Читать книгу Die Ringe des Herrn - Monduras IX. - Страница 5
Prolog
ОглавлениеEs war einmal … Tock, Tock, Tock.
Er atmete tief durch, verlagerte sein Gewicht von einem auf das andere Bein und wartete. Und wartete. Und wartete. Für einen wie ihn wäre das Warten eigentlich kein Problem. Wer unsterblich ist, dem sollte Zeit egal sein. Zeit war eine Erfindung für die Menschen, damit sie sich ihrer Vergänglichkeit bewusst wurden. Hier oben brauchten sie so etwas nicht. Und trotzdem schien es ihm nun unerträglich, auf diesen Wurm von einem Bediensteten zu warten. Sollte das Haus Gottes nicht eigentlich für jedermann zugänglich sein? Oder wenigstens für seine engsten Vertrauten? So wie früher? Nochmalig holte er die riesige Pranke unter dem roten Umhang hervor, hämmerte gegen das alte Holz und schimmerte mit seiner goldenen Rüstung umher.
TOCK, TOCK, TOCK
Die schweren, 6m hohen Türen erzitterten unter der unnatürlichen Kraft seiner Faust und der Widerhall verteilte sich donnernd im schlossartigen Eingangsbereich des Hauses. Endlich hörte man Jemanden herannahen. Dieser Jemand versuchte mit strammem, marschierendem Gleichschritt, nicht zu schnell und nicht zu langsam, die Macht des Türöffners und dessen Überheblichkeit auszudrücken. Leider verursachten die viel zu kleinen Absätzen einen zu lächerlich hohen Ton, um wirklich ernst genommen zu werden. Schließlich kamen hinter dem kunstvoll geschnitzten Holzportal die Schuhe und dessen Träger mit einem einvernehmlichen Klickklack zum Stehen. Eine Sichtluke in Augenhöhe eines mittelgroßen Menschenwesens wurde geöffnet und es erklang das übliche, lang gezogene:
„Jooah? Werrr begehrrt Einlass?“ Gabriel glotzte, wie immer, in den Sehschlitz. Sein Gegenüber musterte Gabb mit ausdrucksloser Miene und ebensolchem Seitenscheitel von oben bis unten, wieder hinauf, wieder runter und wieder aufwärts. Dieser Kerl ging ihm wahrlich auf die Nerven.
Mit dementsprechenden Gesichtsausdruck sprach der Engel ruhig, aber bestimmend:
„Mach schon auf. Du sollst sowieso jedem öffnen, also lass stecken und spiel dich nicht so auf, Mann.“ Mit der flachen Hand begann er gegen das Tor zu drücken. Ohne Erfolg.
„Nöcht so hastig, röder Borsche! Noch sötze öch am längerön Höbel. An mir kommt nömand so einfach vorrrbei, do Harfennymphe, do!“ Widerwillig klickte das Schloss unter dem Daumendruck des Türstehers, der nun blitzartig unter starkem Holzzerren in Schweiß ausbrach. Gabb half ungeduldig nach und drückte von außen. Er hatte schon genug Zeit verschwendet. Der männliche Mensch, gekleidet in seinem üblichen Dienstmädchen-Lackkleid und den glitzernden 12cm Pumps, fiel aufgrund der plötzlichen Leichtigkeit, mit der sich die Tür öffnete, übel nach hinten über. Direkt auf das Endstück seines Organs für Grobausscheidungen. Eventuell war es auch das des Denkvermögens, es machte sich jedoch niemand die Mühe, das herauszufinden. Jedenfalls zog er sich dabei eine grässliche Laufmasche zu. Als er sie entdeckte, verzog Mrs. Seitenscheitel säuerlich das stummelbärtige Gesicht. Gabriel schaute auf ihn hinab:
„Wäre ich kein Engel, würde ich dich zerdrücken wie eine Made! Überspanne den Bogen nicht, Hitler-CHEN“, raunzte Gabb, sichtlich angezornt.
„Wöre ich noch an dörr Macht, wörrde ich dö Himmelsscharen im Blitzkrög öberrennen. Ihr halben Höhnchen, ihr!“ sprach es und verzog sich, klickklack, hinterteilreibend, ins Körbchen unter der Treppe, um seine Wunden zu lecken. Und die Nylons zu wechseln.
„Tss“, zischte Gabb nur und drosselte den für Engel eigentlich untypischen Adrenalinanflug mit leichtem Gesumme einer Wagneroper, während sich die Schritte seiner schweren Stiefel rasch entfernten.
„Ah, tritt näher, ich habe dich erwartet“, sprach der bärtige Mann auf seinem mit Schnitzereien übersäten Holzsessel sitzend. Ritterlich trat Gabb vor, kniete sich rüstungsklappernd auf den dicken, dicht gewebten Teppich und verbeugte sich, wie vor einem kronenlosen König.
„Aber, aber, Gabriel. Bitte nicht so förmlich!“ meinte der Mann, dessen Alter nicht in Zeit auszudrücken war und streckte ihm die offene Handfläche entgegen. Der Engel ließ sich hochhelfen und machte ein grimmiges Gesicht. „Schlechte Laune?“, bemerkte sein Gegenüber.
„Du weißt warum, Vater. Aber ich kann diesen Hitler einfach nicht ab. Warum umgibst du dich mit diesem ...“
„Schluss jetzt“, unterbrach ihn der Bärtige, harsch. „Du kennst die Antwort bereits. Ich gab sie dir ein Duzend Mal. Er hat seine Lektionen zu lernen und ich schicke ihn nicht wieder herunter, bis er ein wenig Demut zeigt. Leute wie er bedürfen spezieller Aufmerksamkeit wie herrenlose Hunde. Für ihn ist es schier unerträglich, hier bei mir dienen zu müssen.“ Dabei machte er eine ausladende Handbewegung. „Du weißt ja: Hölle ist kein Ort. Hölle ist ein Zustand. Aber nun genug davon!“
Gabb nickte und schluckte seine Kommentare herunter. So viel hatte er ihn noch nie reden hören und er empfand das als schlechtes Zeichen. „Warum bist du wirklich hier?“, fragte der Vater aller Dinge, stand auf und öffnete die Tür zu einem der Flure. „Komm, wir gehen ein Stück…“ Sie traten hinaus.
„Ich muss mir dir sprechen, Vater! Es geht um die Menschen“ hob Gabriel an.
„Die Menschen? Was ist mit ihnen. Wieder Krieg, Aufruhr, Krankheit, Ungehorsam und Apfeldiebstahl?“ Ein sanftes Lächeln umspielte den weißhaarumrahmten Mund.
„Vater!“ entrüstete sich der gerüstete Gabb, um dem Gespräch die Wichtigkeit wiederzugeben, die es nachdrücklich und mit erhobenem Zeigefinger verlangte.
„Du weißt, dass ich sie im Blick habe. Aber was bereitet dir Kopfzerbrechen, mein Erzengel?“, meinte Vater ernster. Am Ende des Ganges erreichten sie eine breite Marmortreppe in Weiß, die ins nächste Geschoss des Hauses führte. Hier war er noch nie gewesen. Irgendwie war das Haus ohnehin immer ein wenig anders, wenn er es besuchte. Die Bilder und Pflanzen wechselten, leere Rüstungen rüsteten vor sich hin, standen mal hier und mal dort, manchmal auch da drüben. Der Teppichstrich war mal nach vorne, mal nach hinten gebürstet und die Fenster kamen unregelmäßig in Abstand und Größe. Die einzige Konstante war der Ausblick. Blauer Himmel, weiße Wölkchen. Eigenartig. Aber deshalb war er nicht hergekommen.
„Du weißt, ich war eine Zeit lang unten und habe sie beobachtet. Die Menschen sind in religiöser Hinsicht gespaltener und uneiniger denn je. Es wird scheinbar immer schlimmer. Sie beten irgendwelche Götzen an, verlieren sich im Atheismus oder wechseln von hier nach dort und zurück!“ Es kam keine Reaktion. Der Vater hörte lediglich zu. Mit erbarmungsloser Geduld. Er war ein guter Zuhörer. Für einige auf Erden, ein zu Guter, mit einem Quäntchen Ignoranz. Vielleicht auch mehr. „Ihnen fehlt etwas, verstehst du?“, fragte Gabb. Nach der direkten Ansprache nickte der Bärtige leicht, erwiderte aber immer noch nichts. Gabriel fühlte sich bestätigt und sprach einfach weiter, während sie mehrfach abbogen, Treppen nahmen, wieder abbogen. Gang um Gang, Flur um Flur brachten sie hinter sich und er erzählte und Vater schwieg.
„…und zwar brauchen sie etwas, woran sie glauben können, was ihnen Hoffnung in dieser schweren Zeit gibt. Ehrlich gesagt befürchte ich, dass sie immer weiter ins Chaos abdriften. Darin versinken.“ Plötzlich stockte Gabriel, denn eine Tür trat ihnen in den Weg, die vorher nicht dort gestanden hatte. Mit massiver Zarge und Wand im Schlepptau. Der Engel hätte es beschwören können, dass sie zuvor definitiv nicht da gewesen war. Der Bärtige riss ihn aus den Gedanken:
„Und? Weiter?“ Fordernd wanderten die buschigen Augenbrauen herauf, dann ergriff er die Klinke, ein leichtes Knarzen ertönte und sie betraten ein Schlafzimmer. Es hätte genauso gut ein Tanzsaal sein können. Auf dem gebohnerten Holzboden spiegelte sich die durch hohe Fensterflügel hereinfallende Sonne. Die Wände waren mit fein gearbeitetem Holz vertäfelt und inmitten der Halle stand ein riesiges Doppelbett, an dessen Fußende, in einigem Abstand, ein reich verzierter, alter Doppeltürschrank aufgestellt war. Er wirkte viel zu klein und verloren, von Holzwürmern malträtier und leicht verzogen bis unfreundlich. Der Alte hielt darauf zu, woraufhin sich dessen Türen automatisch brummknarrend öffneten. Mit sofortiger Wirkung verdunkelte sich der Raum, eine unnatürliche Kälte breitete sich aus und Gabriel, der neben dem Alten Aufstellung genommen hatte, starrte in die tiefste Schwärze, die er je erblickt hatte. Selbst das Licht auf dem Boden kroch vor diesem Schrank einige Meter zurück und dem Erzengel schauderte. Dem Alten machte es scheinbar nichts aus, er war ja auch der Allmächtige. So stand er da und dachte und ein schrecklicher Laut drang aus dem Möbelstück heraus. Es war, wie wenn Kleiderbügel auf der Stange hin-und hergeschoben werden und für Gabriels empfindsame Ohren klang es wie sterbende Kakerlakenkinder, die nach einem Schulausflug zur nahegelegenen Müllhalde von einem Dreirad überfahren werden. Kopfschmerzen quälten ihn und ihm wurde übel. Einige Sekunden später, Nebelschwaden waberten bereits aus den offenen Türen zu Boden und verteilte sich zu ihren Füssen, reichte eine grünlich schimmernde Hand ein Kleidungsstück aus der Schwärze. An den knochigen Fingern hingen Fetzen toten Fleisches grau und fahl herunter. Der Vater warf das bunte Hemd aufs Bett hinter sich. Die Hand verschwand, der Vorgang wiederholte sich. Gabriel schluckte seine Gedanken mitsamt Galle herunter und redete unbeirrt weiter:
„Die Menschen brauchen einen Strohhalm an den sie sich klammern können. Und ich habe eine Idee, mit dessen Hilfe wir das bewerkstelligen.“ Bei diesem Ausspruch schaute der Alte ihn an und unterbrach die Wäschezeremonie:
„Aha ... wir also …“ So hätte das Gespräch eigentlich nicht ablaufen sollen, dachte der Engel betrübt. Irgendwie erwartete er mehr Begeisterung vom Vater der Schöpfung, dem Meister aller Dinge. Denn immerhin ging es um seinen Ruf als Gott, als allmächtiges Wesen und seine Wirkung auf Erden usw. Trotzdem oder vor allem deswegen malte Gabriel weiter an dem Bild:
„Ich denke mir das so: Ich gehe nochmals runter. Aber nicht allein. Ich erbitte deinen Sohn.“
„Was? G-Junior?“ Vater drehte sich entrüstet um, hielt ein buntes Kurzarmhemd in der einen und eine extrem enge, weiße Schwimmshorts in der anderen Hand. Dabei blickte er in Gabbs tiefschwarz gefrorene Augen, dessen ausdruckslose Miene keinen Zweifel daran ließ, wie ernst es ihm war. Sein Gegenüber wechselte zu erstaunt und verwundert, dann zu amüsiert. Er bedeutete ihm, fortzufahren.
„Also, ich nehme deinen Sohn mit hinunter und leite ihn an. Mit meinem Marketingwissen und der Galionsfigur ‚Gottes Sohn‘ sind wir hervorragend aufgestellt und Positionieren dich göttlicher denn je bei den Un- und Falschgläubigen. Nicht umsonst hast du mir meinen Posten übertragen und mich aus der Poststelle herausgeholt, stimmt’s?“ Keine Antwort. Erst jetzt bemerkte Gabriel die Geschäftigkeit des Vaters. Kleidungsstück um Kleidungsstück wanderte auf den Haufen, Socken, Unterwäsche… Mit flüchtigem Blick sah er einen kleinen, gelben Heiligenschein auf den weißen Slippern. Hoffte er zumindest und verdrängte den Gedanken. Unvermittelt ließ sich der Alte auf die Bettkante sinken und schien zu überlegen. Wieder packte Gabb dieser erzengeluntypische Anflug von Adrenalin zwischen den beiden großen Zehen. Seine Flügelspitzen bogen sich nach oben und die Nackenhaare am Ansatz, fochten die Schlacht von Gettysburg, die erst Jahrhunderte später stattfinden sollte. Dann schaute Vater auf und meinte:
„Ich weiß nicht so recht… Gottes Sohn auf Erden?“ Oh nein. Er hielt den Plan für zu gewagt und tollkühn, dachte der Engel. Tief einatmend straffte er sich zum letzten Gefecht:
„Marketing ist alles, Vater“, sprach er eindringlich. „Ich sage dir, es muss etwas passieren. Jetzt. Mein Plan ist bonbonsicher1. Ich mache GJ zum Messias. Zum Heilsbringer. Mit allem was dazu gehört. Die Leute werden ihn lieben und in Scharen seinen Worten und Taten erliegen. Das Konzept, was ich entwickelt habe, ist grandios. Und wenn alles glattgeht, wirst du ihr einziger Gott werden und die Welt wird zu einem besseren Ort. Zudem lernt dein Sohnemann noch gehörig etwas dazu und ich kann dir meine Treue und Gefolgschaft mit einer 'göttlichen Mission' untermauern. Eine glatte Win-win-Situation!“ Diesmal lächelte der Alte und die Falten in seinem Gesicht strafften sich freundlich um die Augen.
„Aber Gabriel. Du musst mir nichts beweisen. Du bist ein tüchtiger Engel, das weiß ich. Die Idee mit Gott-Junior finde ich übrigens gar nicht schlecht!“ Innerlich gingen in Gabb die Wunderkerzen an. Am liebsten hätte er den Vater umarmt, hielt sich aber zurück. „Ich sage dir aber etwas!“ Schlagartig verfinsterte sich des Engels Miene. Gott sprach beruhigend weiter:
„Wenn du diese göttliche Mission antrittst, bist du auf dich allein gestellt. Denn ich bin jetzt erst mal im Urlaub!“ Sogleich stand er auf, dachte sich eine Tasche aus dem Schrank, die ihm die verrottete Hand sogleich reichte und begann ein paar Sachen vom Bett hinein zu stopfen. Gabbs kantige Kinnlade klappte mehrfach herunter und herauf wie Koikarpfenschnappatmung.
„Urlaub?“, säuselte er irgendwann mühsam heraus, während Vater ein Teleskop aus dem Schrank empfing und ein weiteres abgrundtief hässliches Hawaii-Hemd in den Koffer warf.
„Ja, Urlaub. Zuerst habe ich morgen noch eine Götter-Konferenz und dann.“ Er machte eine bedeutungsvoll, kryptische Handbewegung. „Ab in den Urlaub. Ich bin aber nicht lange weg“, sagte er beschwichtigend. „Nur so um die 2000 Erdenjahre oder so. Mal sehen. Hier laufen die Dinge ohnehin wie geschmiert. Michael und ihr anderen …“, er klopfte seinem Engel bedeutsam auf die muskulöse, panzerbewehrte Schulter, „… ihr kriegt das schon hin!“ Gabb stand wie angewurzelt da. Vater macht Urlaub? Wie, jetzt, gleich oder wie oder was?
„Ja, aber!“ hörte er sich selbst mit dem vollen Druck seiner Stimme sagen. Inzwischen dachte sich Gott immer kuriosere Dinge aus dem kleinen Schrank. Die Totenhand hatte alle Knochen voll zu tun. Nicht nur, dass das Möbelstück alle Dinge beherbergte, die sich der Allmächtige erdachte, nein, auch seine Tasche nahm brav alles in sich auf, was ihm vorgeworfen wurde. Hätte Gabriel genauer hingesehen, hätte er die klierigen2 Augen am rechten, unteren Rand aus dem Leder glotzen sehen. So verschwanden die ungeheuersten Dinge im schwarzen Lederschlund. Skier, Snowboard, Kuckucksuhr, ein Biber, zwei selbstgetöpferte Obstschalen in undefinierbarer Farbenpracht, Kreuzworträtselbücher in 20facher Ausführung, eine Dose Mais, eine Dose Erbsen&Möhren, Petrischalen, ein Elektronenmikroskop, zweifelhaft aussehende Bananenstauden, eine alte Matratze, und und und.
„Nichts aber. Ich habe die Sache zwar nicht durchdacht, warum auch, ich bin der Allmächtige, aber ich mache Urlaub. Oder zweifelst du mich an?“ Wow. Der Alte wurde jetzt richtiggehend knatschig. Er fühlte sich wohl angegriffen, dachte Gabb.
„Schau dir das an!“ meinte Gott und ließ sich einen Flyer aus dem Schrank reichen. Als ihn Gabriel entgegennahm, klebte ein alter Fingernagel daran, den er sichtlich angewidert zurück in den Schrank schnipste.
'Wenn Sie als Gott mal so richtig abspannen wollen, besuchen Sie doch unseren Freizeit- und Erholungspark im Anderomeda 8 Nebel.'
„Das ist nicht dein ...“, rutschte ihm heraus, erstarrte jedoch sogleich.
„... Ernst?“ Unterbrach ihn der Vater. Jetzt ziemlich laut und pikiert. "Und ob!“
Gabb blickte auf den Videoflyer. Kleine Filmchen zeigten u. a. die lustige Nebelrutsche, auf der sich Jung und Alt fröhlich lachend mit Eisenschlitten die Gliedmaßen abfuhren und wieder heilten. Kopfschüttelnd verurteilte er Vaters Urlaubsentscheidung und wurde deshalb nervös. Doch was sollte er tun? Gott sagen er dürfe nicht tun, was er wollte? Sicher nicht. Und letztlich: Was machte es für einen Unterschied für seinen Plan. Er und GJ wären ohnehin auf der Erde und würden sich, zumindest für 1, 2 Jahrhunderte die Erdenzeit vertreiben, während hier oben alles seinen gewohnten Gang ging, stand, saß, aß und schlief.
„Ok“, sagte er dann und atmete tief durch. Gerade schob Vater einen dicken Stahlträger in seine Tasche, über dessen Bedeutung und Nutzen sich Gabb schon längst keine Gedanken mehr machte.
„Ist noch was?“, stöhnte Vater schwer beschäftigt und mühte sich mit dem rot lackierten, tonnenschweren Ding ab.
„Ähm, wenn du so fragst ...“ Der Götterbote richtete sich innerlich ein wenig auf und brachte es dann hervor:
„Wenn ich G-Junior mitnehme, dann brauchen wir einen von Wollums Ringen. Ohne den Ring können wir nicht das Ausrichten, was mir vorschwebt!“
„Und das wäre?“, fragte sein Gegenüber, während dieser eine 4m Nordmanntanne mit roher Gewalt in die kleine Öffnung der Ledertasche zwängte. Vollständig geschmückt, versteht sich.
„Naja, Wasser in Wein verwandeln, auf dem Wasser laufen, Kranke heilen, Windräder reparieren. Das Übliche eben!“ Gab Gabb an. Mit hochgezogenen Augenbrauen wartete er die Antwort ab und sah gerade die Spitze des Baumes verschwinden, als Vater sich herumdrehte und ihm einen kleinen Gegenstand in die offene Hand legte.
„Du bist mir für den Ring verantwortlich. Also gib gut darauf Acht. In den falschen Händen kann er zum Albtraum werden.“
Ehrerbietig kniete der Engel sich hin, neigte den Kopf und sprach:
„Hab Dank, Vater! Ich wünsche dir einen schönen Urlaub.“ Dann rappelte er sich hoch und verließ festen Schrittes den Raum.