Читать книгу Punished - Markus Gotzi - Страница 13
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ОглавлениеManchmal ist die Einsamkeit des Genies doch besser zu ertragen als die Dummheit von Gesellschaft! Milton saß vor seinem Laptop und aktualisierte sein Logbuch. Er war noch immer verärgert darüber, wie das Mittagessen in der Kantine verlaufen war. Harold hatte ernsthaft behauptet, der neue Spiderman-Darsteller Andrew Garfield sei in seiner Rolle glaubhafter als Tobey Maguire, der den Superhelden in den ersten drei Filmen gespielt hatte.
Nun brütete er vor seinem Tagebucheintrag. Er notierte Einzelheiten zu seinem kommenden Experiment, war jedoch nur mit einer Hälfte seines Gehirns bei der Sache. Die andere beschäftigte sich noch immer mit Harolds Fehleinschätzung. »Dieser Trottel«, sagte er leise zu sich selbst. »Wie kann er erwarten, mit dieser Meinung ernstgenommen zu werden?«
Schließlich konzentrierte er sich komplett auf sein Experiment. Milton legte die Finger an die Tastatur und vervollständigte seine Datei. Ihm war klar, dass sein Versuch keinerlei wissenschaftlichem Anspruch genügen würde. Darum ging es ihm in diesem Fall auch gar nicht. Er wusste, dass die Bedingungen mit der Sarg-Szene in »Kill Bill« nicht zu vergleichen waren. Er wusste, dass er keine allgemein gültigen Erkenntnisse gewinnen würde. Und trotzdem war das Experiment keine Zeitverschwendung. Im Gegenteil. Auch ohne akademisch zu verwertende Ergebnisse würde es ihm Genugtuung verschaffen. »Manchmal muss Wissenschaft einfach nur Spaß machen«, beendete er seinen Eintrag.
Milton verschlüsselte seinen Eintrag und schaltete den Laptop aus. Aus einer Metallbox unter der Spüle entnahm er zwei Packungen Katzenfutter, Huhn in Sauce und Lachs in Gelee. Er hatte bewusst keine Dosen aus Weißblech gekauft, sondern Verpackungen aus Folie. Diese würde er jetzt und in Zukunft an seine Probanden verfüttern. Er legte die Portionspackungen in den Eimer, zusammen mit zwei Kunststoffflaschen stilles Wasser. Milton schloss die Kellertür auf, ertrug, wie sie über den Boden scheuerte und in seiner Zahnplombe vibrierte, und stieg die Stufen hinab.
Er öffnete die Bodenklappe, schaltete die Taschenlampe ein und kletterte die Holzleiter hinunter. Wortlos trat er an die Zelle des Rothaarigen und warf Huhn in Sauce und eine der Wasserflaschen durch die Gitterstäbe. Gierig riss Suzan die Folie des Katzenfutters auf und schaufelte sich den Inhalt mit den Fingern in den Mund. Im Schein der Lampe schaute Milton gleichsam angewidert und interessiert zu. Wie ein Kind, das eine haarige Spinne dabei beobachtet, wie sie ein lebendiges Insekt aussaugt. Die Sauce lief Suzan das Kinn herab. Sie wischte die Flüssigkeit mit ihren Fingern auf, steckte sie in den Mund und saugte daran.
Milton wand sich ab und trat an die Zelle des Brünetten, gewappnet, erneut mit einem Eimer Fäkalien beworfen zu werden. Doch Yvonne war gezähmt. Sie saß regungslos in der Ecke, so weit von der Gittertür entfernt wie nur möglich. Sie sah aus, als habe sie einen schweren Autounfall gehabt, den sie nur knapp überlebt hatte. Ein Nasenloch hing in Fetzen. Über ihrer Stirn klaffte ein tiefer Schnitt fast bis zur Schläfe. Der behaarte Hautlappen fiel ihr blutig ins Gesicht. Hätte Yvonne ausreichendes Licht gehabt und die Nerven, ihre Wunden zu zählen, wäre sie auf 32 Verletzungen gekommen. Teils leichte Schnitte, bei denen ein Heftpflaster ausgereicht hätte, aber auch tiefe Wunden, vor allem an ihren Armen. Aber keine von ihnen war tödlich. Diesmal hatte sich Milton im Griff, was bei anderen Gelegenheiten nicht immer der Fall gewesen war.
Lachs in Gelee traf sie am Kopf. Die leichte Verpackung beulte ein und fiel zu Boden. Unter dem abgelösten Skalp trat Blut hervor. Obwohl der Treffer schmerzhaft sein musste, reagierte Yvonne nicht. Die Plastikflasche mit Wasser stellte Milton auf den betonierten Zellenboden. Sie fiel um und rollte einige Umdrehungen in Richtung der geschundenen Frau. Yvonne schaute nicht einmal hin.
»So gefällt es mir«, sagte Milton mehr zu sich selbst als zu Yvonne. »Nur ein Affe schmeißt mit seinen Fäkalien. Ist es ein Affe?« Und dann noch einmal, diesmal lauter: »Ist es ein Affe?«
Keine Reaktion.
Milton wand sich ab, klemmte sich die Lampe zwischen die Zähne und stieg die Holzleiter hoch. Mit einem dumpfen Knall wie Donner versiegelte die Falltür den Bunker.
»So, jetzt werden wir ja erleben, wie lange die Luft in einem verschlossenen Raum reicht«, murmelte Milton und ging zu einem Luftrohr, das den Bunker mit Sauerstoff versorgte. Er riss und ruckelte an dem Rad. Es bewegte sich kein Stück. Rost und viele Jahre der Bewegungslosigkeit hatten den Verschluss festgebacken. Vor Anstrengung traten die Adern an Miltons Hals hervor, wie bei einem Bodybuilder, der für den Titel des Mister Olympia posiert. Ein Mr. Olympia in seiner ganz eigenen Gewichtsklasse.
»Verflixt«, schimpfte Milton. »Was für ein Schlamassel!« Er sah sich um und entdeckte eine Pumpenzange im Werkzeugregal. Milton setzte die Zange an das Rad und mühte sich ab.
Ohne Erfolg.
»So ein Mist«, schrie Milton und warf die Zange ins Regal, wo sie ein Glas mit Schrauben traf und es zersplitterte. Die Schrauben regneten auf den Kellerboden. Milton registrierte es, kümmerte sich aber nicht darum. Er durchsuchte den Keller und fand eine Plastikflasche mit Maschinenöl. Opa Norman hatte es vor Jahrzehnten benutzt, um die Kette seines Fahrrades zu ölen. Milton spritzte einige Tropfen auf die Stelle, an der das Rad das Rohr verschloss. Er wartete einige Sekunden und kaute dabei auf den Fingernägeln, bis es ihm auffiel. Angewidert schaute er auf seine Fingerkuppen und wischte sie an der Gesäßtasche seiner Hose ab.
Mit festem Griff packte er das Rad und drehte es mit Gewalt im Uhrzeigersinn. Überraschend leicht ließ es sich bewegen, kaum ohne Widerstand. Milton drehte das Rad bis zum Anschlag und blockierte somit die Luftzufuhr komplett. Er sah auf seine Armbanduhr und merkte sich die Zeit.
»Jetzt bin ich aber mal gespannt«, sagte er, stieg die Treppenstufen hoch und schloss die Kellertür. »Jetzt bin ich aber mal gaaaaanz gespannt.«