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Neue Schuhe sollen es richten – Leichte Schuhe = schnellere Zeiten?

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Wie fast immer am Tag nach einem Wettkampf fühlten sich meine Beine in der Früh richtig fit an. Dieses Phänomen war mir schon sehr oft aufgefallen. 24 Stunden nach einem Wettkampf war ich extrem leistungsfähig, wobei hier die Regel gilt: Je kürzer der Wettkampf ist, desto energiegeladener bin ich. Mittlerweile hatte ich sogar nach Halbmarathonwettkämpfen recht erholte Beine und konnte zumindest einen flotten Dauerlauf machen. An diesem Montag war ich mir vormittags noch nicht ganz sicher, wie lang mein Dauerlauf werden sollte. Ob ich vielleicht sogar zweimal laufen oder am Abend ins Fitnessstudio gehen sollte. Als ich dann aber um 12:20 Uhr im Auto saß und von der Schule nach Hause fuhr, war mir sofort klar, was ich heute trainieren möchte. Die Wolken wurden vom kräftigen Westwind hinweggeblasen, die Sonne blinzelte hindurch und die weißen Berge strahlten. Zudem war es mit 9 °C relativ mild. Ich hatte Lust auf einen langen Dauerlauf, irgendwas um die 20 Kilometer sollten es werden. Dabei fiel mir ein, dass mich auf der Heimfahrt von Kemmern mein guter Freund Florian angerufen und Conny gebeten hatte, in den nächsten Tagen Fotos von den Strohhaufen ihres Onkels Sepp zu machen. Diese Strohhaufen waren von ihm auf die alte Art und Weise, per Hand und Rechen aufgehäuft worden, genauso wie man sie von Vincent van Goghs weltberühmten Werk „Heuschober in der Provence“ kennt. Onkel Sepp wollte ein großes Poster von diesem Motiv in seinem Haus aufhängen, am besten so groß wie möglich. Florian hatte uns am Telefon nur ganz grob die Position dieser Heuhaufen auf einer der Wiesen zwischen dem Kloster Benediktbeuern und dem hiesigen Gewerbegebiet nennen können. Wenn ich also meine 20-km-Runde von Penzberg aus über Bichl nach Benediktbeuern laufen würde, könnte ich vielleicht herausfinden, wo sich die Wiese mit den markanten Heuformationen befand. Bevor ich meine Laufschuhe schnüren konnte, erledigte ich schnell den Wocheneinkauf beim lokalen Discounter. Danach schlüpfte ich aber sofort in meine abgelaufenen, roten Mizunos und machte mich bei strahlendem Sonnenschein und kräftigem Westwind auf den Weg nach Benediktbeuern. Ziemlich genau nach zehn Kilometern entdeckte ich die Wiese mit van Goghs Heuhaufen. Sie waren nur wenige hundert Meter vom Kloster entfernt und boten, bei richtigem Licht, ein absolut außergewöhnliches Fotomotiv. Wie fast schon zu erwarten war, marschierten meine Beine mehr oder weniger von alleine. Es machte einen Riesenspaß, mit 15 km/h durch das flache Benediktbeurer Moos zu laufen, obwohl die Strecke teilweise mit Eis und Schnee bedeckt und an vielen Stellen matschig war. Nach 16,5 Kilometern rechnete ich kurz noch einmal nach: Die Runde würde ziemlich genau 20 Kilometer lang sein, aber eigentlich fühlte ich mich viel zu gut, um nur 20 Kilometer zu laufen. Also lief ich ein paar Umwege extra und erreichte schließlich nach etwas mehr als 22 Kilometern unser Haus. Der gemütliche Teil des Tages konnte nun beginnen.

Ich berichtete Conny von meiner Entdeckung. Als möglichen Fototermin hatten wir mit Florian das nächste Wochenende vereinbart, sofern das Wetter mitspielen würde. Während meine Frau und ich uns unterhielten, stöberten wir zeitgleich in verschiedenen Laufzeitschriften herum, sie in der aktuellen „Runner’s World“, ich in der neuesten Ausgabe der „Running“. Wir wechselten unser Gesprächsthema, wen wundert’s, zum Thema Laufen. Aus irgendeinem Grund fiel mir dabei ein, dass meine Frau gestern mit Klaus über das Thema Cross-Spikes gesprochen hatte. Da er keine eigenen Spikes besaß, hatte er sich welche von einem Lauffreund ausgeliehen. Conny hatte Klaus in diesem Zusammenhang gesagt, dass sie erst vergangene Woche Cross-Spikes im Internet gesehen hatte. Conny ist regelmäßig auf den Internetseiten der großen Sportartikelhersteller, aber auch auf den Seiten vieler Laufschuh-Spezialisten unterwegs, da sie für ihre Athleten immer auf der Suche nach günstigen Sprint- oder Sprungspikes ist. Dabei war sie auch auf die neuesten Cross-Spikes der verschiedenen Hersteller gestoßen, die meistens in der Artikelbezeichnung ein „X“ enthielten. Der englische Buchstabe „X“ wird ja bekanntlich als „Cross“ ausgesprochen, ein überaus raffinierter und einfacher Kniff der Hersteller, um diese Spezialschuhe zu kennzeichnen. Da ich bislang nicht nach Cross-Spikes gesucht hatte, war mir dies logischerweise nie aufgefallen.

Meine aktuellen Cross-Spikes hatte ich bei unserem zweiten USA-Urlaub im Jahr 2012 in Salt Lake City gekauft, genauer gesagt, in der „Salt Lake Running Company“. Damals waren wir Ende August / Anfang September im Westen der USA und wollten unbedingt einmal in einen US-amerikanischen Laufladen. Vielleicht würden wir hier Schuhe und Laufklamotten finden, die wir in Deutschland nicht bekommen würden. Und tatsächlich, neben den auch in Deutschland bekannten Marken stießen wir unter anderem auf Laufkleidung von Under Armour und New Balance. Doch so richtig faszinierte mich die riesige Auswahl an Crosslauf-Spikes. Ich hatte in deutschen Laufläden bislang nie so eine große Auswahl an Crosslauf-Spikes gesehen, genauer gesagt, ich hatte in Deutschland nicht einmal ein einziges Paar Crosslauf-Spikes in irgendeinem Schuhregal erblickt. In den vergangenen 15 Jahren war ich bei Crossläufen immer mit ganz normalen Mittel- oder Langstreckenspikes gelaufen und hatte die 6 Millimeter kurzen Nägel durch 9, 12, 15 oder 18 Millimeter lange ausgetauscht. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich ehrlich gesagt auch noch nie auf die Idee gekommen, mir besondere Spikes für die Geländeläufe zuzulegen, schließlich war ich mit meinen bisherigen Schuhen immer bestens zurechtgekommen. Beim Anblick dieser speziell für den Crosslauf produzierten Hightech-Schuhe konnte ich allerdings nicht widerstehen. Ich ließ mir vom freundlichen und fachkundigen Verkäufer verschiedene Modelle zur Anprobe bringen, wobei ich mich letztendlich für ein orangenes Modell von Asics entschied. Die Farbe hatte im Übrigen grundlegend zu meiner Wahl beigetragen, denn die Trikotfarbe meines Heimatvereins ist schließlich, Sie ahnen es, orange. Der Verkäufer und ich kamen nach meiner Entscheidung ins Gespräch. Ich wollte dabei wissen, warum es hier so viele Crosslauf-Spikes gab, denn normale Spikeschuhe für die Bahn waren zahlenmäßig deutlich unterlegen. Er erklärte mir, dass die Crosslaufsaison direkt vor der Tür stand. Im September und Oktober würden sich wieder zahlreiche Studenten bei den universitären Crosslauf-Wettkämpfen messen. „Cross Country“, so wird der Crosslauf in den USA genannt, erfreut sich an den US-amerikanischen Universitäten großer Beliebtheit, sodass fast jede Uni ein eigenes Cross-Country-Team unterhält. Erst als mein Athlet Max zwei Jahre später ein Stipendium an der Florida Gulf Coast University für das Cross-Country-Team erhielt, konnte ich mir die Begeisterung der US-Amerikaner für diese Sportart vorstellen. Damals war mir diese Popularität gänzlich unbekannt.

Mittlerweile hatte ich diese Spikes bei mehr als zehn Wettkämpfen getragen und war sehr zufrieden mit ihnen. Doch nach dem gestrigen Auftritt kam ich ins Grübeln. In Kemmern hatte ich mir die Spikes meiner Vereinskameraden etwas genauer angesehen. Dabei kam ich zu dem Schluss, dass ihre Schuhe zwar weniger robust wirkten, dafür aber wesentlich leichter waren. Da ich gestern, vor allem im ersten Lauf, extrem schwere Beine hatte und im Schlussspurt meine Füße fast nicht vom Boden abheben konnte, überlegte ich, ob dies vielleicht auch an meinen relativ schweren Spezialspikes gelegen haben konnte. Bislang hatte ich mich nie daran gestört, dass meine Cross-Spikes so schwer wie meine bequemsten und schwersten Laufschuhe waren, also auch bedeutend gewichtiger als meine leichten Straßen-Wettkampfschuhe. Dieses Mehr an Gewicht gab meinen Füßen zwar mehr Halt und Stabilität bei den oftmals schwierigen Streckenverhältnissen im Gelände. Bei den meisten Crossläufen beschränkt sich der Untergrund allerdings auf gut zu laufende Wiesen, die nur selten größere Matschlöcher oder andere Schwierigkeiten enthalten. Würden hier nicht auch leichtere, weniger stabile Crosslauf-Spikes ausreichen, mit denen ich nicht nur Kraft, sondern vermutlich auch Zeit einsparen würde? Sofort begab ich mich im Internet auf die Suche nach den neusten Cross-Modellen von Adidas, Nike & Co. Ich wurde schnell fündig, wobei viele Modelle nicht mehr in meiner Größe verfügbar waren. Letztendlich landete ich bei zwei Modellen, einem von Nike, einem von Brooks. Bei beiden Schuhen war das Gewicht mit ca. 130 – 140 Gramm pro Schuh bei Größe 43 angegeben. Wie viel wog eigentlich mein orangener Asics-Spike? Ich lief sofort hinunter in den Keller, holte meinen Schuh und stieg die Treppe hinauf zur Küche, wo ich die Küchenwaage einschaltete. Ich legte eine Stück Küchenrollenpapier auf die Waage und legte meinen Spike auf dieses: 318 Gramm zeigte die Waage! Okay, die Schuhe waren nicht ganz sauber und hatten jeweils sechs Eisennägel eingeschraubt, zudem waren sie mit Größe 46,5 deutlich größer als die im Internet angegebene Vergleichsgröße von 43. Aber selbst im pessimistischsten Szenario waren meine Asics-Schuhe 50 % schwerer als die Modelle von Brooks und Nike. Im optimistischsten Fall wären es vielleicht sogar 80 – 90 Prozent. Diese Gewichtsersparnis würde sich auf jeden Fall positiv auf meine zukünftigen Wettkampfergebnisse auswirken. Deshalb zögerte ich nicht lange und bestellte mir sofort den Nike Victory XC 3 in Größe 47. Bei der Größe war ich mir nicht ganz sicher, denn bei meinem letzten Nike-Modell, das ich mir gekauft hatte, dem Nike Free RN Flyknit, hatte ich vor drei Monaten die Größe 46 ausgewählt. Laut der Nike-Seite konnte ich den Schuh allerdings problemlos zurückschicken, und noch waren es ja drei Wochen bis zu den deutschen Crosslaufmeisterschaften.

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