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El Salvador, vor der Küste von San Salvador

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Der Mann in sei­nen kur­z­en Shorts und dem wei­ten, bunt be­druck­tem Hemd, fuhr mit sei­ner Jol­le lang­sam längs­seits ei­ner Jacht, die ei­ni­ge Mei­len vor San Sal­va­dor vor An­ker lag. Man er­war­te­te ihn be­reits. Er ver­täu­te die Jol­le mit den Sei­len, die ihm die Mann­schaft von der Jacht aus zu­warf. Auf dem wei­ßen Boots­lack der Jacht stand in großer matt­schwar­zer Schrift der Na­me "Re­no­va­tio" und hin­ter dem Steu­er­stand flat­ter­te ei­ne klei­ne eng­li­sche Flag­ge im Wind.

Den Treff­punkt in der Stadt hat­te er ab­ge­lehnt. San Sal­va­dor, die Haupt­stadt des klei­nen mit­telame­ri­ka­ni­schen Staa­tes, war be­rühmt-be­rüch­tigt für sei­ne ho­he Mor­dra­te. Vor Be­su­chen in der In­nen­stadt wur­de aus­drück­lich ge­warnt und oh­ne äu­ßerst wich­ti­gen Grund soll­te man da­von ab­se­hen, sie zu be­su­chen. Die Po­li­zei ver­such­te zwar al­les Mög­li­che, aber ge­gen die Ban­den­krie­ge, die in den Stra­ßen tob­ten, konn­ten sie nicht be­son­ders viel aus­rich­ten. Hier auf See droh­te viel we­ni­ger Ge­fahr.

Als er Car­ta­ge­na in Ko­lum­bi­en ver­las­sen hat­te, fuhr er über den Pa­na­ma­ka­nal an die West­küs­te und dann wei­ter nach Nor­den zum Treff­punkt. Die beim Auf­trag ver­wen­de­ten Klei­dungs­stücke hat­te er vor­sorg­lich, wäh­rend der Fahrt, im Meer ent­sorgt. Er klet­ter­te an Bord der Jacht, die leicht auf den Wel­len schau­kel­te. Sein Auf­trag­ge­ber war al­ler­dings nicht hier, son­dern blieb in sei­nem ge­wohn­ten Um­feld. Der Treff­punkt diente nur dem Geldtrans­fer. Das Au­ge des Sü­dens hat­te er an ei­nem Ha­fen, den er an­ge­lau­fen war, um Pro­vi­ant mit­zu­neh­men, auf­be­wahrt. Es soll­te auf kei­nen Fall zu sei­nem Auf­trag­ge­ber ge­lan­gen, be­vor er sei­ne ver­ein­bar­te Ver­gü­tung er­hal­ten hat­te. Man konn­te nie­man­dem trau­en, der einen an­heu­er­te, um Kunst­wer­ke aus ei­nem Mu­se­um zu ho­len. Die­se Leu­te wür­den auch vor ei­nem Mord nicht zu­rück­schre­cken.

Ein Kon­takt­mann reich­te ihm die Hand »Sie wa­ren er­folg­reich, wie wir der Pres­se ent­neh­men konn­ten!«

»Na­tür­lich war ich er­folg­reich, dar­an gab es nie auch nur den ge­rings­ten Zwei­fel«, ent­geg­ne­te er.

»Wo ist das Au­ge?«, woll­te der Kon­takt­mann wis­sen.

»Nicht hier in der Nä­he«, kon­ter­te er selbst­si­cher, »Erst, wenn ich mein Geld ha­be, hin­ter­le­ge ich es an ei­nem Ort, den ich aus­wäh­le und ih­nen dann nen­ne. Soll­te ich von ih­nen ver­folgt oder be­ob­ach­tet wer­den, bleibt es ver­schwun­den.«

Er lach­te keh­lig »Sie sind ganz schön pa­ra­no­id. Wir ken­nen nicht mal ih­ren Na­men!«

»Mein Na­me ist Fi­re­f­ly«, gab er an, »Ei­nen an­de­ren Na­men brau­chen sie nicht zu wis­sen.«

»Mei­net­we­gen«, seufz­te er, »Ha­ben sie den Be­weis da­bei?«

Wort­los zog er sein Han­dy aus der Ta­sche, ent­sperr­te es mit sei­nem Dau­men­ab­druck und öff­ne­te die Bil­der­ga­le­rie. Gleich das ers­te an­ge­zeig­te Bild zeig­te das Au­ge des Sü­dens in sei­ner Ka­bi­ne, das auf ei­ner Zei­tung aus Car­ta­ge­na lag, auf der das gest­ri­ge Da­tum zu le­sen war. Er hielt es dem Kon­takt­mann hin, der es sich ge­nau an­sah.

Mit ei­nem leich­ten Ni­cken setz­te er fort »In Ord­nung« be­vor er mit den Fin­gern schnipp­te. Da­rauf­hin setz­te sich ei­ner der Be­diens­te­ten in Be­we­gung und be­trat durch die dun­kel ge­tön­te Glas­schei­be die Ka­bi­ne. Kurz dar­auf kehr­te er mit ei­nem brau­nen Papp­kar­ton in der Grö­ße ei­nes Schuh­kar­tons zu­rück. Der Kon­takt­mann nahm sie ent­ge­gen, dreh­te sich zu Fi­re­f­ly um und öff­ne­te den De­ckel. Er sah die Schach­tel an­ge­füllt mit ame­ri­ka­ni­schen Dol­lar­no­ten in un­ter­schied­li­chem Wert von ei­nem Dol­lar bis zu 100 Dol­lar. Fi­re­f­ly nick­te ihm zu, wor­auf­hin der De­ckel wie­der ge­schlos­sen wur­de und er ihm die Box über­reich­te.

Der Kunst­dieb ver­schwand wie­der auf sei­ner Jol­le, brach­te den Kar­ton in sei­ne Ka­bi­ne und lös­te dann die Sei­le, mit de­nen er an der Jacht fest­ge­macht hat­te. Mit ei­nem fröh­li­chen Lä­cheln im Ge­sicht fuhr er wie­der da­von. Als die blen­dend wei­ße Jacht am Ho­ri­zont ver­schwun­den war, stopp­te er die Ma­schi­ne und be­ob­ach­te­te mit sei­nem Fern­glas den Him­mel und sei­ne Um­ge­bung. Al­les war ru­hig, stell­te er er­leich­tert fest. Er be­trat sei­ne Ka­bi­ne und kipp­te die Geld­schei­ne auf sei­nen Tisch. Den lee­ren Kar­ton warf er acht­los ins Meer. Dann setz­te er sich hin und zähl­te das Geld, was er be­kom­men hat­te. Das Pa­pier fühl­te sich et­was an­ders an, als er er­war­tet hat­te, aber der Be­trag stimm­te. Es wa­ren ge­nau 325.000 Dol­lar.

Gut ge­launt kehr­te er zu­rück nach Pun­ta­ren­as, in der Nä­he von San José wo er auf dem Hin­weg einen Zwi­schen­stopp ein­ge­legt hat­te. Fi­re­f­ly leg­te wie­der an dem klei­nen Steg an und ging von Bord. Den Schlüs­sel des Schließ­fa­ches, in dem er das Au­ge des Sü­dens ver­wahrt hat­te, steck­te er in einen Luft­pols­ter­um­schlag mit ei­ner No­tiz und brach­te ihn zur Post. Als er das al­les er­le­digt hat­te, setz­te er sich in ein klei­nes Lo­kal und fei­er­te im Stil­len sei­nen Er­folg.

Das Ikarus Puzzle

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