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1. Legalitätsprinzip und Kapazitätsprinzip

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Steuerhinterziehung ist einerseits ein Massendelikt, das allmählich seine Geringschätzung als Kavaliersdelikt verliert. In der Gesellschaft setzt sich die Einsicht der Sozialschädlichkeit von Steuerhinterziehung (zumindest bei den „Anderen“ und den „Großen“) immer mehr durch, obwohl auch viele „Kleine“ gerne bei der Steuer mogeln, wie das Vergehen gerne beschönigt wird. Andererseits unterliegt die Steuerfahndung über das rechtsstaatliche Legalitätsprinzip einem Verfolgungszwang, § 152 Abs. 2 StPO. Es müsste in jedem Fall, in dem sich der Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung zeigt, das Steuerstrafverfahren eingeleitet und Ermittlungen aufgenommen werden.

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Angesichts der Vielzahl von Eingängen im Alltag einer Steuerfahndungsstelle[78] oder eines Finanzamtes für Steuerstrafsachen[79] ist die Ermittlungsbehörde regelmäßig gar nicht in der Lage, diesem Ermittlungszwang nachzukommen. Der Ausweg wird in Bagatellgrenzen gesucht, unterhalb derer keine Ermittlungen aufgenommen werden. Mit dem Legalitätsprinzip sind diese nicht zu vereinbaren, selbst wenn auch strenge Vertreter des Legalitätsprinzips grundsätzlich die Notwendigkeit solcher Bagatellgrenzen anerkennen. Immerhin gibt ja auch das Gesetz in § 398 AO die Möglichkeit einer Einstellung wegen Geringfügigkeit vor, allerdings nur durch die Staatsanwaltschaft oder Bußgeld- und Strafsachenstelle. Die Steuerfahndung müsste jedenfalls vorher erst einmal einleiten, damit anschließend nach § 398 AO eingestellt werden kann. Das wird in der Praxis anders gelebt.

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Das bedeutet für die in der Steuerfahndung verantwortlich handelnden Personen, dass sie sich immer im Zwiespalt befinden zwischen einer Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) einerseits und andererseits der Notwendigkeit, ihre Stelle handlungsfähig zu halten für die größeren Fälle. Dieses Problem wird von den für die personelle Ausstattung der Finanzverwaltung verantwortlichen Mittel- und Oberbehörden letztendlich gerne den „Frontschweinen“ in den Steuerfahndungsstellen und Strafsachenfinanzämtern überlassen, die sich „irgendwie“ durchmogeln müssen. Der Einsicht der Staatsanwaltschaften in diese missliche Situation scheint es zu verdanken zu sein, dass es kaum Verfahren wegen Strafvereitelung im Amt nach § 258a StGB gegen Steuerfahndungssachgebietsleiter und Vorsteher gibt.

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