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c) Amtshilfe nach DBA, insbesondere Gruppenanfragen

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Doppelbesteuerungsabkommen sind klassische bilaterale Abkommen zwischen zwei Staaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, wenn Steuerpflichtige in beiden Vertragsstaaten die Merkmale der jeweiligen Besteuerungs-Tatbestände erfüllen. Zum Vollzug eines Doppelbesteuerungsabkommens ist ein Informationsaustausch zwischen den Vertragsstaaten notwendig, der sich entweder nur auf die im DBA geregelten Steuern und Tatbestände beschränkt (kleine Auskunftsklausel) oder aber Auskünfte auch über die im DBA geregelten Steuern hinaus vorsieht (große Auskunftsklausel). Die Reichweite der möglichen Auskünfte wird in dem von der OECD herausgegebenen Kommentar zum OECD-Musterabkommen erläutert.[46]

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Inhaltlich reichen die Auskunftsmöglichkeiten (je nach Art der Auskunftsklausel) von Informationen über die Erzielung von Einkünften (z.B. Konten, Grundstücke, Betriebsstätten etc.) und Tatsachen zur Anknüpfung von Besteuerungspflichten (z.B. Wohnorte und Aufenthalte) bis hin zur konkreten Ausgestaltung der Besteuerung im anderen Vertragsstaat (z.B. dort gezahlte Steuer, gewährte Steuerausnahmen oder auch angesetzte Verrechnungspreise).

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Der Weg der Informationen geht von der die Auskunft begehrenden Stelle der Landesfinanzverwaltung über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bonn an die jeweilige Partnereinrichtung im anderen Vertragsstaat, die national die Information beschafft und über den gleichen Weg zurück leitet an die Landesfinanzbehörde.

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Während bisher der Informationsaustausch nach DBA auf den Einzelfall beschränkt war, ist durch eine Änderung des Kommentars zu Art. 27 des OECD-Musterabkommens am 17.7.2012 auch ein Auskunftsersuchen zu einer Gruppe von Steuerpflichtigen möglich geworden, die durch eines oder mehrere gemeinsame steuerlich relevante Merkmale definiert ist.

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Gruppenanfragen beziehen sich nicht mehr nur auf einen konkreten Einzelfall, der mit vielen Details individualisiert werden muss. Es können auch Anfragen bezüglich ganzer Gruppen von Steuerpflichtigen an den anderen Staat gerichtet werden, die dieser bei Vorliegen aller Voraussetzungen beantworten muss.

Beispiel:

Die Bundesrepublik Deutschland bittet die Schweiz um Auskunft, welche deutschen Kapitalanleger mit einem Konto in der Schweiz seit dem 1.1.2013 ihr Konto aufgelöst und das Kapital bar ausgezahlt bekommen haben.

Die Schweizer Behörden können nach Prüfung der Voraussetzungen der Gruppenanfragen die erforderlichen Ermittlungen aufnehmen, in dem sie die in der Schweiz ansässigen Banken befragen. Die Ergebnisse der Ermittlungen werden dann an die deutschen Behörden weitergeleitet.

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Deutsche Erfahrungen mit Gruppenanfragen gibt es bislang nicht.[47] Bekannt geworden sind aber durchaus Gruppenanfragen anderer Staaten, die ausreichend beantwortet wurden.

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Das Verbot der Ermittlungen ins Blaue hinein, der sog. fishing expedition, gilt auch für Gruppenanfragen. Es ist zwar einer Gruppenanfrage systemimmanent, dass die einzelnen Mitglieder der Gruppe im Regelfall nicht individualisiert benannt werden können (sonst könnte eine Einzelanfrage gestellt werden). Um jedoch eine unzulässige fishing expedition zu vermeiden, müssen die Mitglieder der Gruppe hinreichend eingegrenzt werden. Das kann nicht nur mittels eines einzigen Merkmals geschehen, weil dadurch meist noch keine hinreichende Eingrenzung ermöglicht wird.

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Das würde für die Bestimmung der Gruppenmitglieder im obigen Beispiel bedeuten, dass weitere Eingrenzungsmerkmale gefunden werden müssen, um die Gruppe ausreichend genau zu definieren. Es kommen beispielsweise Betragsgrenzen (ab einem Kapital von 1 Mio. EUR oder sogar höher) und Zeitgrenzen (Zeitraum von … bis …) in Betracht. Je mehr sinnvolle Eingrenzungen für das dadurch präzisierte steuerliche Risiko gefunden werden können, desto weniger wird man eine fishing expedition annehmen können.

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Eine weitere offene Fragestellung ist die nach der zeitlichen Grenze für Gruppenanfragen. Man könnte davon ausgehen, dass Gruppenanfragen erst für Zeiträume nach der Umsetzung der Kommentaränderung in nationales Recht zulässig sein werden. Damit könnten im Verhältnis zur Schweiz (Umsetzung ab 1.8.2014) und Österreich (Umsetzung ab 13.6.2014) die hoch interessanten Zeiträume ab 2012 außer Reichweite sein. In Liechtenstein fand die Umsetzung in nationales Recht dagegen bereits zum 1.1.2009 statt, allerdings nur im Verhältnis zu den USA. Das erklärt die hohe dreistellige Anzahl von Gruppenanfragen (aus den USA), von denen mehrere hundert bereits erledigt sein sollen.

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Ungeachtet dieser zeitlichen Grenze wird jedoch auch die Auffassung vertreten, dass mit Gruppenanfragen auch Unterlagen aus der Zeit vor Inkrafttreten der jeweiligen nationalen Regelungen abgefragt werden können, wenn es sich um Unterlagen mit Dauerwirkung wie etwa Kontoeröffnungsunterlagen handelt und das Konto nach Inkrafttreten der nationalen Regelung noch Bestand hatte. Die bei der Kontoeröffnung gemachten Angaben wirken ja während der Dauer des Bestehens des Kontos noch fort. Es ist also davon auszugehen, dass so mancher sichere Hafen nicht mehr ganz so sicher ist.

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