Читать книгу Peter Lebegerns große Reise - Max Geißler - Страница 16

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Er lernte viele Menschen kennen. Er hatte mit ihnen Erlebnisse: Gegensätze, Zerwürfnisse, Freude. An etlichen fand er Geschmack. Aber zuletzt blieb es doch so mit ihm: seine Stellung gebot ihm, es aller Welt recht zu machen. Dafür sorgten Chefredakteur und Verleger. Einmal stiess er mit diesem scharf zusammen, weil er ein Urteil in einem Bericht über einen Ruderverein geschrieben hatte, das hart aber gerecht war. Daraufhin bestellten sämtliche Mitglieder des Vereins die ‚Neuesten Nachrichten‘ ab. Der Verleger raufte sich die Haare und behauptete, ein Mensch wie Peter Lebegern schreibe in vierundzwanzig Minuten zunichte, was seine Tüchtigkeit und Geschäftspraxis in dem Blatte während vierundzwanzig Jahren gebaut habe … Also!

„Es ist ein unerhört nüchternes und peinliches‘ Kapitel,“ dachte Lebegern, als er die Stiege zu seinem Redaktionszimmer emporstieg. Darüber hinaus fiel ihm auch diesmal nichts ein. Nicht einmal, dass er nun in der Lage sei, sich herzhaft einen Narren zu nennen, der mit dem Reichtume nicht zu wuchern verstand, den ihm sein Name in den Schoss geworfen hatte.

Und nicht wahr, der Fall war doch lehrreich genug? Es war ein so köstlicher Fall — Peter Lebegern, wenn er noch der alte Peter gewesen wäre, hätte daran in einer Stunde völlig genesen können. Hah, als Männlein von fünf Jahren war dieser Peter ein Philosoph gewesen. Sein Vater geriet vor ihm in vermessene Träume. Und als Schulmeister von Bogenbach am Rotwasser war aus ihm ein Lebenskünstler geworden, der eine Krume Erde ein Weilchen in seinen Händen zu halten brauchte, und — es flog ein Vöglein daraus hervor. Als Schulmeister von Bogenbach hatte er auch den königlichen Mut, zu sagen: „Peter Lebegern, dein Schicksal bist du!“

Aber nun? Nun war Peter Lebegern unter die Menschen gegangen. — Oh.

Er lernte viele kennen. Darum: er war an seinem Verfalle nicht allein schuld.

Oder ist es nicht ein Verfall, wenn einer zwischen die Mühlsteine des Lebens gerät, dem der liebe Gott das Rüstzeug zum Glück in Fülle geschenkt hat?

Nun, Peter Lebegern sah und vernahm zwei Jahre nichts von der Welt, die einmal ihm gehört hatte und in der er hätte ein König heissen können … Nicht einmal das simple Bild von der grossen Mühle fiel ihm ein, in der alles Edelkorn — wie das stockige und faule — zerrieben wird. Es kann einer dabei um seine Freude kommen — und weiss es nicht. Es kann einer dabei um das klare Licht seiner Augen kommen — und bildet sich ein, er sähe nun schärfer als vordem. Es kann einem darüber sein Glück aus dem Herzen welken — aber weil er sein Auskommen an Gut und Bequemlichkeit hat, so täuscht er sich in die Meinung hinein: er sei mitsamt seinem Glück in ein Gewächshaus geraten und stehe nun über und über in Blüte. Darüber kann einer zu Tode kommen und bildet sich ein: jetzt, erst das sei das richtige Leben!

Natürlich hatte Peter auch sein hinterländisches Äussere städtisch gewandelt. Es war soweit mit ihm gekommen, dass er sich in keinem Stücke unterschied von einem leidlich eleganten Pflastertreter nach der Millionenschablone. — Brrr, Peter Lebegern!

Dieses Brrr! mag hier stehen in zwiefacher Bedeutung. Mit einem kraftvollen Brrr hält der Kutscher sein Pferd an. Bist du nun Kutscher oder Pferd, Peter Lebegern — halt an! … Es kann aber auch ein Ausdruck des Abscheus sein … Wenn du Ohren hast zu hören, Peter Lebegern, so höre!

Peter Lebegerns große Reise

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