Читать книгу Die Ringe des Herrn - Monduras IX. - Страница 22

Unterwäsche und ein Hemd

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„Aufwachen!“ Eine sanfte Stimme drang an ihr Ohr, flog auf der Schallwelle in kreisenden Bahnen durch den Gehörgang und legte sich seicht, wie erster Schnee, auf das Trommelfell. Sie kannte die Stimme, auch wenn sie bisher nur sehr selten in ihren Genuss gekommen war. Die Stimme zog ihr Bewusstsein aus der wabernden Traummasse ins Hier und Jetzt und Melly öffnete die verklebten Augen.

„Wo bin ich?“, fragte sie schwach, noch bevor die ersten Bilder das Gehirn erreichten.

„In Sicherheit“, sagte die Stimme und reichte ihr die dicke Brille. Langsam erschien das passende Gesicht dazu.

„Dorivan!“ In ihre Züge gruben sich angestrengt ein paar Lachfältchen, doch sie gaben schnell auf, da sie Melly nicht unnötig belasten wollten. Sie fühlte sich müde. Nicht die übliche Müdigkeit, nein, eher wie ein kleines Papiermännchen, was einmal zerpflückt, durch den Fleischkoyoten gedreht und wieder zusammengeflickt worden war.

„Sie kennen mich, wie es scheint!“ sagte Dorivan unbeeindruckt bis trocken, über sie gebeugt. Mel blickte sich um. Sie lag ausgestreckt in einem Doppelbett. Seinem Doppelbett. Heiße Röte breitete sich in ihrem Gesicht aus und verlegen blickte sie zur Seite. Er wechselte das Thema.

„Haben Sie Hunger? Ich könnte Ihnen etwas …“, schlug er vor, wurde jedoch unterbrochen.

„NEIN!“ sagte Mel, etwas zu laut. Nicht, dass sie keinen Hunger gehabt hätte, aber sie wollte ihm keineswegs zur Last fallen. Am Besten gar nicht hier sein, hier, in seinem Bett, in seinem Zimmer, unter seiner Lampe, dessen Licht sie schon so oft vom Auto aus gesehen hatte. Es war ihr mehr als unangenehm und peinlich. Ihre erste Begegnung hätte schlimmer nicht ausfallen können. Mit äußerster Anstrengung bäumte sie sich auf und spürte einen stechenden Schmerz, der sich seine Zentrale unter ihrer Bauchdecke eingerichtete hatte. An seinem Schaltpult sitzend schickte er aggressive Strahlen in alle Richtungen und lachte unhörbar hämisch. Melly fiel sofort wieder zurück in die Kissen.

„Sachte, junge Dame“, lächelte der charismatische Mann und legte seine warme, weiche Hand auf ihre Schulter, die sofort angenehm warm wurde. Eine Art magischer Energie ging von ihm aus. Oder war es nur Einbildung? Geschah dies alles hier wirklich? Was war überhaupt geschehen? Wie kam sie hier her?

Plötzlich dann dämmerte es. Das Letzte woran sie sich erinnern konnte war, dass sie vor diesem großen Truck zu Boden gegangen war. Hastig richtete sie sich wieder auf, schlug die Bettdecke zur Seite, bemerkte gar nicht, dass sie nur eine Unterhose und ein Hemd von ihm trug, zog es herauf und betastete den Bauch. Nichts. Es war nichts zu sehen. Die Haut war unverbunden und glatt wie zuvor. Es war alles ein böser Traum. Aber warum war sie dann hier?

„Irgendetwas nicht in Ordnung?“, fragte Dorivan, scheinbar verwirrt.

Mel schüttelte langsam den Kopf:

„Es ist weg!“

„Was ist weg?“, frage Dorivan unschuldig, während seine Augenbrauen sich gegenseitig zuzwinkerten.

„Die … Verletzung! Ich hatte eine Verletzung, hier, genau hier!“ Aufregung stieg in ihr empor und mit ihr die gesammelten Ereignisse der letzten Nacht.

„Wir waren in der Gasse. In der dunklen Gasse und du warst da und der Obdachlose war da und die beiden Schläger waren da.“ Die Schläger, genau. Der Groschen fiel, wenn auch zeitlupig münzweise. Mel war noch nie die Schnellste gewesen, doch jetzt wusste sie, was los war. Dorivan verhielt sich still und dann platzte es aus Brommer heraus:

„Du hast mir das Leben gerettet!“

Überraschung setzte sich auf Dorivans Schoß und sie wog schwer:

„Sie … erinnern sich? Wirklich?“ Irgendwie machte er einen ertappten Eindruck, doch sie merkte es nicht. Sie war fasziniert, dass sie noch lebte und dass er sie, Moment mal, geheilt hatte. Ja, das war es! Er hatte sie geheilt. Wie in den heiligen Schriften, wenn von Wunderheilungen und Wiederauferstehung die Rede war. Andernfalls würde sie jetzt im Krankenhaus liegen, würde operiert werden und einen Verband im Mulldesign tragen. Aber nichts von alledem. Er hatte sie geheilt.

Herr im Himmel sei Dank, dass du mir diesen Mann geschickt hast. Gelobt seist du! Sie bekreuzigte sich und auf einmal passte alles zusammen. Warum war es ihr nicht früher aufgefallen, sie war so dumm und nativ gewesen, oder wie das heißt. So blöd … es war offensichtlich, so offensichtlich. Kartoffeln vor den Augen und Möhren in den Ohren und, ach egal. Nun wusste sie es, sie hatte es die ganze Zeit über gespürt und in unzähligen Tagen und Nächten ihrer Beschattungsarbeit geahnt:

„Du bist ein Engel!“

In ihr tobte und raste es. Ein wilder Fluss von Rafting fahrenden Gedanken. Das Boot kenterte, wurde zerrissen und die Gedanken wurden allesamt, Arme und Beine wedelnd, über die Stromschnellen und Felsbrocken in alle Buchten, Nebenarme und Meere gespült und verstreut.

Dorivans Augenbrauen gingen in Lauerstellung:

„Das ist doch Quatsch.“ Pause. „So ein Unsinn.“ Pause. „Haben Sie Fieber?“ Dorivan wollte seine Hand auf ihre Stirn legen, doch sie wich zurück und zog die Bettdecke schützend vor sich. Der Schmerz meldete sich erneut mit übertriebener Härte.

„Ich lasse Sie jetzt besser allein!“ entschied er, stand auf und trat auf die Tür zu. Mit der Türklinke in der Hand hielt er einen Moment inne:

„Wenn Sie etwas brauchen, oder einfach nur reden wollen… Ich bin nebenan.“ Dann eine kurze Pause.

„Ruhen Sie sich aus. Es war eine anstrengende Nacht!“ und er trat ab.

Melly sackte zusammen. Ihr wurde ganz heiß und kalt. Verwirrung floss wie dicker Brei durch ihre Adern und sie musste ihre Aufregung im Zaum halten.

Jetzt nur nicht durchdrehen, du bist ein großes Mädchen. Sie kuschelte sich tiefer unter die Decke und schloss die Augen. Ihre Müdigkeit rang die Aufregung nieder, doch an Schlaf war nicht zu denken. Sie döste vor sich hin. Nach einiger Zeit der Einsamkeit in seinem bequemen, gut riechenden Doppelbett stattete Penhall ihr einen Überraschungsbesuch ab. Konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen?

„Melly, das ist deine Chance!“ Er redete sie mit ihrem eigenen Namen an. Wie ungewöhnlich. „Darauf hast du seit Jahren gewartet. Er ist ein richtiger Engel. Alle Zeichen deuten darauf hin. Er ist mildtätig, aufopferungsvoll, selbstlos, gut aussehend, hat dich narbenfrei geheilt und wiederbelebt. Daran besteht kein Zweifel. Der Erstkontakt ist hergestellt.“ Der Detektiv ging einmal bedächtig um das Bett herum, während Mel ihm mit dem Hornbrillenblick folgte. Dann fuhr er schulmeisterhaft fort:

„Jetzt hast du eine Mission. Sie ist für dich, Gott und die Menschheit von größter Wichtigkeit. Es ist kein Zufall, dass der Herr dich auf Dorivan angesetzt hat. Also tu, was getan werden muss und was der Allmächtige dir aufgetragen hat.“ Nun, nach den jüngsten Enthüllungen, fühlte sie sich einmal mehr zu Dorivan hingezogen. Zudem hatte sie Gott auf ihrer Seite, er hatte ihn in ihr Leben gebracht. Sie folgte also seinem göttlichen Plan, es war sein Wille, dass sie hier war. Und es kam auch sicher nicht von ungefähr, dass sie, Melly Brommer, sie hob ein wenig stolz das Kinn unter der Bettdecke hervor, Vorsitzende der Vereinigung Ufogläubiger Christlicher Konspirationstheoretiker, kurz: V.U.C.K, war. Endlich konnte sie den Beweis erbringen, dass die mystischen Engelswesen, von denen in so vielen Schriften und Berichten die Rede war, in Wahrheit Außerirdische waren und sind! Eigentlich hätte sie eine solche Begegnung bei einem ihrer jährlichen Urlaubstrips zum Stein-Hauf in Rottlant erwartet. Dass sie hier in Calleroche einen echten Außerirdischen treffen würde, geschweige denn, sich halb nackt in seinem Bett ausruhen, war mehr als überraschend. Über diese Tatsachen nachsinnend und ihre nächsten Schritte planend, schlief sie, in Biodaunen gebettet, auf Dorivan Kranz's Bett ein.

Als Melly diesmal erwachte, fühlte sie sich äußerst ausgeruht, entspannt und zur Gänze von ihrer Mission erfüllt. Ja, regelrecht mit Tatendrang und Selbstvertrauen aufgeladen. Das Einzige was ihre gute Laune trübte, war der widerliche Geschmack nach satanischen Bakterien auf der Zunge und ein Magengrummeln wie ein V8-Motor.

Die Hornbrille zurechtrückend ließ sie den Blick durchs Zimmer schweifen. Zögerlich stellte sie einen Zeh nach dem anderen auf den warmen Holzboden. Fußbodenheizung tippte sie. Durch die schweren Vorhänge, die sie das erste Mal von der Innenseite aus sah, drang ein wenig Licht. Es war also Tag. Sie zog die dicken Stoffbahnen beiseite. Außer dem Bett befanden sich noch eine altmodische Kommode mit passendem Stuhl, ein großer Kleiderschrank und ein ovaler Standspiegel im Raum. Alles alt und abgenutzt, nicht schäbig, doch auch nicht antiquarisch. Mel fand, dass es zu Dorivan passte. Auf einem Stuhl lagen ihre gewaschenen, gebügelten und gefalteten Sachen. Erst jetzt fiel ihr die Teilentblößtheit auf, die an ihr klammerte. Lediglich ihre Unterhose und ein kariertes Hemd, was nach ihm roch, waren die letzte Bastion. Spitzfüßig trippelte sie zu dem Stuhl und zog sich schnellstens an. Die Gedanken daran, er hätte sie umgezogen und ihren Körper gesehen, ignorierte die prüde Mel. Einige Minuten später trat sie mit lautem Herzklopfen in das übergroße Wohnzimmer.

„Guten Morgen!“ schallte es aus der Kochnische. Ein Geruch aus Eiern, Speck, Lauch, dies und jenem und noch ein wenig von dem und das und etwas, verbreitete sich. Mel hatte keine Ahnung vom Kochen.

„Guten Morgen“, gab sie verhalten zurück. Da stand er und sah so ver…, sie berichtigte sich, …rückt gut aus.

Allmächtiger, führe mich nicht in Versuchung. Oder waren auch diese Gefühle Gottes Plan? Sicher war sie sich nicht, also wartete sie auf ein Zeichen. Und da kam es auch schon:

„Setzen Sie sich“, forderte Dorivan seinen Gast auf, während er in der Eiersuppe herumrührte. „Wie es scheint, geht es Ihnen bereits besser.“ Dabei lächelte er ein süßes Lächeln wie Schokopfannkuchen. „Letzte Nacht haben Sie ein wenig …“ Er suchte das Wort, fand das Salz und streute es auf die Eierpampe in der Pfanne. „… fantasiert!“ fügte er dann doch noch hinzu.

Mel setzte sich, peinlächelte leicht wie ein Clownfisch zwischen seinen Lieblingskorallen und gab überrascht:

„Hab ich das?“ Er nahm die Pfanne von der Herdplatte.

„Ja, das haben Sie.“ Zwei Teller nahmen die bereiteten Speisen auf ihre Rücken und ließen sich freudestrahlend auf einer weißen Tischdecke servieren. Dorivan legte ein Küchentuch zur Seite und goss Melly einen frisch gebrühten Tee in die Tasse. Sie nickte zustimmend.

„Ich wäre ein Engel, haben Sie behauptet!“ Er grinste wie Eddi, das letzte Honigkuchenpferd, welches vor 3 Jahren von afronesischen Wilderern in den Bergen von Zwali zu Tode gehetzt worden war. Dafür gab es vier Jahre und drei Monate auf Bewährung. Die Wilderer gaben bei der Verhandlung an, in Notwehr gehandelt zu haben.

„Sehe ich etwa aus wie ein Engel?“, er stellte den Salzstreuer auf den Tisch und bemannte einen Stuhl. Mel wurde ernst und fasste ihren Mut beim Kragen:

„Kann ich nicht sagen. Bin noch keinem begegnet!“

„Ich aber! Die sehen anders aus. Mit Flügeln und so …“ gab er scherzhaft zurück und zwinkerte so zuckersüß, dass Mel auf der Stelle dahingeschmolzen wäre, hätte sie einen höheren Butteranteil in ihren Körperfettzellen besessen.

„Nehmen Sie, es ist genug da. Sie müssen Hunger haben!“

„Ein wenig“ gab Mel zu, doch ihr Magen fürchtete, sie würde sich zurückhalten wollen und maulte laut herum. Wieder erhellten sein Lächeln und seine positive Aura den gesamten Raum von 57 qm, Wintergarten außen vor gelassen.

Ihr Magen kam voll auf seine Kosten. Das Frühstück war mehr als üppig ausgefallen und schmeckte hervorragend. Dorivan war ein sehr netter Gastgeber und die Eierspeise ließ Mel fast vergessen, dass sie einem ausgewachsenen, menschenheilenden Außerirdischen gegenübersaß. Scheinbar wollte dieser charmante Typ sie mit Freundlichkeit und hypnotischer Eierpampe zum Schweigen bringen oder ihre Erinnerung umgarnen oder so etwas, obwohl nichts darauf hin deutete. Argwöhnisch und vorbereitet, wie sie nun mal war, hatte sie zuvor ihren antigehirnmanipulativen Zuckerdiamanten von ihrem Ring gebrochen und im Tee aufgelöst. Ihr konnte also nichts passieren.

„Darf ich ihren Namen erfahren? Meinen, scheinen Sie ja bereits zu kennen!“ fragte er irgendwann.

Mel wurde ganz anders. Sie konnte ihm doch nicht brühwarm die Wahrheit erzählen, obwohl ihr christlicher Hintergrund sie drängte. Die Pause sollte nicht zu lange dauern, dachte sie noch, als ihr Mund losschoss:

„Ronja ist mein Name. Ronja Chess.“ Sie ließ es etwas wirken. „Ich arbeite im ZentralKlinikum!“

Warum sie das gesagt hatte, wusste sie nicht. Am liebsten wäre sie nun rausgerannt und hätte sich irgendwo verkrochen.

Herr, vergib mir, ich baue soeben ein Lügengebilde auf. Es kam von selbst und klang überraschenderweise plausibel. Es war geradezu genial und erklärte, woher sie seinen Namen kannte. Und wäre Melly Brommer nicht rot geworden, wäre an der Aussage nichts auszusetzen. Dorivan schaute freudig überrascht.

„Ich arbeite ebenfalls dort. Fast jeden Tag. Betreue die Leute, die niemanden haben und helfe ihnen, so gut ich kann.“ Er redete langsam und mit bedacht. Das gefiel Melly. Ganz im Gegensatz zu ihr schien er zu wissen, was er wie sagen wollte. Sie stammelte meist nur herum und wusste oft selbst nicht wie sie sich ausdrücken sollte. Heute schien das eigenartigerweise anders zu sein. „In welcher Abteilung arbeiten Sie denn, Schwester?“ Er lächelte sie eine Ewigkeit an und sie genoss den Anblick seiner feinen Gesichtszüge und der offenen, wachen, warmen Augen aus blauem Eis.

„In der Gastro! Aber nur vertretungsweise. Sonst in der Psychiatrischen.“ Mel wusste nicht wie ihr geschah und noch weniger, was Gastro bedeutete. Gastronomie oder was? Was hatte ihr Mund mit ihr vor? Was hatte Ronja mit ihr vor. Und noch schlimmer: Was wäre, wenn er sie danach fragte, weil er selbst nicht wusste was Gastro war!?! Sie begann zu schwitzen.

„Gastro. Das ist ein Stockwerk über meinem. Wir sind uns aber noch nie begegnet“, konstatierte er.

„Nein. Ich bin erst seit kurzem dort. Aber Sie kennt so gut wie Jeder. Sie sind so etwas wie ein Heiliger!“ Dorivan nickte bescheiden und seufzte.

„Ich kenne die Gerüchte! Geben Sie nichts darum“, sagte er und schob sich ein Stückchen Melone in den Mund. Nach ein bisschen Smalltalk atmete Mel innerlich auf. Diese Story hatte er, wie die weißen Kerne, schon mal geschluckt. Die erste Runde ging an sie.

Nach dem Essen räumt Dorivan weg und Mel hörte sich sagen:

„Ich schaue mich ein wenig um!“ Was war nur heute los mit ihr? Dann sah sich vorsichtig im Raum um. Die spärliche Einrichtung bestätigte ihren vorherigen Verdacht, dass er hier allein wohnte. Ein Tisch, zwei Stühle, eine Couch, ein Sessel, eine Lampe, kein Fernseher und viele Regale mit Büchern. Bücher über Bücher über Bücher. Mit den verschiedensten Themen, Autoren und Zeitaltern. Sie waren ihr bis dato gar nicht aufgefallen, nun sprangen sie ihr ins Gesicht. Irgendwann hörte das Geklimper der aus der Küchennische auf und Dorivan schlenderte zu ihr herüber:

„Warum waren Sie gestern Abend so spät allein unterwegs? Wohnen Sie in der Gegend?“

Mel legte ein Buch beiseite, drehte sich zu ihm um und erschrak ein wenig. Er war nah. So nah, dass sie seinen Körpergeruch ungefiltert in sich aufnehmen konnte. Dieses süßliche…

Jetzt kommt‘s drauf an, ermahnte sie sich. Gott vergib mir, ich bin eine Sünderin und lüge wie des Satans Weibe. Pater Beige muss mir später helfen, dachte sie noch und Ronja übernahm wieder das Ruder:

„Nein, habe einen Freund besucht und irgend so ein Rüpel hat mir das Taxi vor der Nase weggeschnappt. Habe den Tumult in der Seitenstraße gehört und Sie wiedererkannt. Den Rest kennen Sie ja.“ Er roch so gut, sie musste aus seinem Dunstkreis treten, sonst … Langsam machte sie ein paar Schritte, schaute sich ein, zwei Buchrücken an und wandte sich dann wieder ihm zu. Sein Gesicht verschob sich zu ungläubig.

„Warum? Werde ich hier verhört, oder was soll das werden?“ Trocken bis betonsicher schaute sie in seine betörenden Augen. Eigentlich wollte sie in Ohnmacht fallen, doch Ronja blieb Amboss.

„Aber nein“, ruderte er 4 Züge zurück, mit leichtem Abtrieb nach Backbord. „Doch eine Frage interessiert mich brennend, wenn es gestattet ist: Warum haben Sie mir geholfen?“

Ronja verlagerte das Gewicht aufs andere Bein und Mel wollte gerade schwärmerisch sagen:

„Weil du die Liebe meines Lebens bist und ich nicht ohne dich …“, doch soweit kam es nicht. Dafür gab es ein:

„Ein Gefallen unter Kollegen. War eine brenzlige Situation …“, freundlich distanziert. Mel biss sich auf die Lippen, während Ronja nach außen cool blieb.

„Ach so, ja“, nickte er bedächtig, verstehend. Dann räusperte er sich und begann: „Ich weiß ja nicht wie lange Sie da waren und was Sie genau gesehen haben, aber dieser ganze Vorfall, und dann wäre da noch die Sache mit der Verletzung, also …“ Er trat ein wenig näher und kam ins Straucheln. Die Unterhaltung lief auf das Eine hinaus und noch, bevor Mel einen Gedanken tun konnte, sagte ihr Alter Ego laut:

„… soll nicht an die große Glocke gehängt werden. Is schon klar.“ Damit nahm Ronja ihm die Worte aus dem Mund und seine Augenbrauen machten Saltos. Sie hatte voll ins Schwarze getroffen. Das musste Mel ihr lassen.

„Genau!“ Ihm fiel sichtlich ein Stein vom Herzen. „Es freut mich, dass Sie das genauso sehen, Ronja! Darf ich Ihnen noch etwas zu trinken anbieten?“ Ronja verneinte. Bis sie ging, verlief die restliche Unterhaltung in seichtem Gewässer. Die großen Felsen waren umschifft, ihr Gedächtnis wurde nicht gelöscht und nach einigem Geplänkel, bei dem sie keinerlei Alieninformationen aus ihm herauszulocken vermochte, verließ Ronja mit der erschöpften Mel im Schlepptau Dorivans Haus.

Die Ringe des Herrn

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