Читать книгу Fernhalten. Ein Neuseeland-Roman - Miriam Rathke - Страница 8

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Auckland, 17. Februar 2010

Hallo mein Liebster,

ich glaube, ich war in meinem Leben nie zuvor so müde und erschöpft. Ich bin schon im Taxi, das uns ins Hotel gefahren hat, eingeschlafen. Ich kriege im Flieger einfach kein Auge zu. Im Sitzen schlafen ist nicht mein Ding (es gab also doch noch ein Indiz dafür, dass wir NICHT in der Business-Class saßen – die auf Dauer so unbequemen Sitze!)

Der Taxifahrer hat den Vogel abgeschossen. Nach gefühlten 100 Stunden im Flieger und vielleicht zwei Minuten Schlaf sieht er uns völlig abgewrackt unsere Rucksäcke zum Taxi schleppen und sagt, nachdem er uns unsere Nationalität entlockt hat: „The Germans are always so beautiful *Päuschen* … and strong!“ Welch kläglicher Versuch, ein gutes Trinkgeld zu bekommen! Und trotzdem mag ich diese charmante (oder humorvolle?) Art der Neuseeländer schon jetzt! ☺

Nun sind wir also da … in Auckland. Wir haben es sehr gut getroffen mit unserer Unterkunft! Ein äußerst schönes, modernes Hotel. Sehr zentral gelegen!

Um dem Jetlag ein Schnippchen zu schlagen, sind wir sofort noch mal los, nachdem wir unsere Sachen aufs Zimmer gebracht hatten. Wir fanden uns in Auckland City auf Anhieb gut zurecht. Keine Gefahr, dass wir uns verlaufen könnten! ☺ Wir mussten nur die Straße geradeaus runtergehen, an dem hügeligen Park vorbei und schon waren wir im lebendigen Einkaufsviertel. Diese Stadt ist gewiss keine, die einen vor lauter Schönheit sofort in ihren Bann zieht. Auckland ist eher so der Kumpeltyp: zugänglich, aufgeschlossen, nett, aber rein optisch eher unauffällig. Wir sind ein Stück durch den Stadtkern spaziert und ich muss sagen, die Queen Street (Aucklands Shoppingmeile schlechthin) hat mich zu großen Teilen eher an die Wandsbeker Chaussee als an den Jungfernstieg oder die Mönckebergstraße erinnert. Aber die vereinzelten Palmen haben alles wieder rausgerissen! Damit kann Hamburg nicht dienen.

Sehr viel mehr Aktivität war vorerst leider nicht drin. Wir schleppten uns wie zwei Zombies durch die Straßen. Der lange (in meinem Fall zudem schlaflose) Flug hat uns ziemlich ausgeknockt. Und dann diese Straße zurück zum Hotel, was für eine saftige Steigung! Deiner das Flachland liebenden Hamburger Deern machen diese ganzen Berge … naja … Hügel … also gut … sagen wir … Erhebungen wenig Spaß! Ich muss morgen unbedingt darauf achten, ob die Menschen hier auch Fahrrad fahren! Das kann ja nun wirklich kein Vergnügen sein! Aber in Anbetracht der Tatsache, dass wir in diesem Land einiges an Strecke per pedes zurücklegen wollen, kann ein bisschen „Wandertraining“ ja nicht schaden! Und Neuseeland bietet uns, wie wir voller Freude feststellen konnten, für die Kalorien, die wir „beim Wandern“ verbrennen, eine unfassbar delikate Möglichkeit der Energiezufuhr! Als wir uns in der Innenstadt umschauten, erfüllte unsere Nasen ein derart köstlicher Duft, dass man innehalten musste – staunen, kaufen und genießen!! Du erinnerst dich an den Abend, als wir in deinem Bett lagen und du mich mit wirklich guten Cookies gefüttert hast? Mit den besten, die es bei deutschen Bäckern zu kaufen gibt. Vergiss diese Cookies!! Zwischen diesen Cookies und denen von Mrs. Higgins liegen Welten! Das ist nicht nur ein Keks (oder „Bikkie“ wie der Neuseeländer sagen würde), das ist kulinarischer Hochgenuss! Innen chewy, außen kross! Und das Beste: Es gibt bestimmt 15 Sorten! Pfefferminz! Karamell! Schoko-Kirsch! Und göttlich: weiße Schokolade mit Himbeere! Am liebsten würde ich dir welche schicken! (Wären sie nicht eine Woche mit der Post unterwegs …) Na ja, selbstlos wie ich bin, esse ich einfach welche für dich mit. ☺

Es ist so herrlich, dem Winter entkommen zu sein! Kein Schnee, kein Eis, keine dicke Winterjacke mehr! Nur noch ärmellos unter dem Blau des Himmels. Ich kann es nicht erwarten, bis die Sonne meine Haut küsst! Vielleicht, weil ich mich so sehr nach deinen Küssen sehne und verzweifelt Ersatz suche …

Deine SMS waren schmerzlindernd und quälend zugleich. Zu wissen, dass es dir geht wie mir, genauso geht wie mir, macht mich unsagbar glücklich. Aber die Sehnsucht brennt in meiner Brust, macht sich so breit in meinem Herzen, dass es beinah aus dem Takt gerät.

Schreib mir von dir … schreib mir von deinem Alltag, an dem ich momentan nicht teilhaben kann. Erzähl mir von deiner Arbeit, von den Büchern, die du liest, von deinen Ideen und Träumen. Lass mich auf dem Papier bei dir sein.

Ich werde mir morgen ein Internetcafé suchen. Mit sehr viel Glück erwische ich dich morgen Früh am Rechner, bevor du ins Bett gehst. Vielleicht können wir ein wenig chatten. Das wäre das Schönste, das Allerschönste für mich!

Ich hoffe, ich bin nicht zu erschöpft, um nun zu schlafen. Zumindest werde ich jetzt versuchen, zur Ruhe zu kommen.

Ich küsse dich zur Nacht.

Deine Clara

Fernhalten. Ein Neuseeland-Roman

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