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Kurze Geschichte der Hypnose

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Auf die lange Geschichte der Hypnose und deren weitverzweigte Anwendung im Verlauf der Jahrhunderte detailliert einzugehen würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Deshalb erfolgt hier nur ein kurzer Abriss: Seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte setzen Schamanen suggestive Techniken ein, oft gepaart mit rhythmischen Klängen, um Menschen in Trance zu versetzen und Heilungen zu bewirken.14

Wie Forscher der Chicago School of Professional Psychology darlegen, war seit den frühesten Anfängen sogar Yoga eine Methode, sich selbst oder andere in eine Quasi-Hypnose zu versetzen: »Trancezustände werden in Indien seit Langem in einem heilenden Kontext angewandt. Die Verwendung von Gesängen, die Hervorrufung eines Trancezustandes durch Rituale und durch Meditation erreichte veränderte Bewusstseinszustände waren Mittel zur Selbstverwirklichung, zum psychischen Wohlbefinden und zur Steigerung der Gesundheit. […] Yoga Nidra (das Yoga des Schlafes) ist eine dieser Praktiken. Sie ähnelt der Hypnose und anderen Techniken von Geist-Körper-Heilmethoden, wie sie in der Psychotherapie angewendet werden.«15

Yoga Nidra (Nidra bedeutet Schlaf oder Nicht-Bewusstheit) wurde schon Jahrhunderte vor Christus praktiziert und ist bereits in den Texten der Upanischaden erwähnt. Heutzutage greift die US-Armee auf diese uralte Technik zurück, um posttraumatische Störungen von Soldaten zu heilen.16

Schon vor der Anwendung dieser hinduistischen Praktiken errichteten die Ägypter (später gefolgt von den Griechen) die bekannten Schlaf- oder Traumtempel, wo Menschen in Trance versetzt und dann in einen besonderen Raum begleitet wurden. Ihre Träume konnten anschließend interpretiert und als Wegweiser zur Gesundung miteinbezogen werden.17 Denn während des Schlafs, so Hippokrates, »ordnet die Psyche ihr Haus« − übrigens eine hochmoderne These, über die der Spiegel im März 2021 in seinem Artikel »Warum träumt der Mensch?« berichtete.18

Nach Hippokrates deuten Träume übrigens manchmal auch auf körperliche Leiden hin.19 Diese Erkenntnis wurde vor einigen Jahrzehnten in den USA wieder aufgegriffen, und man konnte die Existenz von prodromalen, also von warnenden Träumen über bevorstehende Krankheiten durch Studien nachweisen.20

Die Hypnose geriet lange Zeit in Vergessenheit, bis sie im 18. Jahrhundert von Anton Mesmer wiederbelebt wurde. Im 19. Jahrhundert entfachte die Hypnose dann eine Welle wissenschaftlicher Neugier, die Freud und später C. G. Jung dazu brachte, eine starke Faszination für diese Methode zu entwickeln.21 Beide hörten aber irgendwann wieder auf, ihre Patienten zu hypnotisieren, weil ihnen die Funktionsweise dieser Technik zu obskur wurde. Heute kommen Trance und Hypnose in Psychologie und Psychiatrie erneut erfolgreich zum Einsatz.22

Die hypnotisierte Gesellschaft

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