Читать книгу Peter Lebegerns große Reise - Max Geißler - Страница 20

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Mit derartigen Einfällen brachte er die Nacht herum, die der Begegnung mit dem Doktor Wurzler folgte. In den Tagen, die nun kamen, war er voller Unlust und Gereiztheit. Und er verfiel in eine fürchterliche Vereinsamung. Inmitten von dreimalhunderttausend schlagenden Herzen bekam er Sehnsucht nach einem Menschen! Und in Bogenbach am Rotwasser hatte er Ferientage hindurch dem kleinen Leben im Wald und auf der Heide zugesehen und alles ringsum vergessen über seinem grossen Glück und den tiefen und schönen Gedanken, die ihm die Einsamkeit eingab. — Einsamkeit ist Leben, aber Vereinsamung ist schmerzvolles Siechtum zum Tode.

Sterbensmüde wurde er nun. Er hatte das öde Referieren über Versammlungen und Gerichtsfälle längst vertauscht mit dem Schauspiel, der Oper, dem Konzertsaal. Die Kunstsalons der Stadt standen ihm offen. Er hatte in den verflossenen zwei Jahren eine Welt an Wissen sich erobert. In der Zeitung galt er als das brauchbarste Redaktionsmitglied, in der Stadt als ein milder, gerechter, nachschaffender und wegeweisender Kritiker — nicht gefürchtet, aber mit einer Achtung ausgezeichnet, die man Männern in seinem Alter in der Regel versagt.

Jedennoch: Peter Lebegern war müde, sterbensmüde. Mit einem Male. Was er schrieb, trug nicht mehr die frische, eigene Note. Und die Schablone nahm überhand, je mehr die Sehnsucht wuchs. ‚Überarbeitung,‘ lautete das Gutachten Pius Heidvogels. Der Arzt sagte das gleiche. Es folgte für Peter Lebegern ein Monatsurlaub auf Kosten der Zeitung; denn Heidvogel fürchtete, diesen brauchbaren Mann zu verlieren.

Peter Lebegern wählte die bayrischen Alpen zum Herbstaufenthalt. Sein Gesicht hatte um jene Zeit wieder Ähnlichkeit mit dem des Schulmeisters von Bogenbach, als ihm die Brillengläser gewachsen waren. Aber es war doch ganz anders mit ihm. Auf die Reise in die bayrischen Berge zog er äusserlich als Kavalier. Und in das Land der Lappen hatte er einen blauen Regenschirm mitgenommen — nein, ein Parapluie.

Gar nicht reisefroh lehnte er in den Polstern seines Wagenabteils. Und sehr ingrimmig wäre er wahrscheinlich gewesen, wenn sich am Abend zuvor nicht etwas ereignet hätte, was nun doch wie Verheissung junger Lenzluft über die abgeblühten Gärten seiner Seele fächelte.

Peter Lebegerns große Reise

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