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13. Kapitel Kolumbien, Cartagena
ОглавлениеIm Hauptquartier des Interpolteams kam Michael auf Liz zu, um ihr zu erklären, was passiert war. Ausführlich schilderte er der Chefin des Teams, was die beiden Kommissare ihnen versuchten zu entlocken. Die Chefin des Teams konnte Leonies Reaktion nachvollziehen und bat ihn, seine Verlobte weiter zu beruhigen. Liz machte sich einige Gedanken bevor sie die beiden zu sich rief.
Paredes und Moreira standen wie Schulkinder vor der kleinen Liz, die ihnen eine Ansage machte »Hört mal ihr beiden, es ist kein großes Geheimnis, das meine Kollegen ungesetzlichen Aktivitäten nachgegangen sind. Auch ich selbst habe bei unserem ersten großen Einsatz zum Projekt Lucien einige Dinge zugelassen und selbst durchgeführt die strafrechtlich verfolgt werden. Mein Team operiert in einer rechtlichen Grauzone zwischen Ermittlungsbehörden einziger Länder und Interpol, allerdings mit jeglicher Berechtigung. Wir müssen uns nicht an einzelne Gesetze der Länder halten, wenn sie uns im Weg stehen. Mike ist ein Hacker, der bereits in den USA für einige Jahre eingesperrt war. Seine Verlobte, Karyani, hatte unzählige Strafbefehle in aller Welt offen. Michael hätte wegen gefährlicher Körperverletzung auch einige Zeit im Gefängnis zubringen müssen und Leonie hat mehrere Menschenleben auf dem Gewissen. Ihr dürft nicht vergessen das, obwohl wir genügend Strafbefehle offen haben, auf der richtigen Seite des Gesetzes stehen und mitunter auch zu Mitteln greifen die Polizeibeamten eben nicht dürften. Interpol selbst deckt uns, damit wir so operieren können. Im Endeffekt zählt bei uns nur das Ergebnis. Bisher haben wir in diesem Fall keine Gesetze übertreten und waren völlig legal unterwegs. Es kann allerdings passieren, dass wir zu etwas anderen Mitteln greifen müssen. Ihr beiden seid zum Lernen hier, um besser zu werden. Falls wir aber zu verschiedenen Mitteln greifen müssen seid ihr als Mittäter dabei. Überlegt euch aber gut, ob ihr das unter euren Kollegen erzählen wollt. Mir und meinem Team wird nichts passieren, aber ihr beiden seid euren Job los und landet hinter Gittern. Versucht nicht, uns zu entlocken, was wir alles angestellt haben. Wenn es euch etwas angeht oder meine Leute denken ihr könntet das Wissen, werden sie es euch auch sagen. Aber Informationen aus ihnen herauszulocken ist keine Option. Habt ihr das verstanden?«
Dolores und Felipe nickten und antworteten betroffen mit einem eindeutigem »Ja!«
Paredes fügte hinzu »Es tut mir leid. Neugier gehört zu meinem Beruf.«
»Neugier bringt nicht nur Katzen um«, antwortete Liz.
»Ich denke, wir sollten uns bei Miss Keller und Mister Korn entschuldigen«, befand Moreira und wollte sich auf den Weg zu den beiden machen. Liz hielt ihn am Arm zurück und riet ihm »Es wäre besser, Miss Keller aus dem Weg zu gehen. Sie ist wütend und ihr Verlobter versucht sie zu beruhigen. Wenn ihr beiden jetzt nur ein falsches Wort verliert, nimmt euch Mister Korn wie eine Stoffpuppe auseinander!«
Moreira verharrte auf der Stelle und sah Liz erschrocken an. Paredes trat hinter ihn und erklärte, das Michael seine Verlobte unter allen Umständen schützen würde. Liz nickte beiläufig und erklärte ihnen das Leonie für Michael genau so handeln würde und es besser war sie in diesem Moment in Ruhe zu lassen. Sie zog die beiden Kommissare zu Mike und Karyani die alle infrage kommenden Kunsträuber zusammengetragen hatten. Die Liste umfasste mittlerweile weit über 100 Personen der bisher bekannten Diebe, die bereits einmal identifiziert wurden. Die beiden Agenten versuchten immer noch einige Namen von der Liste streichen zu können.
Zusammen gingen sie noch einmal die bekannten Fakten über den Täter durch. Wenig später gesellte sich Michael zu der Gruppe und gab Mike einen Hinweis »Ich denke, unser Täter ist mit einem Boot verschwunden. Vielleicht hilft uns das ein bisschen weiter, ihn zu finden!«
»Wie kommst du darauf Michael?«, fragte Karyani, ohne sich umzudrehen.
»Er ist durch den Keller ins Meer verschwunden«, erklärte er, »Die Polizei hat sämtliche Flughäfen überprüft und nichts gefunden. Wie kommt man also am besten aus Kolumbien heraus, ohne die Grenze im Landesinneren zu überqueren?«
»Du hast recht, Michael«, stimmte Karyani zu, »Aber wie hilft uns das jetzt?«
»Nutzt das für die Rasterfahndung. Entweder hat der Dieb ein Boot, oder er kann zumindest damit umgehen«, riet Korn und kehrte dann zu Leonie, die immer noch leicht sauer auf ihrem Stuhl saß, zurück. Er kümmerte sich liebevoll um sie. Dolores Paredes wagte sich von dem aufgebauten Computer weg und auf die beiden zu. Auf halbem Weg fand ihr Blick die Augen von Michael, der sie misstrauisch musterte. Vorsichtig erkundigte sich die junge Kommissarin ob es für Leonie in Ordnung ist, wenn sie ein paar Worte an sie richtet. Leonie nickte ihr nur mit den Augen zu, während Michael sanft seine dicken Arme um sie legte, um sie zurückzuhalten, falls es nötig werden sollte.
»Miss Keller«, begann Paredes mit leiser Stimme, »Es tut mir leid, dass ich versucht habe ihnen Informationen zu entlocken. Ich kann mich nur dafür entschuldigen, dass ich sie verärgert habe. Verzeihen sie mir meine Neugier.«
Als sie sich schon umgedreht hatte um wieder zu gehen, sagte Leonie zu ihr »Miss Paredes, bleiben sie kurz hier!«
Dolores erstarrte in der Bewegung und wandte sich den beiden wieder zu, als Leonie fortsetzte »Es waren nicht sie, die mich auf die Palme gebracht hat, sondern ihr Kollege der einfach nicht aufhören konnte nachzufragen.«
»Ich habe wohl auch einen großen Anteil daran«, gab sie zu.
»Nicht wirklich«, widersprach Leonie, »Es ist nur sehr gefährlich, mich zu provozieren. Ich bin nicht stolz auf die Arbeit, die ich getan habe, bevor ich zu Interpol kam. Seitdem ist mir so viel Gutes widerfahren, wofür ich nicht einmal Worte finden könnte. Angefangen mit diesem wundervollen Mann an meiner Seite, über unsere Kollegen, die inzwischen für mich so etwas wie eine Familie sind, bis hin zu einem völlig neuen Lebensgefühl. Ich habe weit über einhundert Menschen getötet und meinen Tod vorgetäuscht, um dieses Glück erfahren zu dürfen. Je mehr ich darüber preisgeben muss, umso mehr Angst habe ich davor das alles wieder zu verlieren.«
Paredes war geschockt von diesem Geständnis, was Leonie abgelegt hatte »Das kann ich verstehen Miss Keller. Ich verspreche, dass niemand etwas davon erfährt.«
»Das wäre auch besser Miss Paredes«, unterbrach Michael, »Falls jemand davon Wind bekommt und meine Verlobte verurteilt wird für die Verbrechen, die sie begangen hat, in ihrer Vergangenheit werde ich jeden Einzelnen höchstpersönlich hinrichten.«
»Mord aus Liebe? Gutes Motiv Mister Korn!«, versuchte sie zu scherzen.
Michael warf ihr einen bedrohlichen Blick zu »Nicht nur aus Liebe Miss Paredes. Ohne Leonie wäre ich entweder schon lange tot, oder ein Mensch, den sie lieber niemals getroffen hätten. Sie hat mein Leben gerettet und mich so weit entschärft, dass andere Menschen mit mir Leben können.«
»Ich möchte besser gar nicht mehr darüber erfahren«, schloss Paredes das Thema ab.
In diesem Moment rief Liz zu ihnen herüber »Könntet ihr euch bitte auf unsere Aufgabe konzentrieren? Die Liste ist auf 37 potenzielle Täter gesunken!«
»37 sind mir immer noch 36 zu viel, Liz«, rief Michael zurück.
»Dann hilf mit, dass wir Weitere streichen können«, verlangte Mike.
Die drei erhoben sich und gesellten sich zu den Kollegen. Moreira wich automatisch einen Schritt zurück, als die kleine Leonie kam. Er hatte große Angst vor ihr und ihrem Verlobten, weil er nicht aufhören konnte, sie zu befragen. Seit er unter Cortez gearbeitet hatte, war es seine Aufgabe gewesen, so viel wie möglich über andere herauszufinden wie überhaupt nur möglich. Heute allerdings hatte er sich mit zwei Menschen angelegt, die ihn ganz einfach fertigmachen konnten, und diese kleine blonde Frau hatte ihm sogar schon angedroht ihn zu erschießen. Ihr Verlobter hingegen würde nicht einmal eine Waffe dafür benötigen, um das zu erreichen. Korn war eine imposante Erscheinung mit seiner Größe und dem Körperbau. Es war unmöglich, für Moreira zu unterscheiden, in welcher Stimmung dieser Riese gerade war. Seine Mimik, der raue Ton und auch sein ganzes Verhalten ließen keinen Rückschluss auf seine Verfassung zu. Während Leonie Keller leicht rote Farbe bekam, wurde sie deutlich ungehaltener und gab eine ganze Batterie an Warnsignalen ab. Korn dagegen war die Ruhe in Person geblieben, hatte sich um seine Liebste gekümmert und sich nicht mehr um ihn bemüht.
»Was sind das für 37 Hampelmänner, aus denen wir wählen dürfen?«, fragte Korn etwas missmutig.
»Alle die bisher übrig blieben Michael. Wir brauchen noch mehr, um sie weiter einzugrenzen«, gab Mike wie eine Computerstimme klingend zurück.
»Gleich die Liste mit den Besitzern der Boote, ab die zum Zeitpunkt des Raubes gemeldet waren, vielleicht taucht da jemand auf!«, rief Liz.
Mike gab einige Befehle in seine Tastatur ein, rief eine Liste mit Booten, die gemeldet waren auf und ließ sie vom Computer vergleichen. Nach kürzester Zeit fanden sich keine Gemeinsamkeiten, wie er enttäuscht verkündete.
Liz wandte sich ab, lief im Kreis im Hauptquartier vor sich hin, als sie sich das Kinn rieb und murmelte »Also kein Besitzer eines Wasserfahrzeugs, dann kann er es nur gemietet haben, um damit zu verschwinden. Aber dann dauert es eine ganze Weile, denjenigen ausfindig zu machen, der es gemietet hat. Heißt bis wir den Namen erfahren und anfangen können ihn zu suchen ist der neue Flughafen in Berlin schon eröffnet und der Mars ist besiedelt …«
Da unterbrach sie Mike aufgeregt »Liz, hier wird gerade ein zweiter Raub gemeldet. In den USA ist der Saphir "Big Blue" während eines Transports zu seinem Besitzer gestohlen worden!«
Die Chefin blieb stehen, starrte in seine Richtung und rief »Während eines Transports?«
»Ja. Er war im Los Angeles County Museum of Art ausgestellt und wurde in einer gesicherten Kiste mit einem gepanzerten Transporter zum Flughafen gebracht, dort in eine Privatmaschine verladen und nach New York geflogen. Bei der Ankunft überprüfte man den Saphir und stellte fest, dass er aus eingefärbtem Zirkoniumdioxid nachgebildet worden war«, berichtete der Hacker, der es von seinem Bildschirm ablesen konnte.
»Eingefärbtes Zirkoniumdioxid? Was zum Teufel ist denn das schon wieder?«, fragte Liz barsch.
Michael musste ein bisschen schmunzeln als er erklärte »Aus Zirkoniumdioxid macht man auch täuschend echte Diamanten. Sehen wirklich aus wie Echte, sind aber fast nichts wert. Kann sogar in einem 3-D-Drucker verwendet werden und ist in großen Mengen verfügbar.«
»Woher wissen sie das?«, fragte Paredes dazwischen. Michael schenkte ihr einen strengen Blick. Das war nicht der richtige Zeitpunkt so eine Frage zu stellen.
»Von L.A. nach New York dauert es eine ganze Weile. Aber zumindest wissen wir, dass der Dieb in Los Angeles zugeschlagen hat«, gab Karyani an.
Liz fragte sofort nach »Wie kommst du auf die Idee?«
»Liz, wir sind in Cartagena. Mit einem hochseetauglichen Boot kommt man durch den Panama-Kanal ohne große Probleme direkt an die Westküste der Vereinigten Staaten. Das Los Angeles County Museum of Art ist extrem schwer gesichert und kaum zu knacken. Die Frage ist, wie unser Dieb erfahren hat, dass dieser Saphir zurück nach New York geschickt wird«, ergänzte sie.
»Hm, mal angenommen unser Dieb steckt dahinter, würde es vom zeitlichen Ablauf ziemlich gut passen«, dachte Liz laut nach, »Allerdings sollten wir feststellen können, welche schwimmende Nussschale von Cartagena an die Westküste der USA geschippert ist. Damit hätten wir zumindest mal einen Namen.«
»Ähm, mit Verlaub Queen Croll. Ich denke die USA, sind nach unserer letzten Aktion noch extrem angepisst und werden sich einen Dreck um unsere Anfrage kümmern, wenn überhaupt«, erläuterte Michael, der dabei Leonies Nacken massierte.
»Ich hasse es, wenn ich dir recht geben muss«, schimpfte Liz gespielt, »Dann lasst uns denen einen Besuch abstatten. Sollen sie eben mal ihre Donuts lutschen, während wir ihren Job übernehmen. Mike, mach unsere Maschine klar und buch für uns fünf Zimmer in Los Angeles. Kary, du verschaffst uns einen Überblick über den Fall. Leonie, Micha und die beiden Azubis brechen unsere Zelte hier ab und ich informiere Roussel«