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6. Die Stoa der römischen Kaiserzeit

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Diese ist dann von drei herausragenden, in ihren Texten nicht durch Schule und Verschulung geprägten Persönlichkeiten bestimmt, von Seneca, Epiktet und Marc Aurel.

Annaeus Seneca ist um die Zeitenwende (wahrscheinlich in Corduba) in eine wohlhabende Ritterfamilie der Provinz Baetica geboren. Nach eigenen Angaben185 erfolgte seine Ausbildung in Rom. Unter der Regierung des Claudius war er in eine Hofintrige verwickelt, des Ehebruchs verdächtigt und (siebeneinhalb Jahre) nach Corsica verbannt. Politisch einflussreich, ja mächtig und überaus reich wurde er, im Zusammenspiel mit dem Prätorianerpräfekten Afranius Burrus, während der Herrschaft des Kaisers Nero. Als möglichen Mitwisser der Verschwörung von C. Calpurnius Piso zwang der Kaiser Seneca, der sich nach dem Tod von Burrus (62 nach Chr.) vom Hof und der Macht mehr und mehr ins Privatleben zurückgezogen hatte, im Jahr 65 zum Suizid. Seneca hat Trostschriften, philosophische Abhandlungen, Reden, Tragödien und Satiren geschrieben. Philosophisch gewichtige, zum Teil umfangreiche Texte (De beneficiis, De providentia, Epistulae morales [ad Lucilium], Naturales quaestiones) sind in den späten Jahren seines Lebens verfasst. Sie haben sämtlich (einschließlich der Naturales quaestiones) eine pädagogische und psychagogische Ausrichtung, basieren systematisch in allen wesentlichen Gedanken auf stoischer „Orthodoxie“, geben allerdings auch anderen Einflüssen (etwa kynischer, epikureischer und platonischer Provenienz) Raum und Gewicht.

Über das Leben von Epiktet besitzen wir wenig verlässliche Information.186 Er dürfte zwischen 50 und 60 nach Chr. geboren und zwischen 120 und 140 nach Chr. gestorben sein. Er stammte aus Hierapolis in Phrygien, verbrachte längere Zeit (zeitweise als Sklave) in Rom, musste unter Domitian zwischen 89 und 95 Rom verlassen, ließ sich in Nikopolis, der Hauptstadt von Epirus nieder und lehrte dort (wohl in einer eigenen Schule) bis zu seinem Tod (stoische) Philosophie. Unter seinen Hörern waren junge Männer, die später ranghohe Amtsträger im Imperium werden sollten. Einer von ihnen war Lucius Flavius Arrianus, der es unter Kaiser Hadrian und dessen Protektion zum Konsul und Provinzstatthalter brachte. Ihm verdanken wir die schriftliche Fassung mündlich vorgetragener Unterweisungen Epiktets, die Diatribai und ihre Kurzfassung, das Encheiridion, die zweifellos, in popularphilosophischer Form, authentische Gedanken des Lehrers zu ethischen Fragen wiedergeben. Neben Arrians Aufzeichnungen besitzen wir noch ca. 100 vor allem von Johannes Stobaeus überlieferte Fragmente. Epiktet selbst hat uns nichts Schriftliches hinterlassen. Er bezieht sich in seinen Diatriben, die psychagogisch auf Persönlichkeitsbildung und überzeugende Lebensführung der Schüler zentriert waren, vorwiegend auf die Tradition der alten Stoa, auf Zenon, Kleanthes und Chrysipp zurück. Seine schulische Lehre, die wohl auch Logik und Physik umfasste, dürfte vorwiegend in der Lektüre und Interpretation von deren Texten bestanden haben.

Von Kaiser Mark Aurel (121–180 nach Chr.) wissen wir, dass er Epiktet/Arrian gelesen und sehr geschätzt hat. Er verstand sich selbst, wie sein (wenig bekannter) philosophischer Lehrer Iunius Rusticus als Stoiker. Seine tagebuchartigen Reflexionen (die in griechischer Sprache formulierten sog. Selbstbetrachtungen) sind wohl weitgehend im Heerlager während der kriegerischen Aufenthalte an der Donau ab 170 nach Chr. niedergeschrieben. Da sie offensichtlich der Selbstvergewisserung dienten und nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren, ist ihnen ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit eigen.

Von den Werken der Stoiker aus dem dritten bis ersten vorchristlichen Jahrhundert sind uns nur Bruchstücke und Zitate erhalten; die Originale sind sämtlich verloren. Die Philosophie der alten und mittleren Stoa in ihrer systematischen Struktur und Entwicklung lässt sich nur rekonstruieren. Die Rekonstruktion muss sich, neben den überkommenen Texten der römischen Kaiserzeit (vor allem von Seneca, Epiktet und Mark Aurel) im Wesentlichen der Referate und kritischen Auseinandersetzungen von antiken Autoren bedienen, die noch mit Originalschriften und zeitnahen Handbüchern vertraut waren. Es sind dies insbesondere Cicero, Philodem, Arius Didymus (bzw. Johannes Stobaeus), Philon, Aëtius, Plutarch, Clemens von Alexandrien, Galen, Sextus Empiricus, Diogenes Laertius und Alexander von Aphrodisias.187 Probleme der adäquaten Rekonstruktion ergeben sich natürlich aus dem naheliegenden Umstand, dass diese Autoren ihren eigenen Ansätzen, Perspektiven und Interessen folgen. Das rekonstruierte Bild der stoischen Philosophie der hellenistischen Zeit ist so gesehen allemal mit einem gewissen Echtheitsvorbehalt zu betrachten. Work on doxographical material is a notoriously tricky and frustrating business (Malcolm Schofield).

1 vgl. DL VII, 5.

2 vgl. DL VII, 1; 3; 15; 25.

3 Plutarch Stoic. rep. 1034 A; vgl. DL VII, 12; 29.

4 vgl. von Fritz 1972, 86f.

5 Ep. 33, 4.

6 vgl. DL VII, 183.

7 von Arnim 1899, 2506.

8 vgl. Cicero De fin. I, 6; Seneca Ep. 108, 36–38; Kidd 2002, 355.

9 vgl. SVF I, 1–44.

10 vgl. dazu v.a. Hahm 1992b.

11 DL VII, 11.

12 DL VII, 10 = SVF I, 7–8.

13 DL VII, 29.

14 vgl. von Fritz 1972, 83.

15 DL VII, 28 = SVF I, 458.

16 vgl. DL VII, 31–32.

17 vgl. DL VII, 2; 4–5; 13.

18 DL VII, 1.

19 DL VII, 2; 24.

20 DL VII, 16 und 25.

21 DL VII, 2; 25.

22 vgl. DL VII, 25.

23 Werke und Tage 293f.

24 DL VII, 25–26.

25 vgl. von Fritz 1972, 86.

26 vgl. dazu Steinmetz 1994, 521f.

27 vgl. dazu Ierodiakonou 2002, 83–112.

28 vgl. DL VII, 37–38; SVF I, 39; Steinmetz 1994, 521.

29 vgl. Brunschwig 2002, 13–27.

30 vgl. DL VII, 6; 9.

31 vgl. DL VII, 17.

32 vgl. von Fritz 1972, 83–85; Steinmetz 1994, 519.

33 vgl. DL VII, 15.

34 DL VII, 28.

35 DL VII, 31; Ps.-Lukian Macrobioi 19 = SVF I, 36.

36 vgl. Mizuchi 1969, 39–44; Steinmetz 1994, 521.

37 = SVF I, 475.

38 = SVF I, 477.

39 vgl. von Arnim 1922, 558; Sedley, Routledge Encyclopedia of Philosophy, vol. 2, 1998, Cleanthes, 382.

40 DL VII, 176 = SVF I, 474.

41 SVF I, 477.

42 so durchaus plausibel Steinmetz 1994, 566.

43 vgl. DL VII, 168ff.

44 vgl. DL VII, 170.

45 DL VII, 170.

46 vgl. DL VII, 160–167.

47 DL VII, 168.

48 DL VII, 171; SVF I, 470–472.

49 VII, 174.

50 DL VII, 174–175; vgl. Steinmetz 1994, 567–569.

51 vgl. Plutarch De facie in orbe lunae 923 A = SVF I, 500.

52 Stob. Ecl. I 1, 12 p. 25, 3 W. = SVF I, 537.

53 vgl. DL VII, 160–161.

54 DL VII, 161.

55 DL VII, 176.

56 vgl. DL VII, 178.

57 vgl. dazu Steinmetz 1994, 580f.

58 VII, 184.

59 Strabo SVF II, 1a; vgl. SVF II, 1 = DL VII, 179.

60 vgl. Galen SVF II, 24; 894.

61 VII, 179.

62 vgl. DL VII, 178; 182.

63 Stoic. rep. 1036 C; 1037 A-B; vgl. DL VII, 198 und 183f., alles Hinweise, die Plutarch bestätigen; vgl. von Arnim 1899, 2502; Pohlenz 71992, 29. Vorsichtiger und angesichts der polemischen Einstellung Plutarchs vielleicht treffender Steinmetz 1994, 585, der ein gleichzeitiges Philosophieren Chrysipps in utramque partem ohne eine zeitweilige Neigung zur Skepsis für möglich hält.

64 Plutarch Stoic. rep. 1037 A.

65 von Arnim 1899, 2503.

66 DL VII, 183.

67 DL VII, 180.

68 DL VII, 189–202.

69 vgl. DL VII, 181–182.

70 vgl. DL VII, 182–183; 185.

71 DL VII, 181.

72 DL VII, 185.

73 Plutarch Stoic. rep. 1034 A = SVF I, 26.

74 DL VII, 185.

75 vgl. Crönert 1906, 79–81; Steinmetz 1994, 585.

76 DL VII, 184–185.

77 VII, 35.

78 VII, 41 und 84.

79 SVF III Zenon Tarsensis, 5.

80 vgl. SVF III Diogenes Babylonius, 1–126.

81 vgl. SVF III Diogenes Babylonius 4, 6, 8; Steinmetz 1994, 629.

82 SVF III Diogenes Babylonius 8 = Gellius Noct. Att. VI 14, 8.

83 vgl. SVF III Diogenes Babylonius 20–26 = DL VII, 55–62, 71.

84 vgl. SVF III Diogenes Babylonius 54–90.

85 SVF III Diogenes Babylonius 29, 30.

86 SVF III, Diogenes Babylonius, 35–37.

87 SVF III Diogenes Babylonius, 27.

88 SVF III Diogenes Babylonius, 44, 45, 46.

89 vgl. SVF III Diogenes Babylonius, 49 = Cicero De off. III, 50–55.

90 SVF III Archedemus Tarsensis, 2.

91 SVF III Apollodorus Seleuciensis, 1–18.

92 SVF III Boethus Sidonius, 2, 3, 6, 7.

93 Acad. prior. 143 = SVF III Antipater Tarsensis, 6.

94 vgl. SVF III Antipater Tarsensis, 5, 6.

95 DL IV, 64 = SVF III Antipater Tarsensis, 7.

96 SVF III Antipater Tarsensis, 16–31.

97 vgl. SVF III Antipater Tarsensis, 52 = Stobaeus Ecl. II 83, 10 W.

98 SVF III Antipater Tarsensis 57 = Stobaeus Ecl. II 75, 11 W.

99 SVF III Antipater Tarsensis, 56.

100 vgl. SVF III Antipater Tarsensis, 61 = Cicero De off. III, 50–54.

101 1989, 158ff.

102 1996, 559.

103 vgl. SVF III Antipater Tarsensis, 62–63.

104 F 5 van Straten = Strabon XIV, C 676.

105 vgl. Cicero De divin. I, 6.

106 Dorandi 1994, col. 50.

107 vgl. Cicero De rep. I, 34; Pro Murena 31, 66; Tusc. I, 81; De fin. IV, 23; De off. I, 90; Plutarch Moralia 814 C-D.

108 vgl. Plutarch Moralia 777 A.

109 I, 45.

110 F 33 van Straaten.

111 vgl. De off. III, 7.

112 III, 13.

113 vgl. auch De rep. I, 34.

114 De fin. IV, 23; Tusc. IV, 2; vgl. Acad. Prior. II, 135.

115 DL IX, 20 = F 45 van Straaten.

116 vgl. F 49 van Straaten.

117 Plutarch Moralia 335 D = F 50 van Straaten.

118 F 51a van Straaten.

119 Dorandi 1994, col. 51.

120 F 64–69 van Straaten.

121 Cicero Acad. prior. II, 107; De divin. I, 6; II, 88; DL VII, 149.

122 Cicero Tusc. disp. I, 79.

123 vgl. F 85–88 van Straaten.

124 vgl. v.a. Cicero De off. I, 107–116.

125 vgl. F 96 und 97 van Straaten.

126 vgl. De off. I, 107–121.

127 Puhle 1987, 5.

128 vgl. Lefèvre 2001.

129 vgl. Steinmetz 1994, 660–662.

130 vgl. Posidonius T 1a, 9, 10 EK.

131 T 2b EK.

132 vgl. T 27–28 EK.

133 vgl. T 14–26 EK.

134 XVI 2, 10.

135 PHP VIII, 1.

136 vgl. Reinhardt 1953, 571.

137 vgl. T 29 EK.

138 vgl. T 35–39 EK.

139 T 34 EK.

140 vgl. T 38 EK.

141 T 4 EK.

142 Reinhardt 1953, 567.

143 vgl. Steinmetz 1994, 672–677.

144 T 1a EK; F 49 EK; vgl. F 50 EK.

145 F 51–78; 252–284 EK.

146 F 79 EK.

147 F 1–3 EK.

148 F 42 EK.

149 F 44 EK.

150 F 4–12 EK.

151 F 16–17 EK.

152 F 14–15; F 18 EK.

153 F 28ab, 139–149 EK.

154 F 20–23 EK.

155 F 24 EK.

156 F 25 EK.

157 F 26–27; 106–111 EK.

158 F 29; vgl. F 171, 173, 185 EK.

159 F 32, 35, 38, 182 EK.

160 F 39–41c; 177 EK.

161 F 30; vgl. F 31, 34, 150ab-169.

162 F 46–47 EK.

163 F 191 EK; Commentary Kidd 1988, 694ff.

164 vgl. T 85 EK; Commentary Kidd 1988, 72ff.; SVF II, 973, 351, 949.

165 F 18 EK; Commentary Kidd 1988, 129–136.

166 F 18 EK.

167 T 73 EK; Commentary Kidd 1988, 58f.

168 F 138; 214–220 EK.

169 F 104, 106, 107 EK.

170 F 30 EK.

171 F 156, 158, 159; 164, 165, 169 EK.

172 F 150a EK.

173 F 150b EK.

174 F 145–146 EK.

175 F 142–145.

176 F 158–161 EK.

177 F 33, 144, 148 EK.

178 F 31, 160, 161, 169 EK.

179 F 186 EK.

180 vgl. F 146 EK.

181 vgl. dazu v.a. Malitz 1983.

182 vgl. F 49, 169 EK; Commentary Kidd 1988, 230f.

183 vgl. F 272 EK; Commentary Kidd 1988, 929.

184 vgl. dazu Steinmetz 1994, 706–714.

185 Ep. 108.

186 vgl. dazu v.a. Schmeller, Th., Einführung in die Schrift, in: Vollenweider (Hg.) 2013, 7ff.

187 vgl. Mansfeld 1999b, 3–30; Banateanu 2001, 7–38.

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