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Vom Regenbogen keine Spur

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Die Sonne war bereits lange untergegangen und der Weg hatte sich doch als weiter herausgestellt, als Gabb vermutete. Beziehungsweise hatte GJ länger gebraucht. Keuchend schlurfte der Junge hinter dem Engel her und zog schlangenspuren durch den Sand. Die Wut war vollständig verflogen. Vielmehr hatte er sich im Laufe der letzten Stunden grundlegend gewandelt. Als sie losgingen wurde Gabb schnell klar, was für ein Typ GJ eigentlich war. Es hätte ihm von vornherein auffallen müssen, da der Körper eines Himmelbewohners auf Erden sich aus dessen Vorstellung und Charakter bildete. Wenn er sich den Knaben genauer ansah, schien er recht klein geraten, dafür Übergewichtig. Schwabbelig, mit einem Schritt zum Weichkäse treten. Seine unreine Haut vervollständigte das Bild von schlechter Ernährung und zu wenig körperlicher Betätigung. Für den Himmel hat das allemal ausgereicht, aber für die Mission, die sie hier vor sich hatten…

Aber eins nach dem anderen, dachte sich Gabb, als er den Jungen weiter antrieb:

„Komm schon, es ist nicht mehr weit! Hoffentlich sind wir nicht zu spät!“ Schweißnasse Haarsträhnen klebten GJ im Gesicht und er tropfte wie das Leck in der Titanic.

„Zu spät?“, hauchte er. „Wofür?“

„Wirst du dann sehen!“ erwiderte Gabb und zog den Sohn Gottes über die nächste Düne. Der Mond stand glücklicherweise am Himmel und ließ das Ziel erkennen.

„Da!“ GJ kniff die Augen zusammen. Kurzsichtig schien er auch zu sein, denn er konnte nichts erkennen.

„Wo? Was?“ Hätte Gabb ihn nicht gezogen, wäre er auf der Stelle zusammen gebrochen und eingeschlafen. Die Nachtluft verwandelte ihren Atem in kleine Schäfchenwolken vor ihren Gesichtern, aber dafür hatte GJ keine Augen. Völlig erschöpft kam er an einem alten Bretterverschlag, mitten im Nirgendwo an und Gabb klopfte vehement an die Tür:

„Hallo?“ Wehklagen und heftiges Atmen durchdrangen die groben Bretter der Hütte. Gabb hämmerte wieder. Das Stöhnen wurde zu Schreien und wieder zu heftigem Durchatmen. Aber niemand machte auf. Noch einmal schlug Gabb auf die Tür ein. Plötzlich wurde sie aufgerissen und ein breitschultriger Mann mit einem langen Messer, blutigen Fingern und roten Schlieren an Gesicht und Gewand erschien im Eingang.

„Was denn?!“ spuckte er ruppig, wartete nicht auf die Antwort, sondern drehte sich auf der Stelle um und verschwand wieder. Das Innere wurde von einer kleinen Feuerstelle erleuchtet, während sich Esel und Schafe gerade gute Nacht sagten. Aufgrund der natürlichen Artenvielfalt und verschiedener ethnischer Herkunft, wie der dazugehörigen, nicht vorhandenen Schulbildung, verstanden sie einander nicht, wussten aber alle was gemeint war. Gabb und GJ steckten die Köpfe herein. Der Wahnsinnige war GJ nicht geheuer und was ging hier überhaupt vor? Seine Sinne standen auf ‚OBACHT‘! Auf einem Strohhaufen in der Ecke lag eine, vor Blut nur so triefende Frau, vollständig entblößt, untenherum, wie sich unschwer erkennen ließ. Sogleich machte er einen Schritt zurück. In seinem Mund wurde sein Keuchen, durch einen Magensäure-Mittagessen-Mischmasch, gewürzt mit scharfem Unterton im rechten Zungenbereich, ersetzt.

„Steht nicht so herum. Wenn ihr schon da seid, könnt ihr mithelfen“, bellte der Metzger, der sich bereits wieder vor die Öffnung der Frau begeben hatte und mit dem Messer zu schneiden begann. Sein Rücken verdeckte die Arbeit, doch im gleichen Augenblick begann die Frau wieder vor Schmerzen zu stöhnen. GJ schüttelte schreckstarr den Kopf. Wobei sollten sie helfen? Beim Ausweiden oder der Zubereitung??? Was war das hier nur für ein kranker Mist? Während Gabb langsam näher trat, machte der Junge kehrt und übergab seinen Mageninhalt in den Sand zu seinen Füssen. Mehrfach.

Gabb wusste indes Bescheid. Er, der zwar von Menschengeburt gelesen, jedoch nie eine miterlebt hatte, legte ihre Taschen ab und trat vorsichtig zu der Schwangeren.

„Geht es Ihnen gut, Maria?“, fragte er vorsichtig.

„ICH KRIEGE EIN KIND, MANN. SEH‘ ICH AUS ALS OB‘S MIR GUT GEHT?“, keifte die Frau, von heftigen Wehen geschüttelt und gestoßen. Zu spät!?! Wir sind sogar zu früh. Das hatte ich mir aber anders vorgestellt, murmelte Gabb. Die Frau schrie nur:

„WAS?“

„Ähm, nichts!“ erwiderte er und hockte sich, um ihre hingestreckte Hand zu halten.

„Der Kopf ist bereits zu sehen!“ sagte der Mann vorm Kanal und schaute in die Runde, während er mit den Händen zu helfen versuchte.

„HOL ES ENDLICH RAUS, JOSEF. MACH SCHON!“ krächzte die Frau, während sie mit lautem AH und OH Gebrüll presste und Gabbs Hand umklammerte, sie quetschte und ihre scharfen Fingernägel darin vergrub. Josef gab ihr die Kräuter, die er soeben geschnitten hatte.

„Hier nimm das! Und jetzt mach … es kommt, Maria … es kommt …“ spornte er seine Frau an. GJ revidierte seine Meinung über den angeblichen Kannibalen, blieb aber für nach der Geburt auf alles vorbereitet. Im Augenblick kam er sich hilflos und verloren vor, trat aber nun ebenfalls ein. Den Mund am Ärmel abwischend, blieb er stehen und schwitze den Boden voll. Unfähig etwas zu sagen oder zu tun, versuchte er nicht auf den Geburtsvorgang zu starren, sondern schaute sich zaghaft um. Ein Stall, so viel war sicher.

Zwei Esel, zwei Schafe, zwei Hühner. Zwei Ratten huschten vorbei. Es dauerte einen Augenblick, bis er es realisiert hatte, dann sträubten sich die Nackenhaare. Ratten? Auch das noch. Er würde im Stehen schlafen müssen. Sein rettungsringbehafteter Körper würde ihm etwas anderes erzählen. An eine Wand gelehnt legte er sein weißliches Fleisch zu Boden und schaute sich argwöhnisch um, während er die Geburtsgeräusche zu verdrängen suchte. Das ging eine Weile gut, doch ein gewaltiger Plopp brachte nicht nur neue Geräusche mit sich, sondern die blut-, schweiß- und tränige Luft wurde, wie die Innenausstattung, mit umherspritzendem Fruchtwasser angereichert. Sofort meldete sich GJs leerer Magen und zog sich auf Fingernagelgröße zusammen.

Während das Baby langsam das Schreien einstellte und genüsslich an des Mutters Busen naschte, brachte GJ noch immer sein übel riechendes Stroh raus.

„Nimm dies hier auch mit!“ scherzte Gabb und zeigte auf den blutig, wässrigen Strohbrei vor der völlig erschöpften Frau. Josef lachte höhnisch. Dafür fingen sie sich vernichtende Blicke ein:

„Äußerst komisch, wirklich!“ Josef bettete das schlafende Kind behutsam in die Krippe und legte Feuerholz nach. Alles war glatt gelaufen, für eine Stallgeburt im Jahre 0. Dem Herrn sei Dank.

Als sie so beisammen um das knisternde Feuer saßen und aßen, erzählte Josef seine Geschichte:

„Jede verdammte Herberge brechend voll!“ schmatzte er und schob noch was Brot nach. „Die Halsabschneider haben doch gesehn, wie prall Maria aussah. Sicher wollten sie ihre groben Laken nicht besudeln. Für ein paar Münzen hätte aber jeder von Ihnen die Beine breitgemacht, wetten?“ Josef lachte verbittert in sich hinein. Verständnisvoll nickte Gabb zustimmend, während Josef weitersprach „… und da sind wir hier untergekommen.“ Er nahm einen Schluck aus dem Wasserschlauch. „Immerhin.“ Eine Pause entstand und plötzlich meldete sich GJ zu Wort:

„Wie geht es ihr?“ Josef stand auf und ging zu seiner Frau herüber:

„Sie schläft!“ Als er zurückkam wandte er sich an Gabb: „Ach übrigens: Habt Dank!“

Bevor dieser etwas sagen konnte, klopfte es an der Tür. Ein aufgeregtes Geplapper in hoher Stimmlage war zu hören:

„Das ist das falsche Haus, wenn man überhaupt von einem Haus sprechen kann, liebe Freunde. Das sieht mir sehr nach einem heruntergekommenen Schuppen oder Stall aus, und der Besitzer dieser Hütte hat sicher keine Lust, dass wir hier mitternächtlich, mir nichts dir nichts, aufkreuzen und dort einzudringen gedenken. Wer weiß, was er daherinnen gelagert hat und wir haben ihn nicht mal um Erlaubnis …“ Weiter kam der Blubbernde nicht.

Josef riss die Tür auf und drängte die Neuankömmlinge vor sich her:

„RUHE!“ flüsterschrie er dem dicklichen Klopfer auf die ledrige Gesichtshaut. Dabei tippte er mit spitzem Finger in die wulstige Schulter, die jeden Widerstand aufgab und den Finger aufnahm bis zum Mittelgelenk. „Mein Neugeborenes schläft und IHR“, Josef schaute in die Runde der Drei, „werdet es nicht wecken, VERSTANDEN?“ Die drei Reisenden waren vollkommen überrascht, ob dieser rüden Begrüßung, da sie doch zur Geburt des Heilands gekommen waren. Der Klopfer machte den Mund als erster auf:

„Guata Mann, mia san von sehr woit komma um …“

„Das ist mir vollkommen egal. Wir sind überbelegt und ...“ Ein hochgewachsener, schlaksiger Mann mit tiefschwarzer Hautfarbe unterbrach Josef, unter Zuhilfenahme eines bedeutungsvollen Räusperns:

„HRHRM. Bitte, bitte“, beschwichtigte er den muskulösen, neu gebackenen Vater. „Wir haben Geschenke dabei!“ Gabb und GJ streckten die Köpfe aus dem Eingang. Und die Nummer zog. Sobald diese Worte fielen, schwenkte Josefs Stimmung um und er entspannte sichtlich. Bei seinem aufhellenden Gesicht, lockerten die drei Gestalten auch auf und der Dicke begann Neuem:

„Mia san also von sehr woit her, un san komma ums Kindle zum sehe.“

Josef kräuselte die Stirn:

„Woher wisst ihr vom … Kindle?“

Der kleine, drahtige meldete sich nun und schoss die Worte in die Nacht hinein:

„Das ist so, uns ist ein Engel erschienen und der meinte so: FÜRCHTET EUCH NICHT.“

GJ drehte Gabb fragend den Kopf zu. Schmunzelnd zuckte der mit den Schultern.

„…der hat uns erst auf den Trichter gebracht, loszuziehen, weil er meinte, wir könnten uns den Heiland ansehen, den König der Juden, den Erlöser, den …“

Der Wuchtige führte fort, da der Drahtige nach Luft schnappte. Solche Gelegenheiten ergaben sich nicht allzu oft:

„I sollt Ausschau holtn nd da hob i voageschtern die Steanschnuppn gsehn. Is nich weit von hia niadakumme. Da hammas sackerl packt un san loasganga un hia glandt! In Bethlem.“ Mit kurzem Finger auf den Stall zeigend. Josef legte ihm versöhnlich den Arm um die Schulter:

„Um noch mal auf die Geschenke zu sprechen zu kommen.“

„Erst das Kind, dann die Geschenke! So lautet der Deal!“ diktierte der schwarze Mann in seinen lang gezogenen Seidenkleidern, die mit jedem Schritt raschelten, wie noch nicht erfundene Plastiktragetaschen. Mit hochgezogenen Augenbrauen und steifem Gesicht schaute er von oben herab auf Josef. Die Art, wie er mit ihm sprach, schmeckte diesem überhaupt nicht, aber mit der Aussicht auf Geschenke, hoffentlich waren sie wertvoll und reichhaltig, hielt er sich zurück und gab sein Einverständnis. Sollten sich die drei Kuriositäten den Jungen ruhig ansehen, aus welchem Grund auch immer. Und dann sobald wie möglich verschwinden. Viel zu befürchten hatte er von ihnen ohnehin nicht, da er mehrfach körperlich überlegen war:

„Aber leise, ihr feinen Herren“, vor allem an das Plappermaul gewandt. So traten die Drei, Weisen wie sie sich bezeichneten, ein und beschauten sich das Neugeborene, wie es schlief und schlummerte. In Seligkeit und Anmut, wie einer von ihnen sich einbildete.

Als sie sich sattgesehen hatten und wieder draußen waren, übergaben sie ihm drei Bündel mit „Kostbarkeiten“ und verabschiedeten sich freudestrahlend. Aber nicht in die Richtung, aus der sie gekommen waren, sondern nahmen einen anderen Weg, um ihre Spuren zu verwischen. In Wahrheit hatte sie der Herrscher des Landes, Herodes, geschickt, der sich wegen des „Königs der Juden“ mächtig in die Hose machte. Die Story vom Engel hatten sie von einigen ortsansässigen Hirten aufgeschnappt. Sie erschien ihnen viel erfolgversprechender, um das Kind zu Gesicht zu bekommen. Die Wahrheit hätte unnötige Fragen aufgeworfen.

Zufrieden über ihren Erfolg und völlig übermüdet stapften die drei Weisen weiter durchs Ödland, direkt in die Arme ihres Gebieters, wie sich später herausstellen sollte.

„WAS?“ Josef war außer sich. Er schleuderte ein Bündel nach dem anderen in eine Ecke des Stalls. Der linke Esel wackelte bereits mit dem Ohr und das rechte Schaf öffnete ein müdes Auge. Es stank erbärmlich in der Unterkunft.

„Weihrauch, Myrre und Minze? GESCHENKE? Diese … diese …“ Josef lief rotbraunviolett an, atmete dann aus und sog die Luft wie ein Wahnsinniger in sich auf. Im Stall entstand ein Sekundenvakuum. Das Baby begann zu schreien und Maria, die gerade aufgewacht war, herrschte ihren Mann an:

„JOSEF, jetzt ist Schluss. Du hast bereits das Baby geweckt. WAS um alles in der Welt ist denn los?“ Während die drei Weisen zur Besichtigung gekommen waren, hatte sie tief und fest geschlafen und wurde nun von einem tollwütigen Ehemann aus dem Schlaf gerissen. Josef hielt wieder den Atem an und gab Maria das kleine Häufchen Mensch auf den Arm. Dann stürmte er heraus in die Nacht. Das Baby schlief binnen kürzester Zeit wieder ein.

„Ob er sich die Vögel von gerade schnappen will?“, flüsterte GJ. „Und was war das eigentlich mit dem ‚Fürchtet euch nicht‘ von dem die Weisen gesprochen haben!“ Eigentlich hatte Gabb keine große Lust sich zu erklären, entschied sich aber dagegen. Wenn alles nach Plan lief, hatte er in ein paar Minuten einen Partner. Und mit einem Partner teilte man:

„Ich weiß nicht, wo sie’s her haben. Habe nur ein paar Hirten in der Nähe Bescheid gesagt. Ist aber keiner umgefallen…“ grinste er achselzuckend. Der Junge war nicht amüsiert, aber informiert.

Er schaute zu Maria herüber. Diese schien weniger impulsiv als ihr Mann und genau die richtige Ansprechpartnerin für sein Anliegen:

„Maria?“

„Ja, Gabb?“ Ihre Blicke trafen sich und GJ fiel sofort die Vertrautheit darin auf. Eine Geburt schweißte wohl zusammen.

„Wie heißt eigentlich euer kleiner Sohn, der Fratz?“

„Ich bin für Jesus, obwohl es Josef nicht gefällt. Aber wir Frauen wissen uns durchzusetzten.“ Sie lächelte verschmitzt.

„So ist es wohl.“ Gabriel stapfte in die Ecke und holte die drei Bündel. In Kombination rochen sie schlimmer als Schafmist bei 40 Grad im Schatten unter dem Kopfkissen.

„Deshalb regt sich Josef so mächtig auf. Während ihr geschlafen habt, kamen drei Weisen aus dem Morgenland und wollten euren Sohn betrachten. Sie sagten es sei der Heiland/König der Juden und sie bringen Geschenke mit. Josef ließ sie ein und hoffte auf etwas Einträglicheres, als dies hier, möchte ich meinen.“

Maria staunte: „König der Juden und Heiland?“ In ihrem Gehirn knarzten hörbar die Zahnräder, dann fuhr sie fort. „Das könnte wahrlich unangenehme bis tödliche Verwicklungen mit sich bringen. Politisch ist das für eine Familie unseres Standes völlig untragbar. Wie sollen wir den Angriff eines politischen Gegners oder dessen Attentätern verhindern, geschweige denn adäquat zurückschlagen, um unsere gesellschaftliche Stellung, die wir zweifelsohne gar nicht erst besitzen, zu halten und zu verteidigen? Wer verbreitet einen solchen überaus gefährlichen Unsinn?“

Mit offenen Mündern saßen unsere zwei Helden in dem verdreckten Stall in Bethlehem und konnten die Redegewandtheit dieser einfachen Handwerksgattin kaum fassen. Gabb fasste sich als erster, GJ an den Kopf und kratzte:

„Ich habe keine Ahnung“, log der Engel. Unvermittelt kam Josef herein und setzte sich neben Maria aufs Stroh, wobei er sich die rechte Hand massierte. Sie sah geschwollen aus.

„Was ist mit deiner Hand, Josef?“, fragte Maria besorgt.

„Nichts, bin hingefallen“, gab er beiläufig an. „Was läuft hier?“ Er schaute in die Runde. Maria sprach ernst:

„Irgendwer verbreitet, unser Sohn wäre der Erlöser!“ Josef lachte leicht:

„Das haben die drei Wichtigtuer von gerade auch gesagt. Und Geschenke haben sie deshalb mitgebracht. Kräutergedöns.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Habs ihnen auch redlich gedankt.“ Er grinste verschmitzt. Maria machte ein besorgtes Gesicht:

„Es werden noch mehr kommen, Josef.“

„Denen danke ich dann auch!“ gab der breitschultrige Mann an.

„Josef. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Wir …“ Gabriel unterbrach die Diskussion:

„Freunde? Ich habe des Rätsels Lösung.“ Maria, Josef, sowie GJ und die Tiere waren gespannt. Mit einem behänden Griff in eine seiner Taschen, förderte der Engel eine ganze Handvoll Goldmünzen zu Tage. Josef funkelten die Augen. Maria setzte sich auf.

„Das“, er wedelte mit dem Minzesäckchen, „nehme ich an mich. Dafür lasse ich euch das Gold, im Austausch für …“ Er wurde rüde unterbrochen.

„Nein, kommt auf gar keinen Fall in Frage!“ Maria umklammerte ihr Neugeborenes und drehte es von Gabb weg. Josef ballte grimmig die Faust und wollte gerade aufstehen. Der Engel hob beschwichtigend die Hände:

„Aber nein! Heiße ich Rumpelstilzchen?“ Der Witz kam nicht an. Keiner kannte einen Rumpelirgendwas. Er fuhr fort. Die Eltern entspannten sich.

„Das Gold ist für den Namen!“

Nun waren sie baff:

„Jesus?“, fragte Maria. Josef kam nicht mehr mit und grinste nur noch, den Blick auf das Goldbündel gerichtet. Gabb hielt sich an die Frau.

„Jesus von Nazareth, ja. Nenne deinen Sohn wie du willst, aber nicht Jesus. Wenn dich jemand nach Jesus fragt, sagst du, es wäre eine Zwillingsgeburt gewesen und der Heiland sei bei einer Tante in Babylon oder Jericho, oder so was. Die drei Weisen brachten euch Weihrauch, Myrre und GOLD. Deshalb der plötzliche Reichtum. Kauft euch ein schönes Haus und zieht euren Sohn in Ruhe groß. Sie werden zu euch kommen und immer wieder Fragen stellen. Antwortet, euer Sohn Jesus kommt bei Zeiten wieder! Mehr nicht. Alles klar?“

Maria überlegte kurz, wurde aber sogleich von Josef unterbrochen. Das Glitzern in seiner Iris war wie Pulverschnee.

„Jap, so wird’s gemacht. Jericho, alles klar!“ Fordernd winkte er den Beutel heran, der sogleich den Besitzer wechselte. Josefs Aufmerksamkeit verlor sich im Sack. Wie schön sie klimperten!

Maria war scheinbar überstimmt, fragte jedoch:

„Warum?“ Josef antwortete statt dem Namenskäufer:

„Warum, warum. Muss denn immer alles hinterfragt werden? Der ehrenwerte Herr möchte den Namen“ Josef musste mitten im Satz wie ein Wahnsinniger kichern. Es war zu verrückt, der Typ hatte gerade einen Namen für Gold gekauft… „haben und bezahlt dafür in Gold. Was genau ist das Problem? Zudem wollten wir ohnehin keinen Jesus…“ Maria machte eine sauertöpfische Miene, erwiderte aber nichts mehr. Schließlich reckte Gabb die Arme in Luft und gebot ein:

„Es ist spät, wir sollten nun alle schlafen gehen!“ Dem hatte Niemand etwas hinzuzufügen. Wieder nickten sich Schaf und Esel zu. Nun verstand der schweigsame GJ gar nichts mehr. Warum das Ganze und was habe ich damit zu tun und was ist mit den Ratten und und und. Doch sein schlaffer Körper scherte sich nicht um irgendwelche Bedenken und schlief unverzüglich ein.

Der nächste Tag begann mit einer zünftigen Mahlzeit für Groß und Klein. Gabb zauberte frisches Brot aus seiner Tasche, machte Minz-Pfannkuchen und Minztee und Maria ließ die Brüste für Nicht-Jesus kreisen. Alle freuten sich über die Sonne, die seit nunmehr 288 Tagen ununterbrochen schien, und genossen die staubig trockene Luft, die in jede Ritze des Stalls hineinzog. GJ erwachte mit Kopfschmerzen.

„Aufstehen, Sonnenschein!“ Der Engel war bester Laune.

Der Sohn Gottes grummelte in den 2 Tagebart und drehte sich einmal mehr herum. So frühes Aufstehen, gepaart mit guter Laune war ihm unverständlich und –erträglich.

Nach dem Essen brachen die beiden Abenteurer wieder auf. Josef kauerte wie ein Leprechaun in einer Ecke und bewachte seinen Sack voll Gold. Vom Regenbogen keine Spur.

Gabb umarmte Maria und flüsterte:

„Bleibt bei der Geschichte. Es ist zu eurer eigenen Sicherheit!“

Dann strich er dem Neugeborenen über die Wange. Unbemerkt drang ein bisschen Engelsenergie durch die zarte Haut ein. Der Junge würde für lange Zeit von Krankheit verschont bleiben, wie sich später herausstellen sollte.

GJ verabschiedete sich artig und schob sich alsbald ebenso mühselig wie gestern durch den Sand.

„Und jetzt kannst du mir mal erklären, was da eigentlich abgegangen ist!“

„Ich gratuliere“, sagte der Engel grinsend. „Du bist nun ein richtiger Mensch, Jesus. Ab heute bist du Jesus von Nazareth!“

Die Ringe des Herrn

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