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Maffetone, Feil, McDougall, Gabius vs. afrikanische Ugali-Mast

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Der lange Dauerlauf durch das winterliche München hatte mich sehr zuversichtlich gestimmt. In den nächsten Wochen und Monaten wollte ich mich langsam an meinen bislang längsten Dauerlauf herantasten und die Streckenlänge weiter steigern. Dieses Mal wollte ich aber die letzten Kilometer nicht so einbrechen, wie bei meinem 34-km-Lauf im Januar 2016. Ich war der festen Überzeugung, dass ich spätestens im März oder April zum ersten Mal mehr als 35 Kilometer schaffen würde. Dabei würde ich, wie bisher in meiner Läuferkarriere, während des Laufens auf die Zufuhr von Energie während der Belastung verzichten, soweit zumindest mein Plan. Vielleicht würde ich mir etwas zu trinken mitnehmen bzw. auf dem letzten Drittel der Distanz etwas bereitstellen. Die für mich extrem langen Dauerläufe lagen allerdings in weiter Ferne.

Aktuell beschäftigte mich viel mehr die Frage nach der optimalen Ernährung in der Vorbereitung für die Trailrunning-WM. Ich hatte in den vergangenen Monaten viel experimentiert, und hatte für mich die richtige Ernährung gefunden. Diese basierte zum Großteil auf den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), wobei ich teilweise deutlich mehr Gemüse, Obst und Vollkornprodukte zu mir nahm als damals noch empfohlen. Wie auch immer, ich fühlte mich so fit wie nie zuvor, nicht nur bezogen auf das Laufen, sondern auch im Alltag. Das Thema Ernährung faszinierte mich mindestens so sehr wie die Themen Training und Laufen. Ich las sehr viele Bücher zum Thema Sporternährung, wobei ich die Publikationen aus dem deutschsprachigen Raum relativ schnell durchforstet hatte. Nach kurzer Recherche stieß ich auf den deutlich größeren Markt der englischsprachigen Bücher zum Thema „Ernährung und Laufen“ bzw. „Ernährung und Ausdauersport“. Ich verschlang gleich mehrere englische Bücher, wobei sich ein Großteil dieser Publikationen mit den Thesen von Dr. Phil Maffetone beschäftigte. Maffetones Grundaussage kann man wie folgt zusammenfassen: Der Fettstoffwechsel ist für die Ausdauerleistung von maßgeblicher Bedeutung. Er ist der limitierende Faktor und muss daher trainiert werden. Das kann aber nur gelingen, wenn man dem Körper möglichst wenige Kohlenhydrate zuführt, damit dieser gezwungen wird, den Fettstoffwechsel stärker zur Energiegewinnung heranzuziehen. Da die moderne, westliche Ernährung vornehmlich auf Kohlenhydraten basiert, hat der Körper bei vielen Menschen diese Fähigkeit verlernt. Kurz gesagt: Fette sind gut – Kohlenhydrate sind schlecht. Diese kurze Zusammenfassung wird der Idee von Dr. Maffetone vielleicht nicht ganz gerecht, doch gibt sie den Kern seiner Philosophie wieder. Im deutschsprachigen Raum wird diese Idee von Dr. Feil mit einer nahezu schon unheimlichen Vehemenz vertreten. Sowohl Dr. Maffetone als auch Dr. Feil gehen mit ihren Forderungen sicherlich in die richtige Richtung. Im gleichen Atemzug dazu muss ich auch das andere Extrem nennen, das mir im Buch „Running with the kenyans“ begegnet ist. In diesem Buch beschreibt Adharanand Finn, wie er einige Monate in der kenianischen Läuferhauptstadt Iten verbringt. Dabei beschreibt er auch das Essverhalten der kenianischen Topläufer. Sie vertrauen mehrheitlich auf das Nationalgericht Ugali, eine Art Maisbrei. Mais besteht hauptsächlich bzw. nahezu ausschließlich aus Kohlenhydraten und ist ernährungsphysiologisch kaum besser als ausgewaschenes Weizenmehl. Dazu essen die Kenianer Gemüse. Von einer Fokussierung auf Fette und Eiweiße haben die ostafrikanischen Weltklasseläufer bislang nichts gehört. Das hindert sie aber nicht daran, die Laufwelt, vor allem im Marathon, bei dem ja bekanntlich der Fettstoffwechsel im höchsten Maß trainiert sein muss, zu dominieren.

Auch bei der Lektüre des Buches „Meb for Mortals“ von Meb Keflezighi fiel mir auf, dass ein Weltklasseläufer wie Keflezighi sich einer Mischkost bedient, die vor allem auf Vollkornprodukten, frischem Obst und Gemüse und viel, viel Fleisch basiert. Dass er hier vor allem auf rotes Fleisch zurückgreift, ist natürlich kritisch zu sehen, da der Konsum von zu viel Schweine- und Rindfleisch mittlerweile als gesundheitsbedenklich eingestuft wird. Deutschlands Top-Marathonläufer Arne Gabius verzichtet hingegen komplett auf Fleisch, da er überzeugter Vegetarier ist. Er unterstützt auch die Philosophie von Dr. Feil, ist also das krasse Gegenteil eines Meb Keflezighi und steht auch im deutlichen Widerspruch zur Ernährungsweise der Kenianer. Alleine bei der Betrachtung dieser Läufer wird klar, dass Ernährung ein sehr komplexes Thema ist, vor allem, wenn man sich vor Augen führt, wie unterschiedlich die Herangehensweise bei langen Dauerläufen ist.

So hatte Arne Gabius seine langen Dauerläufe (bis zu 40 Kilometer) ohne Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr gemacht. Einerseits um seinen Fettstoffwechsel zu trainieren, andererseits weil er diese langen Belastungen ohne Probleme auch ohne Essen und Trinken meistern konnte. In „Run with the kenyans“ werden die kenianischen Läufer im Gegensatz dazu sogar von ihren Trainern in Autos begleitet, damit sie während der langen Dauerläufe mit Getränken versorgt werden können. Auch Keflezighi berichtet davon, dass er sich für die langen Dauerläufe Trinkflaschen auf der Strecke deponiert. Diese Unterschiede ließen mich lange überlegen, wie ich meine Ernährung für die Traillauf-WM optimieren könnte. Da 50 Kilometer relativ nahe am Marathon liegen, hatte ich natürlich verschiedene Blaupausen, dazu aber auch jede Menge Fachliteratur, sodass ich all dieses Wissen und die Erfahrungen in einen für mich geeigneten Plan umsetzen musste. In den vergangenen Monaten hatte ich viel experimentiert und war für mich zu folgendem Entschluss gekommen: Eine ausgewogene Ernährung ist wichtiger als eine auf irgendwelche Extreme reduzierte Ernährung. Sowohl Maffetone aber auch Keflezighi und Gabius haben gute und nachahmenswerte Ansätze in ihrer Ernährung, doch wenn man intensiv und umfangreich trainiert, sollte man nicht versuchen, die Ernährung anderer 1:1 nachzuahmen. Denn man kann nur selbst herausfinden, was einem gut tut. Deshalb bin ich weit davon entfernt, meine Ernährungsweise als das Nonplusultra anzupreisen. Ich möchte andere Läuferinnen und Läufer nicht zwingen, genau dasselbe zu sich zu nehmen. Denn einerseits muss man sich mit seinem Essen und seiner Ernährungsphilosophie identifizieren können, andererseits muss es einem auch schmecken, denn Essen soll schließlich Freude bereiten. Nichts ist schlimmer, als sich ständig in Verzicht zu üben und sich selbst bestimmte Genüsse zu verwehren, denn Sport, Beruf und Familie sind mitunter schon Stress genug, da sollte das Essen nicht auch zusätzlich den Alltag erschweren. Eine ausführliche Darstellung meiner Ernährungsphilosophie würde den Rahmen hier sprengen. Aber insgesamt lässt sich meine Ernährungsweise folgt darstellen:

Komplexe Kohlenhydrate (Vollkorn)Viel Gemüse und Obst
Wenige tierische FetteKeine / wenige Süßigkeiten
Viele ungesättigte Fette (Fisch, pflanzliche Öle, Saaten, Kerne, Nüsse)Keine / wenige verarbeitete Lebensmittel
2 x pro Woche Fisch (Meeresfisch)Bunt und vielfältig essen
2 – 3 x pro Woche weißes FleischKein / wenig raffinierter Zucker
Keine Wurst / wenig rotes FleischHochwertige Lebensmittel

Insgesamt achte ich bei der Lebensmittelauswahl darauf, dass diese viele Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine bei geringer Energiedichte enthalten. Vollkornprodukte bilden dabei den Hauptbestandteil meiner Ernährung, wobei ich vor allem auf folgende Produkte zurückgreife: Hafer, Roggen, Quinoa, Hirse und Amaranth. Amaranth und Quinoa sind Pseudogetreide, gehören also streng genommen nicht zu den Vollkornklassikern wie Hafer oder Roggen. Außerdem esse ich sehr oft Hülsenfrüchte, vor allem Linsen, da diese reich an Eiweiß sind.

An meinem Ernährungsplan in der Vorbereitung für die Trailrunning-WM musste ich also kaum etwas ändern, denn im Moment fühlte ich mich mit meiner Ernährung sehr wohl. Ich wog zwar 2 – 3 kg mehr als vor Weihnachten und damit auch etwas mehr als mein Wettkampfgewicht. Doch für die nächsten Wettkämpfe würde ich schon noch auf knapp unter 70 kg kommen. Für die Trailrunning-WM im Sommer hatte ich mir als Gewichtsziel 69 kg vorgenommen. Ein Gewicht, bei dem ich mich zwar nach wie vor wohl fühle, das aber vor allem im Winter oftmals dazu führt, dass ich ziemlich friere. Und da es im Januar über Wochen hinweg deutlich unter 0 °C (Tageshöchstwerte!) hatte, war ich froh, etwas mehr Fett auf den Rippen zu haben, sodass ich zumindest mit einer kleinen Isolierschicht ausgestattet war.

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