Читать книгу Sullivans Gesetz/ Sullivans Rache/ Dunkler Garten - Nancy Taylor Rosenberg - Страница 13

Kapitel 7

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Mittwochmorgen ging Rebecca ins Schlafzimmer ihrer Mutter und rüttelte sie wach.

»Mom«, sagte sie, »wir haben nichts mehr zu essen im Kühlschrank. Du musst uns etwas Geld geben.«

Carolyn richtete sich schlaftrunken im Bett auf. Eine Krankenschwester hatte sie noch in der Nacht nach Hause gefahren und sie war erst kurz vor Morgengrauen völlig erschöpft eingeschlafen.

Verdammt noch mal, dachte sie, meine Handtasche mit Geldbörse, Kreditkarte und Führerschein werde ich wohl nie wieder sehen. Das war ärgerlich, obwohl sie nie mehr als zwanzig Dollar in bar bei sich hatte.

Sie stand auf, schlüpfte in ihren Morgenmantel und ging unsicher zum Kleiderschrank. Dort durchstöberte sie ihre anderen Handtaschen und fand schließlich eine Fünf-Dollar-Note und eine Hand voll Kleingeld.

»Das müssen ungefähr acht Dollar sein«, sagte sie zu ihrer Tochter und gab ihr das Geld. »Teile es dir mit John.«

Rebecca starrte auf die Verbände an Carolyns Armen und Beinen und fragte: »Was ist denn passiert? John hat mir erzählt, du hättest einen Unfall gehabt. Mehr wollte er mir nicht sagen.«

Carolyn nahm ihre Tochter in die Arme und atmete den frischen Duft ihres Haars ein. Zum Glück hatte ihr Sohn dieses Mal den Mund gehalten. Sie wollte Rebecca nicht verängstigen. Und das geschähe bestimmt, erführe sie, dass ihre Mutter fast ums Leben gekommen wäre.

»Ach, ich bin ausgerutscht und eine Treppe runtergefallen«, sagte sie und sah dabei verschwörerisch ihren Sohn an, der in der Schlafzimmertür stand. »Aber sonst geht’s mir gut. So, jetzt beeil dich. Sonst kommst du noch zu spät zur Schule.«

Rebecca löste sich nur zögernd aus der Umarmung ihrer Mutter und fragte ängstlich: »Bist du zu Hause, wenn wir aus der Schule kommen?«

»Versprochen«, sagte Carolyn zu Amy McFarland und legte den Hörer auf. Nach dem Zwischenfall gestern Abend hatte sie sich einen freien Tag verdient und Amy anzulügen wäre nicht fair gewesen. Außerdem konnte sie ihre Fälle auch zu Hause bearbeiten und sie hatte keine Termine. Doch seltsamerweise waren die vier neuen, von Brad angekündigten Fälle noch nicht bei ihr gelandet.

Glücklicherweise hatte Carolyn ihren Aktenkoffer im Auto gelassen, sonst wären auch ihre Unterlagen verloren gegangen. Jetzt musste sie nur noch das Problem lösen, wie sie wieder an ihren Wagen kam. Wahrscheinlich stand er noch auf dem Parkplatz des Seagull Motels, es sei denn, die Polizei hatte ihn abgeschleppt.

John stand noch immer in der Tür.

»Paul Leighton hat mir geholfen, dein Auto nach Hause zu bringen«, sagte er und warf die Schlüssel aufs Bett. »Ich dachte mir, dass du ohne Auto aufgeschmissen bist.«

»Vielen Dank«, sagte Carolyn. »Aber erklär mir bitte, wie dein Freund zwei Autos fahren kann.«

»Paul meinte, es wäre in Ordnung, wenn ich den Infinity fahre«, antwortete John. »Ich wusste, dass du die Ersatzschlüssel in der Schublade aufbewahrst. Und ich kann ja schon fahren. Außerdem war es nicht weit. Du bist mir doch jetzt hoffentlich nicht wieder böse, oder?«

»Ich war dir gestern Abend nicht böse.«

»Dann ist es ja gut«, sagte John und steckte das Geld ein, das seine Schwester ihm gab. »Wir müssen jetzt gehen. Schlaf dich mal richtig aus. Du brauchst Ruhe, denn du siehst fürchterlich aus. Okay? Ich mache heute das Abendessen.«

Rebecca umarmte ihre Mutter noch einmal und dann verschwanden die beiden.

Carolyn ging wieder ins Bett und griff nach dem Telefon.

»Ich möchte den Gefängnisdirektor sprechen«, sagte sie zu der Telefonistin. »Ich bin Daniel Metroix’ Bewährungshelferin.«

»Einen Moment bitte«, sagte die Telefonistin. »Ich verbinde Sie mit Mr. Lackners Büro.«

Carolyn wurde mit einigen seiner Mitarbeiter verbunden, ehe sie den Assistenten des Direktors, Raphael Scribner, an den Apparat bekam.

»Was kann ich für Sie tun?«, fragte der Mann höflich.

»Das möchte ich lieber mit Ihrem Vorgesetzten besprechen«, sagte sie. »Richten Sie ihm aus, es sei dringend. Ich habe erst gestern mit ihm telefoniert.«

»Stephen Lackner am Apparat«, ertönte da die tiefe Stimme des Gefängnisdirektors.

Carolyn informierte ihn kurz über die Ereignisse des gestrigen Abends und erwähnte auch gewisse Unstimmigkeiten, die sie bei den damaligen Ermittlungen im Fall Metroix festgestellt hatte.

»Jetzt brauche ich noch ein paar Auskünfte über die Arbeiten, die er in seinem Labor oder seiner Werkstatt verrichtete. Sie sagten, dass er gut im Reparieren gewesen sei. Was reparierte er denn?«

»Das habe ich Ihnen doch bereits gesagt«, antwortete der Gefängnisdirektor verärgert. »Daniel reparierte Werkzeuge. Dinge, die wir hier im Gefängnis brauchen.«

Gestern hatte der Mann von diversen Geräten gesprochen, heute waren es Werkzeuge.

»Metroix hat mir erzählt, dass er während seiner Haft verschiedene Erfindungen gemacht hat«, sagte Carolyn, »unter anderem ein Multi-Screen-Videoüberwachungssystem. Das ist doch wohl kaum dasselbe wie die Reparatur von Elektrogeräten oder Werkzeugen.«

Sie hörte, wie der Gefängnisdirektor schwer atmete, und fuhr fort: »Er erzählte mir ebenfalls, er habe eine Art Anzug zum Gehen für die teilweise gelähmte Tochter eines der Aufseher konstruiert. Er nannte diesen Geh-Anzug ein Exoskelett und behauptete, dass sowohl das Militär als auch Wissenschaftler des MIT daran arbeiten, diese Erfindung zu perfektionieren.«

»Das ist Unsinn«, sagte der Gefängnisdirektor mit Nachdruck. »Der Mann ist geisteskrank. Ich bin nur froh, dass Sie nicht ernsthaft verletzt wurden. Mehr kann ich Ihnen zu dieser Angelegenheit nicht sagen. Tut mir Leid.«

»Sie haben Metroix das wissenschaftliche Arbeiten nur unter der Bedingung gestattet, Ihnen alle Rechte für seine Patente abzutreten«, sprach Carolyn weiter. »Ist das richtig?«

»Es gab keine Erfindungen«, entgegnete Stephen Lackner. »Alles, was wir hier gemacht haben, war absolut legal. Und was Metroix als Labor bezeichnet, war nichts anderes als eine Werkstatt, die Teil eines Joint-Venture-Programms war. Einige der Dinge, die er herstellte, dienten dem Gebrauch im Gefängnis, andere wurden verkauft.«

Carolyn gab sich Mühe, etwas Klarheit in Daniels kompliziertes Leben zu bringen. Es war sehr gut möglich, dass der Direktor sich ganz offiziell für die Entlassung seines Gefangenen eingesetzt, unter der Hand aber gegen ihn intrigiert hatte mit der Behauptung, er sei ein gefährlicher Geisteskranker und stelle eine Gefahr für die Gesellschaft dar. Also beschloss sie, Stephen Lackner peinliche Fragen zu stellen, auch wenn sie schon ahnte, dass der Mann sie nicht ehrlich beantworten würde. Das hatte sie am Tonfall seiner Stimme bereits erkannt. Er war nervös, ängstlich und verärgert zugleich.

»Ich möchte gern wissen, ob ich Sie richtig verstanden habe«, beharrte sie. »Die Rechtslage sieht so aus, dass jedwede Erfindung eines Sträflings automatisch von dem betreffenden Gefängnis oder irgendeiner anderen staatlichen Institution verwertet werden darf, ohne dass der Betreffende irgendwelche Rechte daran geltend machen kann. Ist das richtig, Mr. Lackner?«

»Sie haben es erfasst«, sagte der Gefängnisdirektor und seufzte erleichtert auf. »Auf Wiederhören, Mrs. Sullivan.«

»Einen Moment noch bitte«, entgegnete Carolyn schnell. Jetzt musste sie mit harten Bandagen kämpfen. »Daniel Metroix hat einen Anwalt konsultiert, der genau den gegenteiligen Standpunkt vertritt. Denn Metroix reparierte nicht nur Radios oder Werkzeuge. Seine Erfindungen wurden vermarktet, Mr. Lackner. Und hinter dieser Geschichte könnte eine Menge Geld stecken.«

Der Gefängnisdirektor schwieg eine ganze Weile. Schließlich sagte er: »Ich bin ein sehr beschäftigter Mann, Mrs. Sullivan. Ich muss mich um meine Anstalt kümmern.«

Und noch ehe Carolyn darauf etwas sagen konnte, hatte er aufgelegt.

Das gab Carolyn zu denken. Nicht nur Charles Harrison könnte etwas daran gelegen sein, Daniel Metroix aus dem Weg zu räumen, überlegte sie. Außerdem war sie fest davon überzeugt, dass Lackner sie angelogen hatte. Wie viele Erfindungen hatte Daniel gemacht? Dreiundzwanzig Jahre waren eine lange Zeit. Doch so wie sie ihn kennen gelernt hatte und einschätzte, würde er sich nicht einmal eines Bruchteils dessen erinnern, was er erfunden hatte. Und selbst wenn man das Exoskelett außer Acht ließ und Stephen Lackner sich das Patent für einen viel verkauften Gebrauchsgegenstand erschlichen hatte, konnte das ein Vermögen bedeuten.

Inzwischen war es schon nach zehn und Carolyn wählte Brad Prestons Durchwahlnummer.

»Um Himmels willen, was war denn letzte Nacht in diesem Motel los?«, bellte er ins Telefon. »Dein Foto ziert die Titelseite unseres Lokalblatts. Hank Sawyer hat mich bereits zweimal angerufen. Er will wissen, was wir mit diesem Metroix vorhaben.«

Carolyn schüttelte ihr Kopfkissen auf und machte es sich so bequem wie möglich.

»So? Meiner Meinung nach hat der Mann nicht gegen die Bewährungsauflagen verstoßen«, sagte sie. »Sollte der Staatsanwalt ihn trotzdem anklagen, ist das sein gutes Recht. Doch bis auf weiteres, das heißt, soweit mir keine neuen Erkenntnisse vorliegen, halte ich Metroix für ein Opfer dieses Anschlags. Sein Fall ist viel komplexer, als du dir vorstellen kannst, Brad. Der Gefängnisdirektor von Chino könnte darin involviert sein und sogar jemanden angeheuert haben, um Metroix aus dem Weg zu räumen.«

»Was ist mit dir und diesem Kerl los?«, schrie Brad so laut ins Telefon, dass Carolyn den Hörer ein paar Zentimeter von ihrem Ohr entfernt halten musste. »Der Typ ist wahnsinnig und hat versucht, das Motel und dich in die Luft zu jagen. Und du willst mir erzählen, dass er nicht gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hat? Und nicht nur das! Jetzt beschuldigst du auch noch einen Gefängnisdirektor. Ich frage mich, wer irrer ist, du oder dieser Metroix.«

»Ich habe schreckliche Kopfschmerzen, Brad«, sagte sie und schloss die Augen. »Warum sprichst du nicht leiser?«

»Ich nehme an, dass du heute nicht zum Dienst erscheinst. Also erzähl mir, was du in Erfahrung gebracht hast.«

Carolyn kam seiner Bitte nach und berichtete auch von ihren Telefonaten mit Lackner.

»Ich halte es für wahrscheinlich, dass Charles Harrison einen Killer auf Daniel nach dessen Entlassung aus dem Gefängnis angesetzt hat.«

»Warum sollte er das tun? Schließlich bist du doch von Metroix’ Unschuld überzeugt. Und Harrison ist kein Dummkopf.«

Carolyn ging mit ihrem schnurlosen Telefon in die Küche und setzte Kaffee auf. Sie hatte alle Symptome eines fürchterlichen Katers, wohl das Ergebnis ihres traumatischen Erlebnisses und der Medikamente, die man ihr im Krankenhaus gegeben hatte. Dieses Gefühl, als würde sie schweben, war verschwunden. Stattdessen waren ihre Knie weich wie Watte und ihr ganzer Körper schmerzte.

»Du weißt doch, wie Leute in einer solchen Situation reagieren. Harrison hatte seinen einzigen Sohn verloren und konnte vor Kummer nicht mehr klar denken. Deshalb konzentrierte er seinen ganzen Hass auf Metroix. Weil Liam Armstrong und Nolan Houston geschworen hatten, dass er der Täter sei. Ich kann mich noch an Armstrong erinnern, weil ich einmal mit ihm ausgegangen bin. Er war ein Rüpel und er war feige. Ich kannte auch Houston vom Sehen, kann mich aber nur erinnern, dass er ein Schwarzer ist und damals gut aussah. Als Armstrong mir gegenüber auf dem Rücksitz seines Autos einmal handgreiflich wurde, habe ich mich seither nie wieder mit Football-Spielern eingelassen.«

»Warum bist du so überzeugt davon, dass Metroix das Motel nicht in die Luft gejagt hat? Er hatte ein Labor im Knast. Vielleicht hat Hank doch Recht mit seiner Vermutung, dass Metroix mit Sprengstoff umgehen kann.«

»Hätte ich Metroix nicht aus seinem Zimmer geschleift, wäre er jetzt tot«, sagte Carolyn mit Nachdruck. »Er wollte unbedingt noch bleiben und die Zeichnungen für seine Erfindungen retten.«

»Jetzt ist er schon Erfinder.«

»Ich habe einen Blick auf seine Arbeit werfen können«, fuhr sie fort. »Stephen Lackner wollte mir weismachen, dass Metroix nur Geräte und Werkzeuge im Rahmen eines Joint-Venture-Programms herstellte. Das habe ich ihm nicht geglaubt.«

»Du vergisst, dass Metroix unter Schizophrenie leidet.«

»Ja und?«, schrie Carolyn und knallte die Kaffeekanne so heftig auf die Küchentheke, dass sie zerbrach. »Gerade seine Krankheit machte ihn wahrscheinlich zur Zielscheibe dieser drei Schlägertypen. Denn etwas anderes waren diese Jungs nicht. Weißt du, was Metroix mir erzählt hat?«

»Nein«, antwortete Brad, »aber du wirst es mir sicher gleich sagen.«

»Die Jungs haben ihn verhöhnt, zusammengeschlagen und ihm zum Schluss ins Gesicht gepinkelt. Wirklich feine Kerle, oder?«

»Warum kam das alles während der Gerichtsverhandlung nicht zur Sprache?«, fragte Brad. »Außerdem spielt es keine Rolle mehr, was diese Jungs damals getan haben. Das ist über zwanzig Jahre her. Ein Haufen Leute rennt in diesem Moment durch die Gegend und schießt unschuldige Bürger nieder. Das sind die miesen Typen, um die wir uns Sorgen machen sollten, und nicht irgendso ein Exknastie, der seine Strafe abgesessen hat. Vielleicht wurde Metroix ja reingelegt. Aber daran kann man jetzt auch nichts mehr ändern.«

Carolyn hatte inzwischen Kehrschaufel und Besen aus dem Schrank geholt, damit sie die Scherben zusammenkehren konnte.

»Wir reden hier nicht von alten Geschichten«, sagte sie zornig. »Jemand hat gestern Abend versucht, Metroix umzubringen. Und wenn dieser Jemand nicht von Charles Harrison angeheuert wurde, ist der nächste Verdächtige der Gefängnisdirektor. Der Staatsanwalt kann schon mal die Todesstrafe wegen Auftragsmord beantragen.«

»Es handelt sich nicht um Mord, denn die Person lebt noch.«

»Na ja. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit.«

»Aber wegen des Gefängnisdirektors, bist du dir da sicher?«

»Bombensicher«, antwortete Carolyn. »Gibt es eine Möglichkeit, die von Metroix unterzeichneten Verzichtserklärungen für seine Patente einzusehen?«

»Da wir für Chino nicht zuständig sind, müssten wir uns an den Generalstaatsanwalt wenden, damit er diesbezüglich einen Gerichtsbeschluss ausstellt. Und selbst wenn dein Schützling eine wichtige Erfindung gemacht haben sollte – was ich für unwahrscheinlich halte –, wirst du nur Verzichtserklärungen finden, die zugunsten des Staatsgefängnisses ausgestellt wurden.«

»Wir könnten doch unter dem Namen Stephen Lackner im Patentregister nachforschen.«

»Du meine Güte, bist du naiv«, sagte Brad. »Ich wette hundert Dollar, dass du da nichts findest. Glaubst du etwa, Lackner ist so blöde? Ein Mann wie er muss schließlich wissen, wie Kriminelle funktionieren, sonst hätte er diesen Job nie gekriegt und könnte seinen Laden auch nicht zusammenhalten.«

Carolyn starrte wie abwesend aus dem Fenster und stellte fest, dass der Rasen gemäht werden musste.

»Du meinst, er hat die Patente unter einem anderen Namen eintragen lassen?«, sagte sie schließlich.

»Du hast es erfasst, Baby«, antwortete Brad. »Du studierst doch Jura und müsstest es besser als ich wissen. Lackner hat den Namen eines Verwandten oder Freundes benutzen oder ganz einfach eine Firma gründen können. Dann hat er vielleicht die Erfindung an eine Handelsgesellschaft oder Ähnliches verkauft. Diesen Mann wirst du nie festnageln können – vorausgesetzt, Metroix hat wirklich etwas Außergewöhnliches erfunden. Und selbst dann? Warum sollte Lackner ihn aus dem Weg räumen wollen? Denn wenn es stimmt, was du behauptest, läuft dieser Betrug doch schon seit Jahren, ohne entdeckt worden zu sein.«

»Ganz einfach«, antwortete Carolyn und kehrte ein paar Glasscherben zusammen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie barfuß war. Also ging sie vorsichtig ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen.

»Von dem Moment an, wo Metroix draußen war, musste Lackner damit rechnen, dass der Mann seine Arbeiten anderen Leuten zeigte. Und jeder, der etwas davon versteht, hätte sofort gefragt, was er sonst noch erfunden hat. Nur um ein Beispiel zu nennen: Wie würde es dir gefallen, der Eigentümer des Patents für Videorecorder zu sein?«

»Jetzt redest du kompletten Unsinn. Glaubst du wirklich, dass Metroix den Videorecorder erfunden hat?«

»Nein«, sagte sie und zupfte einen winzigen Glassplitter aus ihrer Fußsohle. »Aber er hat vielleicht das erste Multi-Screen-Überwachungssystem mit Videoaufzeichnung erfunden. Und das dürfte doch wohl einige Riesen wert sein.«

»Was auch immer er erfunden haben mag«, sagte Brad, »vergessen wir mal im Moment dieses Problem und reden wir über das Nächstliegende. Sollte ich einen Beschluss bekommen, dass Metroix gegen die Bewährungsauflagen verstoßen hat, würdest du ihn unterzeichnen?«

»Nein, auf keinen Fall«, antwortete Carolyn. »Du kannst Hank ja ausrichten, dass er mich jederzeit zu Hause anrufen kann.«

»Er meint, dass der Staatsanwalt ihn wegen Mordversuchs anklagen könnte.«

»Der Staatsanwalt klagt nur an, wenn er einen wasserdichten Fall hat«, erklärte Carolyn Brad. »Das Motel war bereits verdrahtet, weil es abgerissen werden sollte. Als Erstes müsste die Anklagevertretung beweisen, dass das Gebäude nicht von selbst in die Luft geflogen ist. Vielleicht hat die Abbruchfirma schlampig gearbeitet. Und wie wir wissen, will unser berühmter Staatsanwalt, Sean Exley, dieses Jahr wieder gewählt werden. Also wird er sich hüten, einen derart prekären Fall zur Anklage zu bringen. Außerdem wären der Angeklagte und ich die einzigen Opfer. Und ich wäre eine äußerst widerspenstige Zeugin. Da Exley aber jeden seiner Fälle gewinnen will, wird er die Finger davon lassen. Denn das wäre ein Albtraum für ihn.«

»Du weißt ja schon eine ganze Menge«, musste Brad zugeben.

»O ja, ich weiß eine Menge«, sagte Carolyn stolz.

»Mir wäre es lieber, du würdest nicht Jura studieren«, sagte Brad. »Früher warst du mal eine sehr gute Bewährungshelferin. Aber wenn ich jetzt mit dir rede, ist es so, als würde ich mit einem Anwalt reden. Wir haben doch schon genug Ärger mit diesen Typen.«

Carolyn musste lächeln. Brad hatte Recht. Sie betrachtete seit ihrem Jurastudium ihre Fälle unter einem ganz anderen Gesichtspunkt.

»Dazu ist es jetzt leider zu spät«, sagte sie und drückte die Aus-Taste.

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