tun hat, dann sagt sofort der Polizei Bescheid.«

»Sicher«, sagte der Mann mit der Mütze und lehnte sich nun ebenfalls gegen die Wand.

Näher als du denkst - Ein Schweden-Krimi

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