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5.1 Mysterientheologie als liturgisch-praktische Theologie

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Zunächst müssen wir uns einige Gedanken zum Verständnis der Theologie als „praktische Theologie“ bei Casel machen. „Praktisch“ bedeutet für ihn zugleich liturgisch, den vollzogenen Kult betreffend. Wegen seiner ablehnender Haltung zur Neuscholastik, die wir schon erwähnten, kommt es diesbezüglich zur Auseinandersetzung287 mit K. Prümm. Es geht dabei um das wahre Verständnis des biblisch-patristischen Begriffs „Mysterium“, eben den Zentralbegriff der Theologie Casels. Prümm will diesen als geheime Wahrheitslehre verstanden wissen, die den Intellektuellen vorbehalten ist und rational dargelegt und ausgelegt werden kann.288

Im Grunde strebt Casel die Rückkehr zu einer sehr einfachen Denkform an, Schilson spricht sogar dabei von „primitivem Denken“. Die Wissenschaftskrise seiner Zeit lässt Casel eine Brücke zum Anfang des Christentums schlagen, um eine Erneuerung des theologischen Denkens mittels Ursprungsdidaktik anzustreben. Die im Ursprung vorherrschende einfache Geisteshaltung bekommt zusätzlich durch ihre Ursprungsnähe zum Offenbarungsereignis Normativität zugesprochen. Die Ursprungsnähe wird zugleich für das Kultverständnis in Anspruch genommen. Da in dieser Konzeption der ganze Mensch in das kultische Tun einbezogen wird, kann von einer symbolisch-praktisch-orientierten Denkform gesprochen werden.289 Schilson fasst treffend zusammen, wie Casel für seine symbolisch-kultisch orientierte Theologie ein wissenschaftliches Fundament legen will:

„Hier findet er [Casel] im noch unverdorbenen Anfang der Menschheitsgeschichte, in dessen Nachhall im ursprünglichen religiösen Bewusstsein der Menschheit und schließlich in der Einheit stiftenden Funktion des Kreuzes Christi das einzig angemessene Wirklichkeitsbewusstsein – ein synthetisches Denken, hinter dem alles analytische Forschen der Wissenschaft weit zurückbleibt.“290

Aufgrund des „primitiven“ Denkens, das Casel auf den Kult, als den Ort der Wahrheitserscheinung aller Dinge, bezieht, versteht er die dort vollzogene Handlung als ein ernstes Spiel. Gerade ein solches spielerisches Handeln sieht er als gemeinschaftlich-symbolisches Tun an und damit zugleich als praktische Wissenschaft, weil sie durch den Vollzug ermöglicht, zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen. Casel baut in diesem Gedankengang wiederum auf Platon auf291, und koppelt drei Kategorien, nämlich die des Mythischen, des Symbolischen und des Dramatischen an- und ineinander, um sie in seiner Denkform untrennbar zu verbinden. Konkret meint dies: Mythos wird im Kult gelebt bzw. Kult ist lebendiger Mythos. Der Mythos verweist zurück auf das Symbolische des Kultes. Hier meint Casel den urchristlichen Symbolbegriff, dass nämlich im Symbol die Wirklichkeit aufscheint. Der Mythos beinhaltet in seinem Symbolcharakter die Urzusammenhänge bzw. Urwirklichkeiten, die im Kultischen, d.h. dramatischen „Spiel“ erfahren werden. Die drei Kategorien beschreiben somit die ganzheitliche Auffassung einer symbolischen Handlung. Die Teilnehmer der sakramentalen Handlung öffnen sich für die darin vermittelte Wahrheit. Man kann sagen, dass Liturgie und Sakrament für Casel das Zentrum des Christseins bilden. Das Prinzip „lex orandi – lex credendi“ beschreibt dabei die praktische Ausrichtung Caselscher Theologie. Die kultische Praxis bildet für ihn die normative Quelle für die christliche Wahrheit. Dennoch hat umgekehrt die Glaubenslehre normativen Charakter für das liturgische Tun, da das liturgische Tun an den Glauben gebunden sein muss.292 Um das Denken und die Theologie des Liturgikers Casel noch genauer verstehen zu können, müssen wir, gerade im Hinblick auf die Opferthematik, sein Liturgieverständnis noch genauer ergründen.

Die Eucharistie als Opfer der Kirche

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