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Jäger, Sammler und Schweinehalter in Hallan Cemi in Südost-Anatolien

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Nach lange gültiger Meinung haben die Menschen am Beginn der Sesshaftwerdung zunächst mit dem Anbau von Getreide begonnen und sich dann wegen der Sicherung der Ernährung so stark vermehrt, dass der Wildbestand in der Umgebung stark dezimiert wurde, sodass ein Mangel an tierischem Eiweiß entstand. Das hätte dann zur Notwendigkeit der Tierhaltung geführt.

Diese fest gefügte Meinung ist seit Ende des 20. Jahrhunderts erschüttert. Der Grund war die Anlage einer Reihe von Stauseen im kurdischen Südost-Anatolien der Türkei, in denen einige Tells von vorgeschichtlichen Siedlungen versinken sollten. In Notuntersuchungen hat man dann noch zu retten versucht, was zu retten war – und dabei kam ganz Erstaunliches zum Vorschein, welches unser bisheriges klares Bild vom Übergang zum Neolithikum trüben sollte!

Am Batman-Fluss östlich von Dyarbakir ist um 11 200 v.h. wenige Jahrhunderte nach der Wiedererwärmung zu Ende des Kälterückfalls der Jüngeren Dryas eine kleine Siedlung, Hallan Cemi, von Jägern und Sammlern gegründet worden. Im umgebenden Hügelland standen Eichen, Pistazien und Mandelbäume und die Natur war mit einem reichen Wildbestand gesegnet, Schafe, Ziegen, Wildrinder, Rotwild und Wildschweine. Die Menschen bauten kleine runde Hütten auf einer Basis von Feldsteinen mit dem bescheidenen Durchmesser von nur etwa 2 Metern. Das dörfliche Leben muss sich wohl auf dem gepflasterten Vorplatz abgespielt haben. In jüngeren Schichten fanden sich dann 2 größere Rundhäuser mit 6 Meter Durchmesser und mit gemauerten Sitzbänken und einer gemauerten Herdstelle. Weiterhin fand man erstaunlich fein gearbeitete und dekorierte Steinschalen, einige mit Schlangendekor, sowie Werkzeuge aus Flint und Obsidian, welcher vom Vansee stammte. Offensichtlich gab es in dieser Frühzeit schon ein Handelssystem über längere Strecken.

Obgleich die Siedlung ganzjährig besetzt war fanden sich keinerlei Zeichen für einen Getreideanbau. Sesshaftigkeit hatte sich also schon – wie in Göbekli Tepe – bei Jägern und Sammlern eingestellt, wenn die umgebende Natur nur genügend ergiebig war, und sie eilte damit dem Getreideanbau voraus! Die Menschen sammelten Früchte von vielen wilden Pflanzen; Gerste und Emmer waren aber nicht dabei. Erstaunlicherweise haben die Menschen aber – spätestens vor 10 000 Jahren – schon das Schwein irgendwie domestiziert. Damit ist auch eine zweite bisher allgemein akzeptierte These des Übergangs des Daseins vom Jäger und Sammler zum sesshaften Ackerbauerntum als allgemeines Rezept in Frage gestellt, nach welcher die Nutztierhaltung erst nach dem Ackerbau eingesetzt haben soll.

Es ist anzunehmen, dass die Haltung von Schweinen in der Notsituation begann, in welcher an anderer Stelle in Anatolien Göbekli Tepe aufgegeben wurde. Ein Einbruch von Kälte und Trockenheit auf Grund eines großen Tiefs der Sonnenaktivität nach 10 300 v.h. (Abb. 6) und großer Vulkanausbrüche gefolgt von einem Vorstoß von Eisbergen weit in den Süden des Atlantiks (Abb. 10) hat die Menschen in Bedrängnis gebracht. Die Natur wurde unfruchtbarer und der Wildbestand lichtete sich. Während sich die Menschen von Göbekli Tepe aus Not zur Aufgabe ihres Heiligtums gezwungen sahen führte diese in Hallan Cemi zu einem kulturellen Sprung, zur ersten nachgewiesenen Haltung von Nutztieren! Schweine mit ihrem üppigen Nachwuchs ließen sich dabei wohl am leichtesten bewirtschaften. Lit. 8.2

Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall

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