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c) Der Leichnam

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Der Leichnam ist, obwohl auf ihn die Definition des § 90 zutrifft, nicht einfach eine Sache wie jede andere, mit welcher der Eigentümer nach Belieben verfahren könnte. Vielmehr gebietet unser Kulturbewusstsein, die Leiche in Übereinstimmung mit gewissen Pietätstraditionen und generell in einer Weise zu behandeln, die weder die Empfindungen der Angehörigen noch der anderen Mitglieder der Rechtsgemeinschaft verletzt (§ 168 StGB). Auch dabei handelt es sich nicht um Rechte des Toten, sondern um Pflichten, die um der Empfindungen der Lebenden willen auferlegt sind. Das Kulturbewusstsein ist wandelbar; die Heilungsmöglichkeiten durch Übertragung von Körperteilen, die von Toten entnommen werden, haben eine geänderte Anschauung zur „Integrität“ des Leichnams entstehen lassen.

Bei der rechtlichen Behandlung von Leichen (-teilen) stehen sich zwei Auffassungen gegenüber:

Die eine sieht in ihnen Sachen (§ 90), auf welche die Eigentumsordnung des BGB jedoch im Hinblick auf die Besonderheit des Gegenstandes nur eingeschränkte Anwendung findet.
Die andere klammert sie aus dem Sachbegriff aus und sieht in ihnen Gegenstände eigener Art („Rückstände der Persönlichkeit“); eine Anwendung der dinglichen Zuordnung kommt nach dieser Auffassung nicht oder nur in sehr eingeschränkter Analogie in Betracht.

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Das Bestimmungsrecht über den Leichnam und seine Teile gebührt in erster Linie der betreffenden Person selbst: Diese kann zu Lebzeiten bestimmen, wer nach ihrem Tod ihre Interessen wahrnehmen soll („Totenfürsorge“, BGH FamRZ 1992, 657). Liegt keine solche Bestimmung vor, so sind die nahen Angehörigen berufen. Für den Fall der Organtransplantation gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz) vom 5.11.1997. In diesem Gesetz sind die „nächsten Angehörigen“ aufgelistet (§ 1a Nr 5).

Auch bei der rechtlichen Behandlung des Leichnams wirkt eine zeitliche Komponente: Von dem Augenblick an, da das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen nicht mehr nachwirkt, wird die „Verkehrsfähigkeit“ der Leiche angenommen, dh sie wird nun endgültig Objekt des Schuld- und Sachenrechts (Moorleichen, Mumien, Reliquien), soweit nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften dem entgegenstehen.

Zu den Problemen: J. Taupitz, Das Recht im Tod: Freie Verfügbarkeit der Leiche? Rechtliche und ethische Probleme der Nutzung des Körpers Verstorbener, 1997; H. Forkel, Jura 2001, 73: C. Ahrens, ErbR 2007, 146; W. Roth, NJW-Spezial 2015, 231.

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