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5.4 Sakramenten-Symbolverständnis der Mysterientheologie

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Als gegnerischer Theologieentwurf zu einer Leben-Jesu-Frömmigkeit steht Casels Denkform einer liberalen Theologie und damit z.B. auch Adolf von Harnacks Theologie entgegen.305 Casels Sakramentenverständnis basiert, wegen seiner schon mehrfach erwähnten ablehnenden Haltung der Scholastik, auf dem platonisch geprägten Bildverständnis. In diesem Verständnis holt er sich einen prominenten Theologen als Paten: Thomas von Aquin, der in der Summa Theologica (III q.60a.1) vermeintlich in dieser Richtung denkt. Casel erkennt, dass der Mensch auf Grund seiner Stellung als „Geist in Welt“ für die Vermittlung göttlicher Dinge auf die Dinge dieser Welt angewiesen ist. Das Symbol vereinigt die Elemente des Geistigen mit denen des Materiellen und bezeichnet eine geistige Wahrheit, eine Wirklichkeit, die „dahinter“ steht, eben die göttliche Wirklichkeit. Dieses Symboldenken versteht das Sakrament als Abbild eines Urbildes. Auf dieses Verständnis will Casel wieder zurückkommen, da es durch den Neuplatonismus und den Einfluss des germanischen Denkens zu einer Wandlung des Bilddenkens gekommen ist.306 J.M. Krahe schreibt dazu:

„Worum es Casel in all seinen Symbolforschungen ging, das ist die christliche Bildidee, die letztlich weder kosmologisch noch religionswissenschaftlich-ethnologisch begründet werden kann – Analogien aus diesen Gebieten können hilfreich sein – ‚sondern einzig christologisch und pneumatologisch. Die christliche Bildidee, d[ass] h[eißt] das christliche Symbol, setzt ontologisch die Menschwerdung Gottes, gnoseologisch ein ganzheitliches Denken und dieses überbietend wie in sich begreifend den Glauben als Gnosis verstanden voraus. Eine solche Schau pflegt Casel als ‚pneumatisch’ zu bezeichnen, eine Aussage, die ohne eine gewisse Kenntnis der Caselschen Geistlehre mehr oder weniger unverständlich bleibt. Die christliche Bildidee, die Casel mit Hilfe bestimmter Vorformen ganzheitlich-menschlichen Denkens beschreiben wollte, hat schließlich im Sinne der Mysterientheologie kein kosmisches, sondern ein ‚pneumatisches’ Geschehen – d[ass] h[eißt] die Mysterien oder Sakramente des Heils – in seiner inneren Wirklichkeit zu deuten.“307

Das christliche Symbol, wie es in den Sakramenten begegnet, will Casel als durch Christuspneuma vermittelte Heilsgegenwart verstanden wissen, also eine christologische und pneumatologische Grundlegung der Auffassung der Symbolwirklichkeit setzen.308

Überhaupt bildet die Sakramententheologie als konkrete Christologie bei Casel den Zentralpunkt, um den herum er alle übrigen theologischen Themenbereiche anordnet. Allein behandelt er nie die Sakramente, sondern alles erscheint miteinander verzahnt. Darin zeigt sich wiederum sein unsystematischer Ansatz, wie schon Schilson betont.309

Das Sakrament wird vor dem Wort, dem rein geistigen, verortet, um der leib-geistigen Verankerung des Menschen und damit zugleich der inkarnatorischen Wirklichkeit gerecht werden zu können. Der Mensch ist demnach Geist in Welt. Das Sakrament wird durch die irdisch-pneumatische Struktur bei Casel zur Vermittlungsinstanz zwischen Spiritualismus und Materialismus. Die Welt wird gleichsam Bestandteil der Liturgie, die von sich aus „opus Dei“ und Mysteriengedächtnis ist. Wort und Sakrament müssen in Gleichberechtigung im Mysterium, in der kultischen Gegenwart Christi (der Logos und Mensch ist), vorhanden sein.310 Das Wort hat auch im Sakrament seine spezifische Funktion, d.h. das Sakrament ist eine Einheit von Zeichen und Worten. Der ganze Wortgottesdienst ist Bestandteil des Sakramentes. Es zeigt sich aber eine Stufung von Wort und Sakrament. Schilson merkt dazu an:

„Indem Casel den Intellektualismus und Rationalismus im Christentum bekämpft und stattdessen im Kultmysterium die lebendige Christuswirklichkeit als eigentliche Mitte des Christseins bestimmt, misslingt ihm offenkundig eine positive Würdigung des ‚Wortes’ im Kontext des christlichen Glaubens.“311

Das Sakrament als Ganzes repräsentiert in seinem Symbol die göttliche Idee, d.h. das zeitlose Urbild, das so jeder Zeit gleich nahe ist. Darin zeigt sich erneut, dass die tatsächliche Geschichte Jesu bei Casel als ein Abbild des im ewigen Leben Gottes existierenden Urbildes verstanden wird. Damit zerbricht jedoch Casels Absicht, Symbol und Geschichte gegenseitig zuzuordnen, weil das „Instrument“ des Pneumas es dem Christen unmittelbar die Einsicht in die göttliche Idee ermöglicht, was das Symbol überflüssig erscheinen lässt. Diese Umkehrung des eigentlichen Ansatzes verdankt sich dem übermäßigen Einfluss des platonischen Denkens in dieser Denkform. Gott wird jenseits aller Geschichte gesehen. Die Theozentrik, die durchbricht, hebt letztlich die Christozentrik auf. Die pneumatische Gnosis überspringt die konkrete Heilsgestalt Christi, die das Symbol eigentlich repräsentieren sollte, zur Unmittelbarkeit Gottes hin. Das sakramentale Ziel der Repräsentation der Heilstat Christi wird durch diese Symboltheologie mit ihrer zeitlosen Idee des Göttlichen aufgehoben.312

Casel gelangt letztlich zu einem differenzierten dreifachen Mysterienverständnis: Zunächst Christus als persönliches Mysterium, der Offenbarung Gottes; als weitere Bedeutung das verkündete Mysterium Christi in der Kirche und als dritte Bedeutung die Kultmysterien der Kirche.313

Die Eucharistie als Opfer der Kirche

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