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2.Kaufmann kraft negativer Publizität des Handelsregisters (§ 15 Abs. 1 HGB)

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63§ 15 Abs. 1 HGB regelt die sog. negative Publizität des Handelsregisters (eingehend dazu noch u. Rn. 216 ff.). Nach dieser Vorschrift kann eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache einem gutgläubigen Dritten von demjenigen, in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war, nicht entgegengehalten werden. Derjenige, in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war, muss sich also gegenüber einem gutgläubigen Dritten so behandeln lassen, als sei die betreffende Tatsache nicht eingetreten. Die Rechtsfolge des § 15 Abs. 1 HGB tritt unter folgenden Voraussetzungen ein:

1. Es muss sich um eine eintragungspflichtige wahre Tatsache handeln.

2. Die Tatsache gehört zu den Angelegenheiten desjenigen, der sich auf die betreffende Tatsache beruft.

3. Die Tatsache ist nicht eingetragen und auch nicht bekannt gemacht worden.

4. Der Dritte darf keine positive Kenntnis von der betreffenden Tatsache haben.

5. Das vom Dritten geltend gemachte Recht muss seine Grundlage im Geschäftsverkehr und nicht im Unrechtsverkehr haben, also auf rechtsgeschäftlichem und nicht auf deliktischem Verhalten beruhen (h. M.).

64Eine eintragungspflichtige Tatsache i. S. d. § 15 Abs. 1 HGB ist gem. § 31 Abs. 2 Satz 1 HGB auch das Erlöschen der Firma infolge Verlusts der Kaufmannseigenschaft. Weil nur Kaufleute eine Firma haben (s. § 17 HGB), erlischt mit dem Wegfall der Kaufmannseigenschaft auch die Firma. Versäumt es der Inhaber des betreffenden Unternehmens, das Erlöschen der Firma zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, muss er sich unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 HGB gegenüber gutgläubigen Dritten weiterhin als Kaufmann behandeln lassen.

Im Fall 3 ist mit der Einstellung des Betriebs des Bestattungsunternehmens und der Aufnahme einer künstlerischen Tätigkeit das Handelsgewerbe des L weggefallen. Weil eine Firma nur für ein Handelsgewerbe geführt werden kann, ist damit auch die Firma erloschen. Das Erlöschen der Firma stellt nach § 31 Abs. 2 Satz 1 HGB eine eintragungspflichtige Tatsache dar. Da L Inhaber sowohl des Bestattungsunternehmens als auch der Firma war, gehört das Erlöschen der Firma zu seinen Angelegenheiten. Das Erlöschen der Firma ist jedoch nicht in das Handelsregister eingetragen und auch nicht bekannt gemacht worden.

V ging davon aus, das Bestattungsunternehmen bestehe nach wie vor, und hatte somit keine positive Kenntnis vom Erlöschen der zugehörigen Firma. Die Forderung des V beruht auf einem Bürgschaftsvertrag und damit auf einem Rechtsgeschäft. Nach § 15 Abs. 1 HGB kann L sich daher gegenüber dem gutgläubigen V nicht darauf berufen, dass sein Handelsgewerbe und mit ihm die Firma erloschen ist; vielmehr gelten beide gem. § 15 Abs. 1 HGB als fortbestehend. Folglich muss L sich nach § 15 Abs. 1 HGB nach wie vor als Kaufmann behandeln lassen.

Die Bürgschaft hat L übernommen, um eine Vernissage mit den von ihm in seinem künstlerischen Betrieb hergestellten Skulpturen zu ermöglichen. Die Bürgschaft gehört somit zum Betrieb des Unternehmens des als Kaufmann geltenden L und stellt daher für diesen ein Handelsgeschäft dar (§ 343 Abs. 1 HGB). Nach § 350 HGB ist die Formvorschrift des § 766 Satz 1 BGB mithin auf den Bürgen L nicht anwendbar. Die von ihm per E-Mail übernommene Bürgschaft ist folglich nicht nach § 125 Satz 1 i. V. m. § 766 Satz 1 BGB formnichtig, sondern wirksam. V kann daher von L nach § 765 Abs. 1 i. V. m. § 535 Abs. 2 BGB die Begleichung der Mietschulden der G von 5.000 € verlangen.

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