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5. Grundrechte

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Von denkbar größter Bedeutung für das politische wie gesamtgesellschaftliche Leben der Bundesrepublik Deutschland sind die Grundrechte des Grundgesetzes. Symbolkräftig an dessen Spitze platziert (vgl. oben, Rn. 9ff.), vom Bundesverfassungsgericht als „der eigentliche Kern der freiheitlich-demokratischen Ordnung des staatlichen Lebens im Grundgesetz“[444] apostrophiert, weisen sie nicht nur im Verhältnis zur Weimarer Republik, sondern auch im Vergleich mit vielen Verfassungsstaaten unserer Tage eine überragende Tragweite und Relevanz für die Gesamtrechtsordnung auf.[445] Zu Recht hat man davon gesprochen, insbesondere durch seine Grundrechtsjudikatur habe das Bundesverfassungsgericht „weite Teile des Rechtslebens buchstäblich umgepflügt und neu bestellt“[446]. Und speziell die Wirkungen der objektiv-rechtlichen Grundrechtsdimensionen (vgl. unten, Rn. 140ff.) wurden gar als „Wiedergeburt der Rechtsordnung aus dem Geist der Grundrechte“[447] apostrophiert. Diese Bedeutungssteigerung mag umso mehr erstaunen, als der Parlamentarische Rat bewusst auf die Einfügung sozialer Grundrechte und die Regelung der so genannten Lebensordnungen verzichtet und sich weitgehend, wenn auch nicht vollständig, auf die Normierung klassisch-liberaler Garantien beschränkt hatte (vgl. oben, Rn. 11, 34f.). Doch ist diese Zurückhaltung vermutlich schon ein Teil der Erklärung: erst durch die weitgehende Beschränkung auf klassische Grundrechte konnten – von gefestigtem Terrain ausgehend – dann weitere Schritte gewagt werden.

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Nun war einiges an Bedeutungszuwachs zweifellos im Grundgesetz selbst angelegt: so etwa die in Art. 1 Abs. 3 GG klar ausgesprochene Grundrechtsbindung für alle drei Staatsgewalten einschließlich des parlamentarischen Gesetzgebers (vgl. oben, Rn. 12, 86), verknüpft mit einer unmissverständlichen Einordnung als subjektive, unmittelbar einklagbare Rechte; oder die Bestimmung des Art. 19 Abs. 2 GG, wonach Eingriffe in Grundrechte deren Wesensgehalt nicht antasten dürfen (vgl. oben, Rn. 130). Doch über diese keineswegs gering zu schätzenden Aspekte ging die weitere Entwicklung ganz beträchtlich hinaus. Sie lässt sich mit der hier unvermeidlichen Vergröberung als eine Entwicklung der Extensivierung, der Intensivierung und der Entfaltung neuer Dimensionen der Grundrechte i. S. einer Pluralisierung umschreiben.

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