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11. Kapitel

Eine wichtige geheimdienstliche Mitteilung und eine freche, überzeugende Schi Tot

Der Pharao hat seine Staatsgeschäfte unterbrochen und zieht sich in den Teil seines Palastes zurück, in dem sich seine Privatgemächer befinden. Auf dem Weg dahin bestätigt er seinem Privatsekretär die Reihenfolgeliste der für heute Abend vorgeschlagenen Damen aus seinem Harem. So wichtig ist ihm das heute nicht, denn sein Bauprojekt nimmt ihn voll und ganz in Beschlag. Er betritt sein Arbeitszimmer und befiehlt den Wachen, niemandem Zutritt zu gewähren.

Cheops setzt sich an seinem Schreibtisch und beginnt seine Gedanken zu ordnen. Er hat sich frische Früchte und einen Minze-Cocktail kommen lassen. Im Palast ist es ruhig. Die Handwerker nebenan, die die Bibliothek renovieren, frühstücken gerade. So kann er sich gut konzentrieren. Seine Stimmung schwankt zwischen Skepsis und Euphorie. Kann er dieser wunderbaren Idee trauen? Sein Bauchgefühl sagt, ja. Die Idee der besoffenen Bauleute, den Wüstenwürfel sinnvoll als Grabanlage für den Pharao zu nutzen, findet er genial. Die Idee wurde ihm von einem Hofschmeichler zugetragen. Der gehört am Hofe der Brigade der geheimdienstlichen Mitarbeiter an und hat beste Beziehungen zur Fahrdienstabteilung des Baustabes. Cheops ruft sich nochmal in Erinnerung, dass nach seiner Kenntnis die Bestattungsanlagen seiner Vorgänger Djoser und Snofru im Vergleich zu seinem jetzigen Projekt eher winzig ausgefallen. Flache instabile pyramidenähnliche Steinhaufen, gebaut in unbedeutender Höhe über den eigentlichen Bestattungsstätten, den tief gelegenen Mastabas, sind nun wirklich keine Renner mehr. Die toten Regierungschefs wurden nach den damals gängigen Totenzeremonien nach unten in den Keller getragen und den Göttern überlassen. Mastabieren nannte man diese Staatsbegräbnisse damals. Schrecklich.

Jetzt scheint sich für Cheops eine völlig neue Dimension seiner eigenen Grabanlage zu eröffnen. Er wird an seinen letzten Ruheort hinaufgetragen, stellt er sich begeistert und bildhaft vor. Hinaufgetragen in Richtung Gestirne und nicht hinabgetragen in Richtung des Reiches der Finsternis. Das ist dann sein Markenzeichen. Fest steht, dass er damit in die Geschichte eingehen würde und genau das fasziniert ihn.

Er hat jetzt richtig gute Laune und lässt den Streitwagenfahrer zu sich kommen, der die Trinkgemeinschaft an dem betreffenden Abend betreut hat. Der hat gerade dienstfrei und erscheint sofort, wirft sich demütig in den Staub und wirkt dabei eingeschüchtert. Cheops verlangt vom Dienstleister nochmals die Darlegung der offen gelallten Grabanlagenspinnereien seines Bauleitungspersonals. Jetzt erfährt der Pharao aus erster Hand, dass die oberen zwei Hohlräume im Würfel als Grabkammern für den Pharao und seine Gemahlin dienen könnten. Dass weiterhin die angedachten engen und schrägen Kanäle der betreffenden Hohlräume nicht zur Entrauchung verwendet werden sollten, sondern als Wege der Totenseelen zu den Göttern, die in den Gestirnen wohnen. Abgerundet werden könnte die Wüstenwürfelanlage mit zwei Tempeln, einmal am Nilufer als Taltempel und zum anderen am Fuße des Bauwerks als Totenopfertempel. Beide Tempelanlagen sind mit einem prunkvollen aufsteigenden Weg (5) verbunden, auf dem die einbalsamierte Leiche des Pharao mittels feierlicher Prozession hinaufgetragen werden soll. Der Untertan beendet seinen Bericht. In seinen verunsicherten Augen ist der schmähliche Verrat sichtbar und er bittet um Gnade für die Indiskretion. Doch das Gegenteil ist der Fall. Cheops amüsiert weiter gut gelaunt die Untergebenheit und er bedeutet dem Streitwagenfahrer, dass er eine gute Nachricht überbracht hat, für die er sich großzügig zeigen wird. Der Informant solle sich in der Küche ein Stück Kuchen geben lassen, vom Blech für den Pharao versteht sich.

Cheops bestellt seinen Wesir für Städtebauangelegenheiten zu einer Blitzbesprechung. Als dieser nicht gleich kommt, schickt er zwei kräftige Diener los, die den Wesir suchen und umgehend herbeizubringen haben. Es dauert nicht lange. Der eine Diener drückt nachhaltig den Wesir in den Raum. Der andere Diener hat eine junge schöne Frau unter den Arm geklemmt. Diese fuchtelt mit Händen und Beinen und protestiert mit ziemlich großen Rabatz. Der Wesir spielt ewig geübte Unterwürfigkeit und bittet um Vergebung, weil diese junge Frau es wagte, in den Palast ohne Terminvereinbarung vorzudringen. Aufgeregt berichtet der Wesir, keinem Untertan sei es gelungen, die junge Frau mit ihrem Begehren, Cheops sprechen zu wollen, aufzuhalten. Alle seien geblendet von ihrer göttlichen Schönheit und ihrem verführerischen Gang. Zwei Wachmänner wären fast in Ohnmacht gefallen, berichtet der Wesir und bittet um Gnade für dieses herrliche Geschöpf.


Mit einer Handbewegung bedeutet Cheops den beiden Dienern und dem Wesir, den Raum zu verlassen, nur die junge Frau soll bleiben. Mit neugierigem Blick mustert er die junge Frau. Irgendwie kann er seine Untertanen verstehen. Diese Frau ist von unbeschreiblicher Schönheit. Ein vollendeter weiblicher Körper in perfekter Kleidung, mit einem hervorstechenden Schmuck und einer Frisur, wie sie nur große Haarstilisten erschaffen können, steht nun vor ihm. Sie ist noch atemlos vom Kampf mit seinen Dienern. Cheops Blick konzentriert sich auf ein zentrales Symbol im Zentrum Ihres Brustschmuckes. Gleiches kann er auf dem großen goldenen Siegelring an ihrer rechten Hand entdecken. Es ist eine wundervoll proportionierte Pyramide von herausragend schlichter Ästhetik. Cheops lässt sich nicht anmerken, dass er angespannt und neugierig ist. Sein Zögern bedeutet für Schi Tot das Zeichen, das Wort zu ergreifen. Ihre Atmungsorgane haben sich erholt und sie stellt sich als bescheidene Künstlerin aus Memphis vor. „Ein älterer Mann mit dem Namen Albert hat mich zur dir geschickt, oh göttlicher Herr, um dich zu überzeugen, dass eine Pyramide um ein Vielfaches großartiger sein wird als der geplante Wüstenwürfel.“ Sie deutet dabei auf ihren Schmuck und den Siegelring. Cheops ist über diese Unverfrorenheit amüsiert, lächelt Schi Tot an und fragt: „Wer ist bitte schön Albert?“

Das große Hochstapeln

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