Читать книгу Fernhalten. Ein Neuseeland-Roman - Miriam Rathke - Страница 23

Оглавление

Taupo, 27. Februar 2010

Liebster geliebter, so sehr begehrter und über alle Maßen vermisster Gabriel,

es ist schwer, unsere gemeinsamen Momente zu gewichten. Es gelingt mir nicht, sie irgendwie einzuordnen. Jeder Moment in deiner Nähe war außergewöhnlich kostbar und hat mich tief in meiner Seele, in meinem Herzen berührt.

Ich werde nie unsere erste Begegnung vergessen. Es war ein so beeindruckender Wintertag! Es schneite seit Stunden aus allen Himmelsrichtungen! Ich saß zu Hause in meiner Wohnung im zweiten Stock, schaute aus dem Fenster und sah nichts als Schneegestöber! Ich weiß gar nicht mehr, ob wir uns schon auf einen Treffpunkt geeinigt hatten, als wir nachmittags kurz miteinander schrieben. Ich sagte, dass die Vorstellung, bei dem Wetter das Haus zu verlassen, eine grauenvolle sei … und deine Antwort war: „Dann verlasse nicht das Haus. Sondern mach mir nur die Tür auf.“

Ich hatte nicht mit diesem Vorschlag gerechnet, aber ich hatte ebenso wenig gezögert, ihm zuzustimmen. Wir waren zwei völlig Fremde. Es gab nur ein paar E-Mails, ein paar Fotos und zwei Telefonate. Trotzdem hab ich dir mit einer Selbstverständlichkeit Einlass in meine Wohnung gewährt, die – rein objektiv betrachtet – wohl durchaus als Leichtsinn zu bezeichnen wäre. Du warst nicht mein erstes Internetdate, das weißt du. Aber bei all den anderen gab es immer einen Moment auf dem Weg zum Treffpunkt, kurz bevor man sich gegenüber stand und die Sekunde der Wahrheit unumgänglich war, in dem ich mich fragte: „Warum nur mache ich das?!? Das ist mir doch alles viel zu aufregend!“

Diesen Moment gab es bei dir nicht. Ich war nicht sonderlich aufgeregt. Ich hab mich nur wie verrückt darauf gefreut, dich endlich kennenzulernen und in deine Augen zu schauen!

Als du dann vor mir standest, war es einfach klar. Es gab keinen Engelsgesang, kein Feuerwerk, keine Harfen und Geigen. Es war einfach klar. Wir lächelten beide ergeben, wissend, dass die Suche nun ein Ende hatte.

Stundenlang saßen wir bei Kerzenschein auf meinem weißen, großen Sofa, ganz nah beieinander, des anderen Hand haltend und über Gott und die Welt redend. Irgendwann hast du mich geküsst und wir sind in mein Schlafzimmer gegangen, um uns in meinem Himmelbett zu lieben. Wir haben nicht gevögelt. Wir haben nicht gefickt. Wir haben uns geliebt.

Du hast die Nacht bei mir verbracht, auch das war selbstverständlich, und als du dich morgens liebevoll und ausgiebig von mir verabschiedet hast, sagtest du: „Clara, was hätte ich nur gemacht, wenn es dir einzig um Sex gegangen wäre und nicht um mich?“

Nie zuvor saß ein Mann auf meiner Bettkante und hat mich das gefragt! (Und wenn ich es jetzt so niederschreibe, dann muss ich erneut schmunzeln … wie auch an dem besagten Morgen! Du bist wirklich anders!! Herrlich anders!!)

Diese Frage stellte sich zum Glück nicht mehr. Es gab bei uns nicht das klassische „Was ist das nun? Was wird es? Ist es Spaß? Spaß für ihn? Spaß für mich? Habe ich Erwartungen? Hat er Erwartungen? Sind die Erwartungen deckungsgleich?“

Wir haben uns haben wollen. Schon vor unserer Begegnung und ganz gewiss danach. Es fühlte sich einfach so richtig an. So wie es sich wohl anfühlen muss, wenn es etwas Großes werden soll.

Zu oft habe ich mir einreden lassen und gewiss auch selbst eingeredet, dass ich erst wirklich begehre und schlussendlich liebe, wenn mich das Jagdfieber packt. Wenn ein Mann es schafft, mich zu locken, zu faszinieren und dann doch immer irgendwie unnahbar bleibt.

Guess what … das ist Bullshit! Ich habe nie zuvor einen Mann so sehr begehrt und auf so besondere Art und Weise geliebt, wie dich. Und dieses Gefühl ist vereint mit Sicherheit und tiefem Vertrauen. Gibt es etwas Kostbareres? Wohl kaum!! Und ich bin mal wieder an einem Punkt, an dem ich mein Glück nicht fassen kann. Es ist das glücklichste Glück, das ich je erleben durfte! Dein Verdienst …

Ich sehne mich so sehr in deine Arme! Ein paar Wochen, nur noch ein paar Wochen, sage ich mir immer wieder, um mir Mut zu machen. Aber jede Woche ist zu viel, jeder Tag, jede Stunde. Es schmerzt.

So zauberhaft die Erinnerungen auch sein mögen, mein Körper fordert Gegenwart!

Ich berühre mich so oft es mir möglich ist. Glaube mir, es gibt keine Gelegenheiten – wo auch, wann und wie? Aber ich schaffe mir welche, um nicht unerträglich zu werden. Wie soll ich diese Reise genießen können, wenn mich meine Lust in den Wahnsinn treibt?

Meinen Händen wird Höchstleistung abverlangt. Sind es doch immer nur Minuten, die ihnen bleiben. Wobei … eigentlich sind es nicht meine Hände. Es ist nur meine Fantasie. In meiner Fantasie sind es deine Hände, sind meine Hände deine Zunge. Da verwundert es nicht, dass es nur einen kurzen Augenblick braucht, um befriedigt zu sein. Je länger ich dieses Spiel jedoch spiele … umso weniger leicht scheint mein Körper zu täuschen zu sein. Er hat deine Hände nicht vergessen. Deine göttliche Zunge erst recht nicht. Und langsam wird er ungnädig. Er will das Original zurück. Ich reiche mir schon lang nicht mehr. Das kannst nur du …

Du bist nicht steigerbar.

Es sehnt sich nach dir

deine Clara

P.S. Wir sind heut einen Monat zusammen. Das ist gar nichts und doch alles.

Fernhalten. Ein Neuseeland-Roman

Подняться наверх