Читать книгу Das große Hochstapeln - Michael Waldek - Страница 11
Оглавление7. Kapitel
Albert hat gute Laune, beginnt zu rechnen und sinniert über gekünstelte Intelligenz
Allmählich leert sich das Kongresszentrum der hohen Ebene. Die Lichtshow ist beendet. Die Besucher, meist Wissenschaftler, sind vom Vortrag Alberts begeistert und diskutieren noch vereinzelt in kleineren Gruppen über das soeben Dargebotene. Albert ist ebenfalls zufrieden. Er nennt seinen Vortrag scherzhaft „Spektakelanalyse des Lichtes“. Das macht er zur Entspannung. Hauptsächlich ist die Simplifizierung der Welle-Teilchen-Dualität gegenwärtig sein Betätigungsfeld. Für die Erdenbewohner halbwegs verständlich, will er in einem ersten Schritt seine Photonentheorie zum Licht determinieren. Licht ist ein Strom von Energiepaketen. Damit sollen, zum gegebenen Zeitpunkt, die Erdenbewohner konfrontiert werden. Also Schritt für Schritt. Er darf sie nicht überfordern.
Gut gelaunt betritt Albert sein Büro. Er schmunzelt beim Gedanken, ob er nicht mal zum Spaß die Krümmung seines sozialpsychologischem Zustandes der „Guten Laune“ berechnen sollte. Aber eine dringende Nachricht aus der Zentrale hält ihn davon ab. Umgehend soll er in den Empfangsbereich der hohen Ebene kommen. Er hätte Besuch von einer auserwählten Erdenfrau, die im Zusammenhang mit den aktuellen Vorgängen in Ägypten auf die hohe Ebene gebracht wurde. Der Besuch wäre von höchster Relevanz und hätte erdenhistorische Dimensionen. Er überfliegt die präzise formulierte Aufgabenstellung, macht sich auf den Weg und beginnt zu rechnen.
Also, das Volumen des betreffenden Würfels mit einer quadratischen Grundfläche a² berechnet sich aus der Multiplikation mit der Höhe h. Klar und einfach. Jetzt wird es spannend. Es ist aber nur ein Drittel des Geldes für den Würfel da, der aber die ursprüngliche Grundfläche behalten soll. Albert liebt Textaufgaben und hat sofort die Lösung im Kopf. Klar, man drittelt die Höhe und basta. Aber halt, so einfach ist die Textaufgabe nicht. Die Höhe h sollte ebenfalls erhalten bleiben. Bei einem Drittel wäre die Höhe nunmehr bei ca. 49 m. Eine Höhe unter der Höhe der Djoser Pyramide wäre nicht vermittelbar. Auch wäre die gedrittelte Höhe im Kontext mit der Grundfläche viel zu gering. Also, ein Würfel ist das dann nicht mehr. Klar ist, vom Polyeder sind nur das Polygon der Grundfläche und die Höhe konstant. Also muss sich die Mantelfläche des Polyeders dritteln. Das wird erreicht, in dem man die 4 Mantelflächen als Dreiecke ausbildet. Eine angenehme Ästhetik wird dann erreicht, wenn die Dreieckspitzen in einem Höhenpunkt, in dem Fall bei 146 m, zusammenlaufen. Den Begriff Pyramide, so der Name des Polyeders, kennen die Erdenbewohner schon von Sakralbauten im geschichtlichen Ägypten vergangener Epochen. Allerdings sind die bereits bestehenden Pyramiden entweder rot, geknickt oder auch abgestuft. Eine klare ästhetische Form findet sich in diesen Bauwerken nicht. Außerdem sind das Zwerge gegenüber dem von Albert erdachten mathematischen Modell. Ja, so machen wir es, das wird der Zentrale gefallen, denkt sich Albert. Den Unterlagen entnimmt er, dass eine junge Frau aus Memphis von der Zentrale auserkoren wurde, als seine technische Muse zu agieren. Sie hätte eine durchaus ernst zu nehmende emotionale Bindung zum Bauleiter und wäre somit als Bindeglied zwischen den Akteuren des Projektes und der hohen Ebene bestens geeignet.
Die Frau ist von den örtlichen Einsatzkräften der hohen Ebene auf dem Weg in den Südsudan abgefangen worden. Sie wollte in Nubien eine andere, modernere Lebensart ausprobieren und dem stressigen Alltag der ägyptischen Gesellschaft entfliehen. Das wird sie nun verschieben müssen. Gleich vor Ort begannen die Helfer, die Auserwählte vorbereitend zu manipulieren und mittels Suggestion auf den Besuch in den Räumen der hohen Ebene vorzubereiten. Dann wurde sie in den Empfangsbereich der hohen Ebene gebracht. Albert wird sie nun kennenlernen und beginnen, sie für seine Zwecke zu instruieren.
Albert ist von seiner Mission fasziniert. Der Gedanke, dass ein Bauwerk entsteht, welches tausende Erdenjahre faktisch unzerstörbar in der Wüste rumsteht und Albert dabei die große Ehre zu Teil wird, maßgeblich das Gelingen zu beeinflussen, erfüllt ihn mit großer Befriedigung. Er betrachtet seinen gegenwärtigen Einsatz als Aufwärmübung für seine eigentliche Mission, der Schaffung der Grundlagen des Verstehens der historischen, der gegenwärtigen und der zukünftigen Ereignisse im Universum. Er hat jetzt eine mathematische Lösung des Würfelproblems gefunden und ist selbst gespannt, wie sich die weiteren Abläufe entwickeln werden. Er hat einen Plan und den will er heute beginnen zu verwirklichen.
Die Erdenbewohner werden das Bauwerk als Weltwunder betrachten und staunen, dass es die anderen sechs geplanten Weltwunder bei weitem überragen und überleben wird. Mit Heiterkeit stellt sich Albert vor, wie Heere von Archäologen, Ägyptologen, Ingenieuren und Spinnern ihre Theorien zum Zweck des Bauwerkes und zum Verfahren der Realisierung verkündigen und es z. T. dabei als Wissenschaft verkaufen. Der Bau des Turms von Babel verwirrte die Sprache der Erdenbewohner. Der Bau des Cheops wird den Erdenbewohnern die Sprache verschlagen. Sie werden fassungslos davorstehen und ehrfürchtig von einem Rätsel sprechen. Erst wenn die Erdenbewohner bereit sind, der Vernunft im Denken und Handeln die erforderliche Priorität beizumessen, werden sie mittels schöpferischer Kreativität und wahrhafter Staatskunst die universellen Signale verstehen. Wenn Schwäche als individuelle Chance begriffen wird und die Märchen von gieriger Stärke beendet werden können, wenn die geheuchelten Umarmungen von Zweckbündnissen aufhören, wenn sie das gegenseitige Zufügen von Gewalt beenden, und wenn sie nicht mehr länger intrigant und scheinheilig sein wollen, dann werden die Erdenbewohner begreifen, zu wessen Leistungen eine wahrhaft friedlich vereinte Menschheit fähig ist.
Leider werden erst allmählich Entwicklungen zur Übereinstimmung von Aussage und Handeln, Denken und Fühlen eintreten. Genau hier ist der Ansatz zum beabsichtigten Eingriff durch die auserwählten Mitarbeiter im Fachausschuss für Erdangelegenheiten. Die werden all ihr Können einsetzen müssen, um das hohe Ziel einer friedlichen und gesunden Welt auf dem Planeten Erde durchzusetzen. Mit dem Bau der großen Pyramide werden sie die Erdenbewohner inspirieren, die wahrhaft großen Zusammenhänge in der Natur und der Gesellschaft zu erkennen. Die Erdenbewohner sollen endlich damit aufhören, sich selbst und ihren wundervollen Planeten zu zerstören. Sie sollen denken lernen und wenn sie schon einen Gott brauchen, dann sollen sie auch auf ihn hören. Kein Gott will, dass sich die Erdenbewohner gegenseitig wehtun, aber sie machen es über tausende Erdenjahre, unablässig.
Albert öffnet jetzt die Tür zum Besucherzentrum, sieht Schi Tot und ist von ihrer Schönheit überwältigt.