Читать книгу Näher als du denkst - Ein Schweden-Krimi - Mari Jungstedt - Страница 28

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Ann-Sofie Dahlström hatte die trockensten Hände, die Knutas je berührt hatte. Außerdem rieb sie sie unaufhörlich aneinander, sodass Hautschuppen sich lösten und auf ihre Knie fielen. Sie hatte das braune Haar im Nacken mit einer Plastikspange festgesteckt. Ihr Gesicht war bleich und völlig ungeschminkt. Knutas sprach ihr als Erstes sein Beileid zum Tod ihres Exmannes aus.

»Wir hatten schon lange keinen Kontakt mehr. Ich habe seit Jahren nichts mehr von ihm gehört.«

Ihre Stimme erstarb.

»Wie war Henry damals, als Sie noch verheiratet waren?«

»Er hat fast immer gearbeitet, auch abends und am Wochenende. Wir hatten kaum ein Familienleben. Vor allem ich habe mich um unsere Tochter Pia gekümmert. Vielleicht war es auch mein Fehler, dass dann alles so gekommen ist. Ich habe ihn wohl ausgeschlossen. Und dann trank er nur noch mehr. Am Ende wurde es unerträglich.«

Typisch Frau, dachte Knutas. Expertinnen dafür, die Schuld für die Sauereien der Männer auf sich zu nehmen.

»In welcher Weise wurde es unerträglich?«

»Er war so gut wie nie mehr nüchtern und vernachlässigte seine Arbeit. Solange er seine Stelle bei der Zeitung hatte, kam er noch einigermaßen zurecht. Die Probleme fingen richtig an, als er sich selbstständig machte und niemand ihm mehr etwas zu sagen hatte. Irgendwann trank er dann auch mitten in der Woche, blieb über Nacht weg, kam seinen Aufträgen nicht nach, weil er nicht zu Terminen erschien oder die fertigen Bilder nicht ablieferte. Am Ende habe ich schließlich die Scheidung eingereicht.«

Während sie das alles sagte, setzten ihre Hände diese bizarre Massage fort. Sie knisterten dabei vor Trockenheit. Dann registrierte sie Knutas’ Blick.

»Ja, im Winter werden sie so, und dann hilft auch keine Salbe. Es kommt von der Kälte. Ich kann daran nichts ändern«, fügte sie mit einer gewissen Schärfe in der Stimme hinzu.

»Nein, natürlich nicht. Verzeihen Sie«, bat Knutas.

Er zog seine Pfeife hervor, um sich auf etwas anderes konzentrieren zu können.

»Wie hat Ihre Tochter Pia auf sein Trinken reagiert?«

»Sie wurde schweigsam und verschlossen. Und war immer seltener zu Hause. Ging angeblich zum Lernen zu Freundinnen, aber sie wurde in der Schule immer schlechter. Sie fing an zu schwänzen, und dann kam die Sache mit dem Essen. Ich habe lange gebraucht, um zu begreifen, dass hier wirklich ein ernstes Problem vorlag. Im zweiten Jahr stellten die Ärzte fest, dass sie an Magersucht litt, und das legte sich erst, als sie vom Gymnasium abgegangen war.«

»Ist sie denn trotz der Krankheit weiter zur Schule gegangen?«

»Ja, sie war wohl kein ganz schwerer Fall, aber dass sie unter Essstörungen litt, stand jedenfalls fest.«

»Und haben Sie Hilfe gefunden?«

»Glücklicherweise kannte ich einen Arzt hier im Krankenhaus, der auf dem Festland in einer Klinik für Magersüchtige gearbeitet hatte. Er hat mir geholfen. Ich konnte Pia überreden, mit mir zu diesem Arzt zu gehen. Sie wog damals bei einem Meter fünfundsiebzig nur fünfundvierzig Kilo.«

»Wie hat Ihr Mann reagiert?«

»Er wollte weder etwas sehen noch hören. Das war kurz vor unserer Scheidung.«

»Was macht Ihre Tochter heute?«

»Sie wohnt in Malmö und arbeitet als Bibliothekarin in der Stadtbibliothek.«

»Ist sie verheiratet?«

»Nein.«

»Kinder?«

»Nein.«

»Und was glauben Sie, wie geht es ihr?«

»Wie meinen Sie das?«

»Wie geht es ihr?«

Die Frau schaute ihm in die Augen, ohne ein Wort zu sagen. Ihre rechte Augenbraue zuckte. Ihr Schweigen stand im Raum. Am Ende wurde es so bedrückend, dass Knutas es brechen musste.

»Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Ihrer Tochter beschreiben?«

»Regelmäßig.«

»Inwiefern?«

»Sie ruft einmal die Woche an. Immer freitags.«

»Wie oft sehen Sie sich?«

»Sie kommt jeden Sommer für zwei Wochen her. Aber dann wohnt sie bei Bekannten.«

»Aber Sie treffen sich mit ihr?«

»Ja, sicher, das schon. Natürlich.«

Näher als du denkst - Ein Schweden-Krimi

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