Читать книгу Gesammelte Werke von Cicero - Марк Туллий Цицерон - Страница 33
XVIII.
Оглавление62. Aber bedenkt, daß ich in meinem ganzen Vortrage nur dasjenige Greisenalter lobe, welches auf die Grundlage des Jünglingsalters gebaut ist. Hieraus folgt das, was ich einmal mit allgemeinem Beifalle sagte: »Traurig sei das Greisenalter, das sich durch eine Rede vertheidigen müsse.« Nicht graue Haare, nicht Runzeln können plötzlich das Ansehen an sich reißen, sondern das frühere ehrenhaft geführte Leben ärntet als seine letzten Früchte das Ansehen ein. 63. Denn selbst die Dinge sind ehrenvoll, die für geringfügig und gewöhnlich gelten: daß man uns grüßt, uns aufsucht, uns ausweicht, vor uns aufsteht, uns von und nach Hause begleitet, uns um Rath fragt: Gebräuche, die man sowol bei uns als auch in anderen Staaten um so sorgfältiger beobachtet, je gesitteter sie sind. Der Lacedämonier Lysander, dessen ich eben 190 gedachte, soll öfters gesagt haben, Lacedämon sei der ehrenvollste Wohnsitz des Greisenalters. Denn nirgends erweist man dem Alter so viel Achtung, nirgends ist das Greisenalter geehrter. Sogar die Geschichte liefert uns einen Beweis dafür. Als in Athen zur Zeit der öffentlichen Spiele ein bejahrter Mann in das Schauspielhaus kam, wo eine große Menschenmenge beisammen saß; so wurde ihm von seinen Mitbürgern nirgends ein Platz eingeräumt. Als er sich aber den Lacedämoniern näherte, die als Gesandte auf einem bestimmten Platze saßen; so standen sie alle auf und räumten dem Greise einen Sitz ein. 64. Da wurde von der ganzen Versammlung ein vielfaches Beifallklatschen erhoben, und Einer in der Versammlung äußerte, die Athener wüßten wohl, was recht sei, aber sie wollten es nicht thun.
Unser Augurenrath 191 besitzt viele herrliche Einrichtungen, aber ganz besonders ragt die hervor, um die es sich jetzt handelt, daß nämlich, sowie Einer an Alter vorgeht, er das Recht hat seine Stimme vor den Anderen abzugeben, und daß ältere Auguren nicht allein vor denen, die ein höheres Ehrenamt verwalten, sondern auch vor denen, die mit dem Oberbefehl 192 bekleidet sind, den Vorrang haben. Sind nun wol sinnliche Vergnügungen mit den Auszeichnungen des Ansehens zu vergleichen? Wer diese auf glänzende Weise genossen hat, der scheint mir das Stück seines Lebens ausgespielt zu haben, ohne, wie ungeübte Schauspieler, im letzten Aufzuge durchgefallen zu sein.
65. » Aber die Greise sind mürrisch, ängstlich, zornsüchtig, grämlich.« Ganz recht, und wenn wir weiter forschen, auch geizig. Aber das sind Fehler der Gemüthsart, nicht des Greisenalters. Indeß lassen das mürrische Wesen und die eben angeführten Fehler einige Entschuldigung zu, allerdings keine wohlbegründete, doch eine solche, welche annehmbar zu sein scheint: sie meinen nämlich, man verachte, verschmähe, verspotte sie; außerdem ist bei einem gebrechlichen Körper jede Beleidigung widerwärtig. Doch alle diese Fehler werden durch gute Sitten und wissenschaftliche Bildung gemildert, wie man es sowol im Leben sehen kann, als auch auf der Bühne an den Brüdern, die in den Adelphen 193 vorkommen. Wie groß ist bei dem Einen die Härte, bei dem Anderen die Freundlichkeit! So verhält sich die Sache. Wie nicht jeder Wein, so wird auch nicht jede Gemüthsart durch die Länge der Zeit sauer. Strengen Ernst billige ich am Greisenalter; doch er muß, wie Anderes, gemäßigt sein; Bitterkeit auf keine Weise. 66. Was aber der Geiz im Greisenalter bedeuten soll, sehe ich nicht ein. Kann es denn wol etwas Ungereimteres geben als, je weniger Weg noch übrig ist, desto mehr Reisegeld zu suchen?