Читать книгу Das Ikarus Puzzle - Matthias Boden - Страница 7
4. Kapitel Kolumbien, Cartagena
ОглавлениеDas Ermittlerteam Cortez und Moreira, denen der Einbruch im Museo del Oro Zenu zugeteilt worden war, rieben sich verwundert die Augen, als sie über ihr System die Antwort von Interpol bekamen.
»Wir sollen 30.000 Menschen überprüfen, weil das, die einzigen mit einem Motiv sind?«, schrie Anelisa Cortez ihren Bildschirm an, »Denen werd ich helfen! Intensive Beratung und religiöse Spinnerei! Was glauben diese Witzfiguren eigentlich, wer sie sind?«
»Ruhig Blut Lisa«, riet Felipe, »So wie ich das lese ist es nicht wirklich ernst gemeint, außerdem kommt es nicht von Interpol aus Frankreich, sondern von Interpol aus Nassau.«
»Nassau auf den Bahamas? Sitzt da irgend so ein Volldepp mit einem Sonnenstich?«, wütete sie.
»Unsinn«, meinte Moreira, »Ein Ermittlerteam von Interpol unter der Leitung von einer Liz Croll.«
»Croll? Sagtest du gerade Liz Croll?«, fragte sie immer noch aufgebracht.
»Ja Lisa. Liz Croll, die ein Ermittlerteam von Interpol leitet. Stationiert in Nassau«, bestätigte er.
»Die hat vor einigen Monaten in Deutschland die Bundeskanzlerin während einer Sitzung verhaftet. Hab ich in den Nachrichten gesehen«, stutze sie.
»Warte, ich sehe mir das mal etwas genauer an«, forderte Felipe und suchte weitere Informationen zusammen. Cortez beobachtete ihn, wie er immer andere Internetseiten aufrief und seine Augen immer größer wurden.
Dann begann er »Du hast recht Lisa! Diese Croll hat mit ihrem Team Forschungsdaten einer Aktiengesellschaft aus Deutschland beschafft, hinter denen die CIA und eine Energiegesellschaft her waren. Die Bundeskanzlerin spielte dabei den Amerikanern in die Hände und sie hat sie wegen Mordes dran gekriegt. Zusätzlich haben sie sieben Mörder aus dem Verkehr gezogen, Zeugen geschützt und die CIA ganz alt aussehen lassen. Ihr Team besteht aus fünf Agenten, die weltweit die Befugnisse von Bundesagenten haben. Namentlich aufgeführt sind das Liz Croll als Leiterin, Michael Korn, als Sicherheitschef und drei weitere deren Namen nicht genannt werden. Stationiert in Nassau unter dem direkten Kommando von Chi Park, dem Direktor von Interpol!«
»Haben die auch Telefon dort?«, wollte sie wissen.
»Ich denke schon, die Nummer steht hier aber nicht. Vermutlich erreicht man die nur über Interpol direkt«, vermutete Felipe.
Anelisa öffnete ihr Telefonverzeichnis auf dem Computer und suchte nach Telefonnummern von Interpol. Neben der allgemeinen Rufnummer des Informationsdienstes fand sie nur die Durchwahl der Zentrale. Ohne lange zu überlegen, tippte sie die angezeigte Nummer in ihr Telefon und hielt es sich ans Ohr.
»Interpolzentrale. Sie sprechen mit Miriam Deveraux«, meldete sich eine freundliche Stimme mit schwerem französischen Akzent.
»Anelisa Cortez. Hauptkommissarin der kolumbianischen Polizei. Ich hätte gerne die Durchwahl zum Ermittlerteam von Liz Croll in Nassau«, sprach sie etwas angegriffen in ihr Telefon.
»Tut mir leid Miss Cortez, ich darf diese Nummer aus Sicherheitsgründen nicht herausgeben. Ich werde das Team bitten, sich telefonisch bei ihnen zu melden. Kann ich sonst noch etwas für sie tun?«, fragte die Stimme nach einer gefühlten Ewigkeit.
»Nein. Sie soll sich nur schnellstens melden«, gab Cortez zurück und trennte die Verbindung.
Unruhig wartete sie eine Weile, doch ihr Telefon blieb stumm. Cortez widmete sich wieder ihren Ermittlungen. Der Bericht der Spurensicherung würde erst morgen früh auf ihrem Schreibtisch liegen. Seit sie in der Nacht aus dem Bett geholt wurde und am Tatort die Ermittlungen aufgenommen hatte, war sie noch keinen Schritt weiter gekommen. Die ganze Angelegenheit ergab keinen Sinn in ihren Augen und sie stellte eine Anfrage bei Interpol über Kunstdiebstähle, die offensichtlich nicht wegen des Wertes begangen wurden. Aber auch Interpol selbst konnte ihr in dieser Richtung nichts Konkretes nennen. Die einzige Hilfestellung war diese Nachricht aus Nassau, die für ihre Wut wie eine Triebfeder wirkte. Fast eine Stunde war vergangen, bis ihr Telefon sie aus ihren Überlegungen riss. An Interpol dachte sie schon überhaupt nicht mehr.
»Cortez«, meldete sie sich.
»Korn. Interpol. Sie baten um einen Anruf«, erklang eine dunkle Männerstimme.
Sie brauchte eine Sekunde, bis sie sich erinnerte. Dann flammte wieder ihre Wut auf »Ich wollte diese Croll sprechen«, blaffte sie.
»Miss Croll hat anderweitig zu tun. Ihr kleiner Arsch muss sich mit mir begnügen! Was kann ich gegen sie tun?«, fragte er.
»Sie halten sich wohl für sehr witzig«, stellte sie erbost fest, »Ihre Hilfestellung, wenn man das überhaupt so bezeichnen sollte, grenzt an Beleidigung und diese Croll hat nicht einmal den Mut sich persönlich zu melden, sondern schickt ihren Laufburschen.«
»Sperren sie die Lauscher auf Cortez! Ich bin weder der Laufbursche einer Miss Croll, noch einer ihrer Lutscher aus dem Ausbildungsprogramm, der mit dem Schwanz wedelt, weil eine dumme Pute aus dem Büro quengelt. Kommen sie zum Punkt, oder scheren sie sich zum Teufel!«, raunte er.
Cortez musste schlucken. Dieser Mann am Telefon drückte ihr harte Ansagen an den Kopf, anstatt sich professionell zu geben. Sie war fuchsteufelswild und er die Ruhe in Person. »Den Teufel hab ich hier am Telefon«, schrie sie, »Gibt es überhaupt irgendeinen schwachsinnigen Agenten bei ihrem Verein, der etwas von seinem Job versteht, oder nur Maulhelden am Telefon?«
»Falls ich nach Kolumbien kommen sollte, wird es mir eine Freude sein, ihr dämliches Gesicht einer kostenlosen Schönheitsoperation zu unterziehen«, drohte er mit ruhiger Stimme, bevor er unterbrochen wurde. Es meldete sich eine helle Frauenstimme »Miss Cortez, hier spricht Leonie Keller von Interpol. Bitte entschuldigen sie Mister Korns auftreten. Was können wir für sie tun?«
»Außer ihren Vorgänger auf eine Benimmschule schicken meinen sie? Wie wäre es denn zur Abwechslung mal mit professioneller Zusammenarbeit unter Ermittlungsbehörden?«, rief sie.
»Miss Cortez, Mister Korns Benehmen steht hier nicht zur Debatte. Er macht seinen Job sehr gut, nur die Kommunikation ist nicht sein bevorzugtes Betätigungsfeld. Seine Ausdrucksweise ist zugegeben mehr als ungewöhnlich, aber ihre Wut verkompliziert das Ganze unnötig. Was für Hilfe benötigen sie?«, führte sie aus.
»Wir wollen wissen, ob es bereits ähnliche Diebstähle auf der Welt gab, die mit dem Vorfall in Cartagena heute Nacht vergleichbar sind, und uns nicht durch ein Team, das sich auf den Bahamas sonnt, verspotten lassen«, forderte sie.
»Wir haben nicht die Zeit, uns in die Sonne zu legen Miss Cortez. Wir ersticken hier im Papierkrieg und ihre Anfrage haben wir heute Morgen unter die Lupe genommen. Unsere Einschätzung haben sie wohl erhalten. Wir denken, dass ein religiöses Motiv der Zenu dahintersteckt. Unser Computerspezialist hat sich übrigens die Mühe gemacht, alle Kunstdiebstähle der letzten 20 Jahre mit dem Vorfall heute Nacht zu vergleichen. Dabei gab es keine Gemeinsamkeiten«, erörterte die Frau am Telefon.
Cortez wurde etwas ruhiger, »Die Bevölkerungsgruppe der Zenu umfasst etwa 30.000 Menschen in Kolumbien, wir können nicht jeden einzelnen überprüfen nur, weil Interpol ein religiös motiviertes Verbrechen vermutet. Noch dazu, weil es nicht einmal von Interpol selbst kommt, sondern von einer Truppe Wochenendermittler aus der Karibik!«
»Diese Wochenendermittler Miss Cortez, wie sie uns nennen, sind ein Team von Spezialisten aus der ganzen Welt, die Fälle lösen und Ermittlungsbehörden hilft, wenn man uns dort anfordert, weil sie selbst nicht weiter wissen!«, belehrte sie.
»Verstehe«, nörgelte sie, »Diese Spezialisten trinken ihre Cocktails am Strand und ihre einzige Hilfe besteht aus dämlichen Einschätzungen die sie über das Internet verbreiten.«
»Ich würde gern mit Miss Crolls Einverständnis helfen, allerdings sollten sie sich, Miss Cortez beruhigen, und einer anderen Ausdrucksweise befleißigen, ansonsten laufen sie Gefahr von Miss Croll und Mister Korn vorzeitig aus dem Polizeidienst aufgrund ihres Todes auszuscheiden. Außerdem möchte ich noch anmerken, dass ich schon die ganze Zeit versuche, freundlich zu bleiben, was mir aufgrund ihrer Aussagen immer schwerer fällt«, gab sie mit gereizter Stimme zurück.
»Wissen sie was Miss Keller. Kommen sie mit ihrem Team doch hier vorbei, dann gebe ich ihnen gerne Nachhilfe. Vergessen sie aber Croll und Korn nicht, solche Kräuter rauch ich in der Pfeife!«, giftete sie.
»Ich werde ihr Anliegen bei Miss Croll vorbringen!«, versprach Leonie und legte dann auf.
Diese Truppe von Interpol macht wohl Witze? Spezialisten wollen das sein? Das sind eher ein paar Mitarbeiter die sich in die Hose machen, wenn man sie mit einem Bleistift bedroht. Sollen sie nur kommen, dann erleben sie eine echte Spezialistin bei der Arbeit und lernen vielleicht noch etwas dabei. Mittlerweile war es zu spät, um etwas zu erreichen. Vor morgen würde sie kaum noch Hinweise erhalten, die das dunkel erhellen.
»Felipe«, sprach sie ihren Kollegen an, »Heute können wir nichts mehr erreichen. Wir brauchen den Bericht der Spurensicherung. Das Museum bleibt bis auf Weiteres geschlossen, bis wir alles genau durchsucht haben. Wenn die nur mal etwas Schneller wären mit dem Suchen.«
»Du hast wie immer recht Anelisa. Lass uns nach Hause gehen und ein bisschen schlafen«, sagte er fröhlich.
»Ach, bevor ich es vergesse. Vielleicht kommen diese Pfeifen von Interpol dazu, die dürfen dann ein bisschen zusehen und lernen, wie man Verbrechen aufklärt«, grinste sie.
»Stell dir das nicht so einfach vor. So weit ich das gesehen habe, sind die alles andere als zu unterschätzen«, warnte er.
»Du glaubst doch nicht im Ernst, das diese fünf Bleistiftjongleure irgendwas herausfinden«, lachte sie.
»Wenn sie wirklich hier vorbeikommen, bin ich mal gespannt, wie sie vorgehen. Allerdings glaube ich nicht das sie sich mit unserem Fall beschäftigen werden, die haben sicher Besseres zu tun«, gab er zu bedenken.
»Wenn diese Croll wirklich was taugt, und ich bin überzeugt davon, dass sie über sich selbst denkt, die beste zu sein, dann kommt sie mit ihren Speichelleckern vorbei. Und ich werde ihr und diesem Korn zeigen, was ich mit Versagern anstelle, wenn sie sich traut!«
»Anelisa, du bist eine gute Ermittlerin, nicht umsonst hast du zur Hauptkommissarin gebracht, aber dieses Team von Interpol wurde nicht aufgestellt, um Papiere zu sortieren, sondern einzugreifen, wenn die nationalen Ermittler Hilfe brauchen.«
»Ich wollte einfach nur von diesen Armleuchtern wissen, ob es so was in der Art schon gab. Das einzige, was sie konnten, waren bescheuerte Ratschläge zu geben«, klagte sie mit böser Stimme.
»Manchmal solltest du etwas besonnener vorgehen. Du regst dich zu schnell auf und stehst dir manchmal selbst im Weg«, versuchte er leichte Kritik.
»Erzähl keinen Blödsinn Felipe«, reagierte sie dünnhäutig, »Ich bin kein Püppchen, was ihr Krönchen sucht, sondern Ermittlerin im Raubdezernat.«
Felipe Moreira erwiderte nichts mehr darauf. Anelisa war offiziell seine Chefin und reagierte sehr empfindlich auf Kritik. Um sie ausflippen zu lassen, bedurfte es nur einer Kleinigkeit und das wollte er jetzt nicht mehr riskieren. Aber dieses Team von Interpol würde ihr wahrscheinlich sehr schnell die Laune verderben, wenn sie denn kamen.