Читать книгу Punished - Markus Gotzi - Страница 22
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Оглавление»Wer hat dir erlaubt, umzuschalten?« Milton schaute Lionel strafend an. Er war auf die Toilette gegangen, um sich die Hände zu waschen.
»Jetzt stell dich nicht an. Game of Thrones ist vorbei.«
»Das macht nichts. Nach der Werbung kommt eine Vorschau auf die nächste Folge. Schalt wieder um. Was schaut ihr da überhaupt für einen Mist. Unterschichten-Fernsehen?«
Auf dem kristallklaren 55 Zoll-Bildschirm kämpfte sich ein Mann in verschwitzter Kleidung durch einen Dschungel. Währenddessen erzählte er, wie verirrte Menschen aus so einer grünen Hölle wieder in die Zivilisation zurück finden.
»Setz dich und schau hin«, mischte sich Harold ein. »Das wird dir gefallen. Der Typ, er heißt Bear Grylls, lässt sich irgendwo in der Wildnis aussetzen und muss einige Tage überleben.«
»Warum sollte mir so etwas gefallen? Ich habe es warm, genug zu trinken, und wenn ich etwas essen will, hole ich mir einen Hamb... Iiiiihhh, was macht der denn da?«
»In jeder Folge isst Bear Grylls etwas total Ekliges. Mal eine Spinne, dicke Maden oder einen rohen Frosch. Das ist das Erfolgsgeheimnis der Serie. Die Leute schauen vor allem zu, weil sie sehen wollen, was er diesmal in sich reinschiebt. Ich würde das meiste davon nicht einmal anfassen.«
Auf dem Bildschirm steckte sich Bear Grylls ein Tier in den Mund, das Milton noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Mit offensichtlichem Widerwillen schloss er den Mund um ein Insekt mit vielen Beinen und einem dicken Leib. Eine Art Skorpion, erklärte eine Stimme aus dem Off den Zuschauern. Das Tier zerplatzte in Bear Grylls Mund, und eine rotbraune Brühe tropfte heraus.
»Baaahhh! Wie widerlich ist das denn?«, brüllte Milton, wandte jedoch den Blick nicht ab. »Das ist so ekelig. Mir wird gleich schlecht! Ich kann nicht aufhören, hinzuschauen.«
»Super, nicht?«, fragte Harold begeistert. »Ich hab’s dir doch gesagt!«
»Ich habe mal eine Folge gesehen, in der die ekelhaftesten Szenen zusammengeschnitten wurden. Da hat er Hirschköttel gegessen. Die sahen aus wie Schoko-Rosinen.« Lionel griff beherzt in die Tüte mit Weingummi-Fröschen.
»Ja, das habe ich auch gesehen«, brüllte Harold. »Da hat er Elefantenscheiße ausgedrückt und das Wasser daraus getrunken. Ich musste fast kotzen!«
»Was schaut ihr euch an? Seid ihr krank?« Milton schüttelte den Kopf, nahm sein Glas mit Cola und trank einen kleinen Schluck mit dem Strohhalm.
Bear Grylls hatte seine Mahlzeit inzwischen beendet und stapfte weiter durch den Dschungel. Er hatte einen Hundertfüßer entdeckt und versuchte, das rund 25 Zentimeter lange Tier mit einem Stock niederzudrücken.
»Ein Skolopender«, sagte Milton. »Wenn ihn dieser Bursche erwischt, dann Prost Mahlzeit. Das Gift ist mörderisch. Es..:«
»Jetzt sei doch mal ruhig«, sagte Lionel. »Lass uns doch mal hören.«
Die Stimme aus dem Off informierte gerade darüber, wie giftig und schmerzhaft der Biss eines Skolopenders sei.
»Etwas neues erfahren?«, fragte Milton. »Genau dasselbe habe ich euch gerade auch gesagt.«
»Du Schlaumeier«, meinte Harold. »Bist du vielleicht selbst schon gebissen worden? Oder kennst du jemanden, der gebissen wurde?«
Miltons Blick wurde starr.
Im Fernsehen hatte Bear Grylls gerade Pause. Bekannte und unbekannte Menschen machten Werbung für Winterreifen, Aufback-Pizzas und Bier.
Milton, Lionel und Harold schaufelten sich Kartoffelchips und Weingummi in ihre Münder. Ihre Kiefer mahlten.
Der Sender war inzwischen bei Eigenwerbung für nachfolgende Serien angekommen. Ein paar Typen boten bei einer Auktion um ein paar verschlossene Koffer.
»Was soll das denn«, fragte Milton. »Wer hat Zeit und Muße für solch einen Schwachsinn? Wen interessiert so etwas?
»Manches ist echt nicht zu glauben«, antwortete Harold. »Auction Kings – wer so was guckt, muss echt Langeweise haben.«
»Echt wahr«, meinte Lionel. »Manche Leute kann man offenbar nicht für dumm genug halten.«
Inzwischen machte der Sender Werbung für eine Sendung, in der sich Männer und Frauen tätowieren lassen.«
»Oh Mann«, ätzte Milton. »Wie niveaulos kann man sein?«
»Hab ich auch schon mal geguckt«, bekannte Harold. »Da hat sich eine junge Frau das Jugendbildnis ihrer Oma auf den Arm tätowieren lassen. Darauf trug sie eine Sonnenbrille und hielt eine riesige Pistole in der Hand. Der Tätowierer konnte selbst nicht fassen, was er dem Mädchen stechen sollte. Hat er aber gut gemacht.«
»Ich hab auch mal eine Folge gesehen«, räumte Lionel ein. »Da ließ sich jemand ein Bild seines Hundes auf die Brust tätowieren. Der Typ war schon über und über bekritzelt.«
»Eure Forschungen müssen euch viel Zeit lassen. Kein Wunder, dass ihr nichts Bedeutendes auf die Reihe kriegt«, sagte Milton tadelnd.
»Herr Doktor, jetzt bleib mal auf dem Teppich«, entgegnete Lionel. »Wer nächtelang online League of Legends spielt, braucht mir nichts über Zeitverschwendung zu erzählen.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich war online dabei. Was glaubst du wohl, wer LordLion2000 ist?«
»Das dachte ich mir«, sagte Milton. »Dein zögerlicher Kampfstil hätte dich viel früher verraten sollen.«
»Schwachkopf«, meinte Lionel.
»Warum bieten wir so einem Sender nicht mal ein paar Ideen an«, fragte Harold. »Zum Beispiel ‚Auf dem heißen Stuhl – die Zahnarztpraxis’. Damit hätten wir sogar akademisches Publikum.«
Milton und Harold lachten.
»Oder ‚Beim Schlussverkauf’. Dicke Frauen prügeln sich um Büstenhalter«, meinte Harold.
»Das würdest du zu gerne selber filmen«, entgegnete Lionel und alle lachten.
»Aufgeladen – Die Müllabfuhr-Profis«, sagte Milton.
»Auch nicht schlecht«, kommentierte Lionel. »Oder wie wäre es mit ‚Am Bankschalter – Abenteuer zwischen Überweisung und Scheckeinreicher’.«
»Oder wir filmen, wie Milton den Erstsemestern die Chemie schmackhaft machen will«, lachte Harold. »Das wird zum Geheimtipp für jeden mit Schlafstörungen.«
Milton schaute Harold böse an und legte beide Hände an seine Schläfen.
Harold griff sich an den Hals. »Lionel, hilf mir«, rief er und tat so, als würde er ersticken. »Milton will mich mit seiner Macht erwürgen.«
»Hilf dir selbst«, sagte Lionel mit Blick auf den Fernsehbildschirm. Dort war der Werbeblock zu Ende, und Bear Grylls biss in eine gegrillte Vogelspinne.
»Baahh«, machte Milton. »Uäääh«, grunzte Harold und griff in die Schüssel mit den Kartoffelchips. »Echt ekelhaft!«