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Januarkälte

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Wir schreiben den 15. Januar 1933. Hans Faber liegt im noch Bett. Er betrachtet die attraktive Frau neben ihm an und denkt sich: „Was bin ich nur für ein seltsamer Charakter, nicht einmal meiner geliebten Lore darf ich sagen, wer ich wirklich bin. Sie denkt sie hat sich einen renommierten Steuerfachanwalt aus der Barerstrasse in München geangelt. Lore ist naiv und verliebt. Zum Glück ist sie keine überzeugte Nazistin. Aber es stört sie nicht, dass ich offiziell ein angesehenes Mitglied der NSDAP bin. Leider ist sie nur an Mode und an mir interessiert. Sie ist aus Rosenheim nach München gezogen und arbeitet in meiner Kanzlei in der Barerstrasse 70 als Sekretärin. Offensichtlich gefalle ich ihr. Mit einem 1,85 Meter, meinen grünen Augen, dem sehr kurz gehaltenen Schnurrbart und meinem zum Glück vollen, leicht gewellten dunkelbraunen Haaren entfalte ich so einige Wirkung in der Damenwelt. Viele der Damen würden sich gerne wegen meiner Reputation mit mir verbinden. Lore aber scheint mich wirklich zu lieben.

Meine wirkliche Gesinnung und meine Funktion im „Abwehr Apparat“ der KPD“ muss ich vor ihr geheim halten. Wir leben in gefährlichen Zeiten. Lore hat zu viele plappernde Freundinnen in der Maxvorstadt. Die Gegend ist voller Nazis. Um die Ecke wird das Drecksblatt „Völkischer Beobachter“ gedruckt. Laufend treffe ich Figuren wie Alfred Rosenberg, Max Amann, meinen Anwaltskollegen Hans Frank oder gar den NS-Starfotografen Heinrich Hoffmann aus der Schellingstraße 50.

An der Ecke Schelling/Schraudolphstrasse hat der Vegetarier Hitler hat sein Lieblingslokal, die „Osteria“. Die meisten der Herren sind momentan allerdings nicht da. Sie verhandeln mit den Junkern und der Schwerindustrie im Rheinland, wo sie sich am 5. Januar im Haus des Bankiers Schröder mit von Papen trafen, der weiterhin, obwohl er nicht mehr Kanzler ist, im Palais des Reichspräsidenten wohnt. Sie hoffen General von Schleicher zu stürzen. Gestern sagte mir der kleine dicke SA-Führer Röhm auf offener Straße: „wir sind bald an der Macht.“

Gestern Abend ließ Faber seinem Verbindungsmann zu Leo Roth (Viktor), dem Sekretär von Hans Kippenberger, mitteilen. „Es bleibt zu hoffen, dass diesmal nicht der ultralinke Optimismus siegt, sondern dass der aktive Widerstand gegen die Nazis unmittelbar zusammen mit kampfbereiten sozialdemokratischen Arbeitern organisiert wird.“ Faber, der von der Einheitsfrontpolitik von unten und oben überzeugt ist, ist der Meinung: „Wir dürfen die Nazis nicht an die Macht lassen oder gar zusehen wie sie ihre Macht konsolidieren“.

Als Lore wach wird, ist Hans ist in Grübeleien in die politische Lage vertieft, denn heute sind Landtagswahlen in dem Kleinstaat Lippe. Die Nazis haben große finanziellen Mittel aufgebracht und ihre Starredner auf diese Landtagswahl konzentriert. Hitler und Göring sprachen dort in kleinen Landgaststätten. Die Herren brauchen einen Erfolg. Unbedingt soll ein ansehnliches Wahlergebnis das Wahlfiasko zur Reichstagswahl vom 6. November 1932 vergessen machen. Im November haben die Nazis zwei Millionen Stimmen verloren. Hans vermutet, dass besonders die Schwerindustrie weiter auf Hitler setzt. Schließlich hat sie viel Geld in diese Ansammlung verkannter Intellektueller, Demagogen, Kleinbürger und Lumpenproletarier investiert.

Den Optimismus seiner Partei der KPD bezüglich des Niedergangs der NSDAP teilt Hans Faber keineswegs. Nach dem morgendlichen Kaffee mit Lore macht sich Faber auf, um im Café im Hofgarten der Residenz, einem bekannten Nazitreff, neues zu erfahren. Freundlich verabschiedet er sich von Lore. Er übersieht ihren enttäuschten liebevollen Blick. Draußen ist es kalt. Trotzdem macht ihm der zwanzigminütige Spaziergang durch Kälte und Schnee von der Schraudolphstraße bis in den Hofgarten nichts aus. Es tut gut, sich bei innerer Erregung die Beine zu vertreten. Die Kälte kann sich jederzeit in einen nazistischen Feuersturm gegen die Arbeiterbewegung entladen, schießt es Faber durch den Kopf.

Verrat in München und Burghausen

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