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XI. Prüfungsschema des Vorliegens einer erlaubnispflichtigen Rechtsdienstleistung
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Die Erlaubnispflicht hat folgende Voraussetzungen:
1. Anwendbarkeit des RDG, § 1 RDG
Es muss sich um eine außergerichtliche Maßnahme handeln, welche auch nicht von einem Spezialgesetz erfasst wird.
a) Außergerichtlicher Bereich, § 1 I 1 RDG
„ (1) Dieses Gesetz regelt die Befugnis, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen.“
Das Gericht darf nicht Adressat der Maßnahme oder Handlung sein.
b) Keine Verdrängung des RDG durch speziellere Regelungen, § 1 II RDG
„(2) Regelungen in anderen Gesetzen über die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, bleiben unberührt.“
Zu prüfen ist die Reichweite des Spezialgesetzes wie z. B. des StBerG oder der WPO bzw. der GewO; außerhalb des von ihm erfassten Bereichs gilt das RDG.
2. Grundsätzliches Bestehen einer Erlaubnispflicht, § 2 RDG
Eine Erlaubnispflicht besteht bei Erbringung einer Rechtsdienstleistung, § 2 I, wozu auch das Inkasso gerechnet wird, § 2 II; Erlaubnisfreiheit besteht nach § 2 III.
a) Rechtsdienstleistung, § 2 I RDG
„(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.“
aa) Konkretheit
Es darf nicht um abstrakte Rechtsfragen sondern muss um einen konkreten Einzelfall gehen.
bb) Fremdheit
Fremd sind solche Angelegenheiten, die nicht die eigene Rechtsposition des Besorgenden betreffen und daher an sich der Sorge eines anderen obliegen.
cc) Erforderlichkeit einer rechtlichen Prüfung
Die Tätigkeit muss eine rechtliche Prüfung im Einzelfall erfordern.
(1) Problem: Noch ist umstritten, ob § 2 I RDG weit oder restriktiv auszulegen ist, nachdem der Gesetzgeber das Wort „besondere“ rechtliche Prüfung aus dem Text gestrichen hat. Nach hier vertretener Ansicht ist eine restriktive Auslegung für geboten erachtet angesichts des Willens des Gesetzgebers sowie im Hinblick auf das Gebot einer teleologischen (§ 1 I 2 RDG) und einer verfassungskonformen Auslegung am Maßstab des Art. 12 I GG.
(2) Substantielle Rechtsprüfung: Dem Verbotsbereich des § 2 RDG sind nur solche Dienstleistungen unterstellt, die objektiv eine substantielle Rechtsprüfung erfordern und sich nicht auf die bloße Anwendung des Rechts beschränken.[228]
(3) Erforderlichkeit: Subjektiv muss nach dem Willen des Auftraggebers eine Rechtsdienstleistung für erforderlich gehalten werden; wenn er ausdrücklich keine Rechtsprüfung wünscht, kann er auch nicht dazu verpflichtet werden.
b) Inkassodienstleistung, § 2 II RDG
„(2) Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Abgetretene Forderungen gelten für den bisherigen Gläubiger nicht als fremd.“
aa) Fremdheit oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Forderungen
Die Forderung muss endgültig auf den Erwerber übertragen werden; das Ausfallrisiko muss letztlich beim ursprünglichen Forderungsinhaber verbleiben. Kein Inkasso auf fremde Rechnung erfolgt, wenn Erwerber einer Forderung das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt.
BGH WM 2013,1559: „Auch für § 2 Abs. 2 RDG kommt es wie zu der früheren Regelung in Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG für die Einordnung als Inkassozession entscheidend darauf an, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zukommen soll (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 – XI ZR 324/11, ZIP 2012, 2445 Rn. 13). Maßgeblich ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, das heißt das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 – XI ZR 324/11, ZIP 2012, 2445 Rn. 14 mwN).“
Abgetretene Forderungen gelten für den bisherigen Gläubiger nicht als fremd, § 2 II 2.
bb) Einziehung
Die Forderung muss eingezogen werden.
cc) Eigenständiges Geschäft
Die Betreibung der Einziehung muss als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Das ist der Fall, wenn sie im Rahmen einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit erfolgt. Sie muss allein Gegenstand der Tätigkeit sein und nicht außerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erbracht werden.
c) Kein Ausnahmefall, § 2 III
„(3) Rechtsdienstleistung ist nicht:
die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten,
die Tätigkeit von Einigungs- und Schlichtungsstellen, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern,
die Erörterung der die Beschäftigten berührenden Rechtsfragen mit ihren gewählten Interessenvertretungen, soweit ein Zusammenhang zu den Aufgaben dieser Vertretungen besteht,
die Mediation und jede vergleichbare Form der gesprächsleitenden Streitbeilegung, sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift,
die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien,
die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes).“
3. Selbstständigkeit der Erbringung der Rechtsdienstleistung
Nach § 3 kommt eine Erlaubnispflichtigkeit nur in Betracht bei der selbstständigen Erbringung der Rechtsdienstleistung.
„Die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.“
4. Erlaubnisfreiheit in Sonderfällen
Schließlich greift das Verbot der Rechtsberatung und Rechtsbesorgung nur, wenn sich nicht aus den Sonderregeln und Ausnahmetatbeständen der §§ 3 ff. RDG etwas anderes ergibt.
a) Nebenleistung
Nach § 5 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen erlaubnisfrei.
„(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.“
aa) Voraussetzungen des § 5 I
Wenn eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung, § 3 RDG, vorliegt, dann kommt nach § 5 I RDG Erlaubnisfreiheit unter folgen Voraussetzungen in Betracht:
(1) Hauptleistung nicht rechtsdienstleistender Art
(2) Nebenleistung einer Rechtsdienstleistung nach Inhalt und Umfang, § 2 RDG,
(3) Sachlicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebentätigkeit
– Zugehörigkeit der Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild,
– Vorhandensein notwendiger Rechtskenntnisse zur Erbringung der Rechtsdienstleistung.
bb) Teleologische und verfassungskonforme extensive Auslegung am Maßstab der Art. 12 I, 2 I GG.
cc) Erlaubnisfreiheit nach § 5 II RDG
„(2) Als erlaubte Nebenleistungen gelten Rechtsdienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer der folgenden Tätigkeiten erbracht werden: 1.Testamentsvollstreckung, 2. Haus- und Wohnungsverwaltung, 3. Fördermittelberatung.“
5. Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht
Auch nach §§ 2, 3, 5 erlaubnisfreie Rechtsdienstleistungen können in Ausnahmefällen nach § 4 RDG unzulässig sein.
„§ 4: Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, dürfen nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird.“
a) Voraussetzungen
aa) Erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung nach §§ 2, 3, 5 ff.
bb) Unmittelbarkeit des Einflusses der Rechtsdienstleistung auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht
cc) Gefährdung der ordnungsgemäßen Erbringung der Rechtsdienstleistung wegen der anderen Leistungspflicht
6. Erlaubnisfreiheit nach den §§ 6 ff.
Unentgeltliche Rechtsberatung, § 6 RDG, Vereinsberatung § 7, Beratung öffentlich anerkannter Stellen etc. sowie für registrierte Personen, §§ 10 ff.