Читать книгу Das Ikarus Puzzle - Matthias Boden - Страница 9
Kolumbien, Cartagena
ОглавлениеAls die Maschine von Interpol auf dem Flughafen in Cartagena aufsetzte, war die Sonne bereits hinterm Horizont verschwunden. Die Hafenstadt mit ihren sechshunderttausend Einwohnern an der nördlichen Karibikküste Kolumbiens war noch von der heißen Sonne aufgeheizt. Mike Banks hatte während des kurzen Fluges zwei Doppelzimmer und ein Einzelzimmer im Hotel de Cartagena besorgt. Die Verständigung mit den Einwohnern klappte fast problemlos auf Englisch. Spanisch sprachen nur Mike und Karyani im Team, die anderen drei konnten nur einige Fetzen verstehen und mussten sich auf Englisch verständigen. Scherzhaft regte Michael einen Sprachkurs für das gesamte Team an, dem Liz ablehnend gegenüberstand. Ihre Muttersprache musste ausreichen. Auch Leonie konnte nur mit ihrer Muttersprache bestehen, obwohl sie bereits fleißig Deutsch lernte. Michael war, was Sprachen angeht auch nur in Deutsch und Englisch so weit, Unterhaltungen zu führen, verstand aber auch einige andere Sprachen recht gut.
Im hoteleigenen Restaurant nahmen sie noch ein gemeinsames Abendessen ein und verabredeten sich für den nächsten Morgen, um dann pünktlich Cortez heimzusuchen. Sie würden sich um halb sieben Uhr in der Lobby treffen und dann gemeinsam zum zuständigen Revier fahren. Liz und Leonie konnte man ihre Vorfreude schon ansehen, dieser Ermittlerin ordentlich einzuheizen. Michael hatte wieder einmal sein Pokerface aufgesetzt, das nur seine Verlobte bis zu einem gewissen Punkt entschlüsseln konnte.
Pünktlich erschienen die Mitglieder des Teams in der geschmackvoll eingerichteten Hotellobby. Sie standen im Kreis zusammen und lauschten aufmerksam den Anweisungen die Liz, in ihrer Eigenschaft als Teamleiterin vorgab. Ihrer Ansicht nach war es besser, die zuständige Ermittlerin vorerst weiter alleine zu lassen und währenddessen auf eigene Faust die eigenen Ansätze zu verfolgen. Michael brachte den Vorschlag ein, sich zwei Mietwagen zu nehmen, um nicht unnötig durch die örtliche Polizei behindert zu werden. Die Einsatzkräfte vor Ort hatten sicher Besseres zu tun, als für ihre Ermittlungen Taxifahrten zu übernehmen. Darüber hatte Liz sich noch keine Gedanken gemacht und war dankbar, dass Michael diesen Tipp gab. Bevor sie aufbrachen, hielt Leonie das gesamte Team noch kurz zurück. Sie war mit einer großen Tasche in der Lobby erschienen, die Michael für sie getragen hatte. Jeder wusste, dass die kleine blonde Frau ihre Waffen und Ausrüstung, die sie darin verstaut hatte, überall mit hinnahm.
Sie öffnete die Tasche und überreichte jedem Mitglied eine eigene Schwarze nagelneue schusssichere Weste, auf der vorne in weißen Lettern der Interpol Schriftzug aufgedruckt war, und auf der linken Brustseite die Namen standen. Karyani besah sich den Aufdruck und strich vorsichtig mit dem Finger über die Buchstaben K. Banks, die durch die weiße Farbe glänzte. Alle Westen waren, bis auf die aufgedruckten Namen gleich, in der passenden Größe ausgesucht. Liz bekam als Einzige eine Weste, die von den anderen etwas abwich. Vor den Buchstaben L. Croll war bei ihr noch eine kleine Krone aufgedruckt, die ihre Stellung als Teamleiterin herausstellte. Extra für das gesamte Team hatten Leonie und Michael diese Westen anfertigen lassen und aus der eigenen Tasche bezahlt. Der ehemalige Bodyguard zog seine alte Weste, die er auf Wunsch seiner Leonie immer trug, aus und streifte die neue über. Die Klettverschlüsse, um sie festzuziehen, übernahm Leonie für ihn. Es war ihr Ritual geworden jeden Morgen die Schutzweste ihres Freundes zu überprüfen. Er hatte ihr sein Versprechen gegeben, nie ohne Weste das Haus zu verlassen, und darauf bestanden, dass sie es täglich kontrollierte. Auch die anderen streiften sich die neue Kleidung über und bedankten sich herzlich bei dem Paar.
Dann verließen sie ihr Hotel und mieteten sich zwei Fahrzeuge. Liz ließ sich von Michael chauffieren, während Mike und Karyani das andere Fahrzeug für sich hatten. Der Hacker hatte sich die Straßen auf seinem Computer angesehen und kannte den Weg zum Revier schon fast im Schlaf, obwohl er vorher noch nie in Cartagena gewesen war. Er hatte das besondere Talent, sich auf seinem Bildschirm eine Karte anzusehen und sie dann in seinem Kopf zu speichern.
Karyani hatte extra für diesen Einsatz mit den Funkempfängern, die jedes Mitglied im Ohr trug, ein experimentelles System entworfen. Jeder Empfänger war so programmiert, dass er über den jeweiligen Abstand der Träger zueinander aktiviert oder deaktiviert wurde. Befanden sich zwei Empfänger im Umkreis von 10 m zueinander, blieben sie still. Entfernten sie sich allerdings weiter zueinander aktivierten sie sich automatisch. Über Sprachbefehle konnten die einzelnen Träger die Verbindungen zu anderen ein- oder ausschalten.
Die beiden Mietwagen durchquerten die kleinen schmalen Straßen der Hafenstadt. So früh am Morgen waren die Straßen noch fast leer, was sich aber schon in einer Stunde ändern würde. Vereinzelt sah man Straßenhändler ihr Sortiment für den Verkaufstag vorbereiten und in den Häusern Lichter brennen. Ein neuer Tag begann und die ganzen Menschen kehrten aus ihren Träumen wieder zurück in ihr Leben.